28. Internationales Forum des Jungen Films
12. - 22. Februar 1998
Korea-Schwerpunkt im Forum
Korea gilt seit einigen Jahren als eines der interessantesten Filmländer Asiens. Vor allem die Lockerung der Zensurbestimmungen hat dazu geführt, daß die weitreichenden Umwälzungen im Land zu Film-Themen werden konnten. Ähnlich wie in den 60er Jahren in Europa mischen sich viele koreanische Filmschaffende in die aktuellen Debatten und beweisen mit ihren Arbeiten, daß sich auch in den späten 90er Jahren eine lebendige Kommunikation zwischen Kino und Wirklichkeit vorteilhaft auf die Filmproduktion auswirken kann.

TIMELESS, BOTTOMLESS, BAD MOVIE von Jang Sun-woo zeigt das Leben von jungen Punks und Obdachlosen in Seoul. Jang montiert dokumentarische Szenen mit fiktionalen Einschüben aus dem abenteuerlichen Alltag von Jugendlichen, die die Drehbuchvorlagen geschrieben haben und sich selber spielen. Der Film ermöglicht den Blick in die Abgründe einer Gesellschaft, in der sich Jugendliche rasant und illusionslos von ihren Eltern ins 21. Megalopolen-Jahrhundert verabschiedet haben.

HABITUAL SADNESS ist ein persönlicher Dokumentarfilm der 31jährigen Byun Young-Joo, der auf Initiative ihrer Hauptdarstellerinnen entstanden ist. Über die ehemaligen Zwangsprostituierten hatte Byun mit THE MURMURING (Sondervorführung im Rahmen des Forums 1998) zuvor einen Film gemacht, der maßgeblich zur gesellschaftlichen Rehabilitierung der Frauen beigetragen hat. HABITUAL SADNESS zeigt, wie aus Opfern kämpferische alte Damen geworden sind, die heute in einer fast utopischen Frauengemeinschaft zusammen demonstrieren, Hühner füttern und sich einen feministischen Familienersatz geschaffen haben.

Weitere Spielfilme aus dem Korea-Programm des Forums sind BARRICADE, das Debüt von Yoon In-Ho, in dem Gastarbeiter aus Bangladesh in einer kleinen Wäscherei mit Problemen zu kämpfen haben, die von globaler Bedeutung sind, und MOTEL CACTUS, ebenfalls ein Erstlingsfilm von Park Ki-Young. Hier spielen sich in den Zimmern eines Hotels traurig-komische Beziehungsgeschichten ab, die durch die Kamera von Christopher Doyle in ein expressionistisches Licht getaucht werden. THE CONTACT von Jang Yoon-Hyun erzählt eine moderne Liebesgeschichte auf der Basis von e-Mail-Briefen.

Mit vier Filmen wird dem Vater des koreanischen Independent-Kinos, Kim Ki-Young, eine Mini-Retrospektive gewidmet. Die Ehedramen des 78jährigen sind von einer visuellen Radikalität und so voll von verblüffenden Wendungen, daß beste Aussichten bestehen, aus den im Westen weitgehend unbekannten Filmen Kult-Ereignisse werden zu lassen. 

Im Video-Programm zeigt das Internationale Forum mit ON-LINE: AN INSIDE VIEW OF KOREAN INDEPENDENT FILM eine beeindruckende Selbstdarstellung des oppositionellen Filmschaffens. In RED HUNT von Cho Sung-Bong berichten Zeitzeugen über das 50 Jahre zurückliegende Massaker von Cheju-Island. Die filmische Aufarbeitung des historischen Ereignisses, mit dem die Teilung des Landes begann, löste in Korea eine heftige nationale Debatte aus.

Das koreanische Filmprogramm des Forums wird unterstützt von der Korean Motion Picture Promotion Corporation und dem Koreanischen Filmarchiv. 

Als Ergänzung des Korea-Programms zeigt das Forum den australischen Beitrag PYONGYANG DIARIES von Solrun Hoaas.

15. Januar 1998

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