Das Internationale Forum des Jungen Films im Jahr 2000

Der Umzug an den Potsdamer Platz bringt für Forums-Besucher zahlreiche Änderungen mit sich. Am 10. Januar hat das Internationale Forum des Jungen Films die Arbeit in den neuen Räumen in der 6. Etage des Filmhauses im Sony Center am Potsdamer Platz aufgenommen (das in seiner Gesamtheit erst im Sommer 2000 fertiggestellt sein wird).

Die stärksten Veränderungen gibt es in der Kino-Struktur. Das Forumsprogramm läuft nun auf vier Leinwänden am Potsdamer Platz: das CinemaxX 5 wird als Presse-Kino genutzt. Hier werden die meisten Filme schon am Vortag ihrer Premiere für akkreditierte Journalisten vorgeführt.

Erstaufführungskino am Potsdamer Platz wird das CinemaxX 3 (497 Plätze), am gleichen Tag laufen die Filme aber auch im Delphi-Palast (850 Plätze), dem traditionellen Forums-Kino. Das CineStar 8 im Sony Center (519 Plätze) wiederholt die Filme des Hauptprogramms, im CineStar 5 (222 Plätze) läuft das Video-Programm. Zum ersten Mal werden die vom Forum ausgewählten Filme der Reihe 'Neue deutsche Filme' in zwei Vorführungen dem Publikum vorgestellt, nämlich im CinemaxX 3 und im CineStar 5.
Außerdem ist das Arsenal-Kino in der Welser Straße weiterhin (und zum letzten Mal) Forums-Kino, da die neuen Arsenal-Kinos 1 und 2 am Potsdamer Platz leider noch nicht spielbereit sind. Schließlich präsentiert das Forum im Rahmen der traditionellen Kooperation mit dem Babylon-Kino einige seiner Filme auch im Tschechischen Zentrum.
Es wird also insgesamt mehr Aufführungen der einzelnen Filme und damit auch einen verbesserten Zugang zu jeder Veranstaltung geben. Auch die Mitternachts-Filme im Delphi und die Video-Filme werden jetzt an mehreren Orten gezeigt.
Die Festivalbüros des Forums, verbunden mit dem Gästeempfang und einem Karten-Counter, werden im 1. Stock des Weinhauses Huth in der Alten Potsdamer Straße Platz finden, darüberhinaus wird im 6. Stock des Filmhauses mit dem i.club ein Treffpunkt eingerichtet, wo auch einige Wortveranstaltungen stattfinden.

Die erweiterten Aktivitäten am neuen Ort wären ohne die großzügige Unterstützung unserer Sponsoren kaum zu verwirklichen gewesen. Das Internationale Forum des Jungen Films dankt der Berliner Sparkasse als neuem Hauptsponsor, der sich bewußt für die Förderung des Forums als desjenigen Teils der Berlinale entschieden hat, der sich dem unabhängigen, experimentellen und alternativen Film widmet. Wir danken auch unserem Sponsor Mercedes-Benz und unserem Medienpartner arte für ihr Engagement zugunsten des Forums.

Das Programm des Forums folgt in den Grundzügen der gleichen Orientierung wie in den vergangenen Jahren: Konzentrierung auf innovative und experimentelle Filme, Filme neuer Genres und essayistische Filme, auch Videoproduktionen. Es spiegelt neue Tendenzen und neue Werke aus den verschiedensten Regionen der Welt.

Neben der in diesem Jahr besonders vielfältigen europäischen Auswahl (siehe hierzu unsere letzte Pressemitteilung), bilden die Filme aus Asien einen weiteren Schwerpunkt im Forums-Programm 2000 - da sind nicht weniger als neun Beiträge aus Japan, sie reichen von der philosophischen Reflexion (Truths: A Stream von Masahiro Tsuchihashi) über die Parodie und Groteske (Monday von Sabu) zum Tagebuch eines Radfahrers aus der Schneewüste von Hokkaido (The White von Katsuyuki Hirano) bis zu den Schauspieler-Improvisationen von Yaguchi und Suzuki (One Piece!). Ebenfalls stark vertreten ist das Hongkong-Kino mit drei Werken von Johnnie To (im Mitternachtsprogramm) sowie zwei unabhängigen, experimentellen Spielfilmen. Aber es gibt auch Beiträge aus Korea, China, den Philippinen (hier kann man den jungen Regisseur Lav Diaz entdecken), Thailand und vor allem Indien, das allein mit drei Beiträgen präsent ist.

Natürlich sind auch die USA mit Werken vertreten, die sich dem Mainstream entgegenstellen oder der Avantgarde zuzurechnen sind wie James Bennings El Valley Centro. Es gelang dem Forum auch, zwei neue interessante Filme in Afrika zu finden, und last but not least ist der deutsche Film stark vertreten mit sechs dokumentarischen oder fiktionalen Werken, weiteren zehn Filmen in der 'Deutschen Reihe' und einem besonders ungewöhnlichen Video-Beitrag, Romuald Karmakars kontroversem dreistündigen Film Das Himmler-Projekt.

Einen wichtigen Akzent im Forums-Programm machen stets die 'Filme über Film' aus, Werke, in denen das Medium einer kritischen Reflexion ausgesetzt wird. Hierzu gehört der Film von Chris Marker über Andrei Tarkowski, Une Journée d'Andrei Arsenevitch, sowie das Porträit des Hongkong-Regisseurs Wong Kar-wai, Buenos Aires: Zero Degree von Kwan Pun-leung und Amos Lee, aber auch der Film des Kanadiers Peter Wintonick, Cinéma Vérité: Defining the Moment. Die Betreiber und Besucher eines Kinos in der Provinz porätiert der indische Film Kumar Talkies, während ein Film aus Bengalen, The Lady of the House von Rituparno Ghosh, der indischen Filmproduktion einen kritischen Spiegel vorhält. Schließlich zeigt der koreanische Norae-Ro Taeyang-Ul Ssoda (Shoot the Sun by Lyric: The Fight for the Screen Quota System in Korea) die immensen Leidenschaften, die die Bedrohung des koreanischen Kinos durch die mächtige US-Konkurrenz in allen Schichten der Bevölkerung mobilisiert.

Als die ungewöhnlichsten Filme des diesjährigen Programms könnte man einen amerikanischen und einen chinesischen Beitrag beschreiben: die Amerikanerin Sharon Lockhart, die zur Zeit als DAAD-Stipendiatin in Berlin weilt, zeigt in Teatro Amazonas 40 Minuten lang von einer gleichbleibenden Kameraperspektive aus die Zuschauer des Teatro Amazonas in Manaus (Brasilien); der junge Chinese Ju An Qi befragt in There's A Strong Wind In Beijing Passanten in Peking nach den Windverhältnissen in der Stadt und fördert damit skurrile, aber vielsagende Antworten zu Tage. Beide Filme negieren die eingefahrenen Rezeptionsweisen und öffnen dem Kino neue Horizonte.

1. Februar 2000