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KEYwording – ein Projekt von Madhusree Dutta und Ines Schaber. Bis in die späten 80er Jahre benutzte das Arsenal, in dessen Kontext dieses Projekt stattfindet, Schlagwörter als Suchoption für seine Filmsammlung. Danach wurde die Praxis, Filme mit Begriffen zu verschlagworten, aufgegeben, da „standardisierte Kategorien, die benutzt werden, um Filme zu sortieren und sie zugänglich zu machen, für die meisten Filme des Arsenal einschränkend wären.“
Rückblickend könnte man die Liste der Schlagwörter jedoch nicht nur als normierende Archivfunktion, sondern auch als die Positionierung einer Organisation und ihrer politischen Agenda lesen. Und so erforscht KEYwording die Möglichkeiten, Themen und Praxen durch Schlüsselbegriffe zu öffnen. Mit dem Arsenal als unmittelbarem Kontext, greift das Projekt Begriffe zeitgenössischer kultureller Praxen auf, um Archivierungsformen zu überdenken und eine Auseinandersetzung darüber anzuregen, wie aktuell gehalten werden kann, was wir archivieren.
Madhusree Dutta ist Filmemacherin und Kuratorin. Sie lebt in Bombay. Ines Schaber ist Künstlerin und schreibt. Sie lebt in Berlin.
KEYwording ist ein Projekt im Rahmen von "Living Archive – Archivarbeit als künstlerische und kuratorische Praxis der Gegenwart".

Analog

Analog is a soliloquy that maps a circuitous journey between the spoken and the shot, that are collated and archived within the niches and crevices of living cultures. Approaching cinematography or writing with light through the older-pre-modern practices of words and diagrams, this text traces back the source of imagery and narrative, and our ways of apprehending them, to the base line of memory and thus, to the core of our consciousness. In this rendering image, perception, narrative and memory, both experiential and contrived as well as individual and collective, overlap and become indistinguishable - resembling an archive of unlabelled film cans. And thereby allowing the reels to get mixed up and then, eventually, to thread a new film by unwinding the canonised celluloid texts.

Analog, 2013, 20 S., englisch, 6 €

Bazaar

Bazaar / market is a scrutiny of the practice of the bazaar through which the historical unconscious comes to terms with what is perceived as excessive in nature's productivity. It posits abundance and plenitude as an intellectual problematic that human societies have had to resolve over time, a problematic that has gotten obscured in contemporary economic and historical thought that has on the whole theorised the subject around the idea of lack, life around the idea of time and aesthetics around practices of iconicity. Such is the ideation underlying the idea of the market. Bazaars on the other hand work around experience of flow, action and aniconicity. A sub-plot examines the birth of the cinema in the bazaar and the various traditions of cinema that have arisen from its functioning in different kinds of bazaar cultures.

Bazaar, 2013, 28 S., englisch, 6 €

English

English is not a language but a cryptic history of the world in the 20th century. The contestations and ambivalences related to the myriad practices and the receptions of the language have been mirrored in all other histories of culture; including cinema, music, food, fashion, knowledge dissemination et al. The films in subtitles… the texts in italics… the sound from unfamiliar sources… the smell of local oils in food…, respectively, have made subsections in the ways of archiving and memorising cultural habits and artifacts, even in the most forward looking set-ups. That, there are more works kept in subtitles and italics and with other kinds of notes in the margins than those which are marked as original, does not, in any substantial way, change the status of the former being categorised as the others. This is a testimony of a practicing poet, born in post-colonial India with English as her first language, of coming out of the italics.

English, 2013, 24 S., englisch, 6 €

Food

So…what do we do with our cravings? Our voracious appetite for food, for recipes? Our gluttonous relation to television? What do we eat when we get hungry? What do we eat when we go to the cinema? How to stomach food blogs? How to translate the oral pleasure of food talk into writing? 
This monograph munches into a few ingestive and digestive thoughts and cross-cuisinal keywords, along with a film program based on the Arsenal collection, on eating practices, food blog readings, cookbooks, reality TV and the food industry. (Madhusree Dutta)

Food, 2013, 12 S., englisch, 4 €

Gelände/Terrain

Riki Kalbe (Fotografie), Wolfgang Kil (Text)

Der Ort, in dessen Untergrund sich das Kino Arsenal seit 2000 befindet, erfuhr in den letzten 300 Jahren eine Vielfalt von Beschreibungen: der Residenz zur Zierde (Friedrich Wilhelm I, 1732) – zwischen Achteck und Viereck ( Friedrich Nicolai, 1786) – ein Paradies (Bettina von Arnim, 1811) – das politische Herz Deutschlands (Eugen Szatmari, 1927) – Ödland (Zaha Hadid, 1991) – geschichtlich kontaminiertes Areal (Naturschutz- und Grünflächenamt Mitte, 1992) – Sonderbaufläche mit hohem Grünanteil (Flächennutzungsplan, 1992) – ein Raum ohne Halt (Rolf Lautenschläger, 1994) – und – Ort eigentümlich sedimentierter Vergangenheit (Moshe Zuckermann, 2000). Riki Kalbe nannte den Ort schlicht Gelände. Sie fotografierte ihn und die diversen, oft ephemeren Nutzungen und Aneignungen des Ortes, die zwischen 1989 und 2000 auf ihm stattfanden, sie verfolgte den Umbau der Akademie der Künste und den Bau des Holocaust Mahnmals mit ihrer Kamera und sie initiierte die Ausstellung Ministergärten der ngbk (2000) in einem leerstehenden Gebäude der Reichsbahn in der Voßstraße. Auch Wolfgang Kil, Architekt, Autor und profilierter Kritiker der Berliner Stadtentwicklung, schrieb immer wieder über das Gelände. Die Zusammenführung der beiden Stimmen, die das Gelände für eine Dekade genau beobachtet haben, soll auch an eine Zeit erinnern, in der ein Zwischenraum für einen kurzen Moment ein Versprechen gab. (Ines Schaber)

Gelände/Terrain, deutsch/englisch, 48 Seiten, 2013, 8 €

Geschichten erzählen/Storytelling

Merle Kröger und Philip Scheffner im Gespräch mit Ines Meier und Ines Schaber

Der erste Begriff, der mir im Rahmen von Keywording in den Sinn kam, war Geschichten erzählen. Er bezog sich nicht nur auf einen aktuellen Diskurs zwischen Kino und Ausstellungsraum, er stellte auch eine Frage an die Kategorisierung von Filmen durch Genres. Entscheidend für mich, den Begriff zu verfolgen, war jedoch, dass er aktuell auf wunderbare Weise von der Filmproduzentin und Krimiautorin Merle Kröger und dem Filmemacher Philip Scheffner herausgefordert worden war. In ihrer langjährigen gemeinsamen Filmarbeit kamen sie an den Punkt, eine Geschichte, die sich 1992 an der deutsch-polnischen Grenze ereignet hatte und bei der zwei Menschen umgekommen waren, auf unterschiedliche Art und Weise zu erzählen: zum einen in dem Film REVISION und zum anderen in dem Krimi "Grenzfall". Beide, sehr unterschiedliche, Erzählungen entwickeln sich aus der Frage nach einer Position zu den Ereignissen: zum einen nach der Position, die die Geschichtenerzähler selbst einnehmen, und zum anderen nach den Positionen, die die an der Geschichte teilnehmenden Personen formulieren. Walter Benjamins Bemerkung über den Erzähler findet in Revision und Grenzfall einen Widerhall: „Der Erzähler nimmt, was er erzählt, aus der Erfahrung; aus der eigenen oder berichteten. Und er macht es wiederum zur Erfahrung derer, die seiner Geschichte zuhören.“ (Ines Schaber)

Geschichten erzählen/Storytelling, deutsch/englisch, 40 Seiten, 2013, 6 €

Relations

One of the fundamental points in critique of the archive is its seeming neutrality. Regarding photographic archives, artist Allan Sekula wrote that archives treat images as atomised entities, depriving them of any context. The Arsenal, by contrast, considers itself a place of production – a place, in which working with film acts on our perception of the present, understands itself as political, asks questions, and allows for incompleteness. Archive workers, filmmakers, and film curators have, in this way, materialized and created a kind of “dealing with” films, producing, sometimes very deliberately, active relations with and inbetween them. As part of his practice as an artist, film curator, and author, Florian Wüst concerns himself with various types of documents he then edits, collages, and reassembles. The short film programs and film series he curates at multiple venues, among them the Arsenal, live by juxtapositing and contrasting diverse films and film genres. relations intermixes the viewing of some Chilean and West German films of the early 1970s with personal notes, historical information, and literature quotations. Materials are set into a new context, that provokes new readings of them. What do we really see and hear in a film? How does the situation of viewing a film change our understanding of it – there and here, then and now? (Ines Schaber)

Relations, englisch, 40 S., 2013, 6 €

Screen

Mit Filmvorschlägen von Alexander Boldt, Hans-Joachim Fetzer, Anna Hoffmann, Gesa Knolle, Birgit Kohler, Angelika Ramlow, Markus Ruff, Stefanie Schulte Strathaus, Uli Ziemons.

Das Licht geht aus, das Kino wird dunkel, ein Film beginnt. Eine weiße Fläche strahlt Licht zurück und macht Bilder sichtbar. Diese weiße Fläche und die Situation des Schauens wird seit dem Beginn des Kinos perfektioniert: Glasfaser ersetzt Bauwolle oder Leinen und der Raum verschwindet zunehmend. Doch oft ist ein Screen auch heute noch ein Stück Stoff oder eine Hauswand. Ein eigenes Kino wird rasch gebaut, man improvisiert.
Der Künstler Erik Göngrich fotografiert seit Mitte der 1990er Jahren auf seinen Reisen um die Welt. Dabei entstand auch ein Archiv von Fotografien, die unterschiedliche Nutzungen, Interventionen und Situationen im gebauten Raum zeigen. Die normalerweise als Vorlage für Zeichnungen, Referenzen für Aktionen, Bücher und Installationen gemachten Fotografien werden zu Schauplätzen imaginärer Filmveranstaltungen. Wäschestücke, Brandwände oder Werbetafeln werden zu Orten, an denen man sich vorstellen kann, Filme zu sehen, Filme zu zeigen und sich einen Ort temporär und spontan anzueignen. Dinge in Archiven wiederzufinden geschieht auf unterschiedlichen Wegen: Wir finden sie durch Kategorien wie Titel, Autoren, Länder, Schlagwörter und oft auch durch das Wissen der Leute, die mit ihnen arbeiten. Dabei sind Archive aktive Gedächtnisse ihrer Produzentinnen. Und so schleust Screen sich in zwei verschiedene Sammlungen ein: zum einen in das fotografische Archiv des Künstlers Erik Göngrich und zum anderen in das Archiv des Arsenals. Alle Arsenalmitarbeiterinnen wurden eingeladen, einen Film für eine Fotografie aus der Serie der Screens von Erik Göngrich vorzuschlagen. Die Verbindung der beiden Archive produziert so ein imaginäres Filmprogramm, das auf dem intuitiven Wissen seiner Produzentinnen beruht. (Ines Schaber)

Screen, deutsch, 36 S., 2013, 6 €

Streik/Strike

STREIK ist Sergej M. Eisensteins erster langer Film. In ihm setzte er sein 1923 veröffentlichtes Konzept der Attraktionsmontage um, in dem er formulierte, dass überkommene Kunstvorstellungen durch aggressive, auf Schockeffekte zielende Sinnesreizungen überwunden werden sollen. STREIK ist gespickt mit kurzen, oft stakkatoartig aufeinanderfolgenden Szenen, und einer „tendenziösen Zusammenstellung von Ereignissen“. Eines dieser kurzen Ereignisse ist eine knapp vier Sekunden dauernde Szene: ein Streikführer wird verhaftet und ins Präsidium geführt – man zeigt ihm eine erkennungsdienstliche Fotografie – der Film schneidet in die Fotografie um und der Fotografierte beginnt, sich in dieser zu bewegen. Dann öffnet sich der Split in der Mitte des Bildes in eine andere Welt. Der Film zeigt nicht nur den Streik und die Streikenden, sondern auch eine Umwendung und Aneignung des Bildapparats. STREIK repräsentiert nicht Streik. Der Streikende übernimmt die Regie.
STREIK war mit anderen Filmen Eisensteins und dem Film PERFORMANCE von Nicolas Roeg aufgrund seiner großen Besucherzahlen 1970 dafür verantwortlich, dass das Arsenal sein erstes Jahr finanziell überstand. Die heutige 16mm-Kopie des Films im Archiv des Arsenals wurde 1996 von Basis-Film angekauft. Wie so oft bei Kopien sowjetischer Stummfilme wurden auch bei STREIK beim Kopieren und durch das Anlegen einer Tonspur, ein Teil des Bildes beschnitten und so fehlt in der Filmkopie des Arsenal ein nicht geringer Teil des Bildes. Bei youtube und bei der Deutschen Kinemathek lassen sich andere Versionen finden, die auf die urspüngliche Stummfilmfassung verweisen. (Ines Schaber)

Streik/Strike, deutsch/englisch, 76 S., 2013, 23 €

Transit

Transit as in experience, in notation, in memory, in site, in light, in rights, in document, in journey, and in fantasy and fear.
The word transit is chosen primarily for its prevalent use in film narratives. As the KEYwording project tries to expand elasticity of the spoken words by collating cross-cultural evidences within word practices this monograph engages with the culture specific overlappings and contestations related to transit of myriad kinds. The relationship between images and texts too is fashioned in a fluid transitional style in order to enable each section to loosely connect with films and visual arts of varied forms and genres. This is an (nearly impossible) attempt to document the non-archiving characteristics of Transit.

Transit, 2013, 20 S., englisch, 6 €

Veil

Veil collates three case studies on implications of wearing veils in Indian context, from the perspective of a practicing women’s rights lawyer and in the context of the work of the Mumbai-based Majlis Litigation Unit, a centre for women’s rights discourse and litigation.
Since the late 20th century, the debates around the veil of Muslim women have configured into a new kind of cultural politics and have consequently evolved a special system of visual referencing. This system of referencing, rooted in Western living cultures and related values, works and spreads with equal ease in the commercial media, academic endeavours and sites of critical art practices.
This monograph brings forward the experiences of three women whose lives, at different times and stages, got entangled in the mesh of rights and laws, in such a way that they dislodged and subverted all the debates around the culture of veils. The stories are embedded within the actual battle for rights and counter every attempt of stereotyping in visual representations.

Veil, 2013, 28 S., englisch, 6 €

Die Publikationen Analog, Bazaar, English, Food, Gelände/Terrain, Geschichten erzählen/Storytelling, Relations, Screen, Transit, Veil können zusammen für 30 € erworben werden. Ausgenommen davon ist der Titel "Streik/Strike".

KEYwording: Madhusree Dutta und Ines Schaber im Gespräch 1 (PDF)
KEYwording: Madhusree Dutta und Ines Schaber im Gespräch 2 (PDF)
KEYwording: Erika und Ulrich Gregor im Gespräch mit Ines Schaber (PDF)

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