28. Internationales Forum des Jungen Films
12. - 22. Februar 1998
Hauptprogramm Schauplatz Korea Mitternacht
Neue Deutsche Filme Video Sonderprogramme

Hauptprogramm

Abstich
R: Joachim Tschirner, Burghard Drachsel, Deutschland 1997, 35mm, 97 min.
Der Regisseur kehrt mit diesem Film zu den Hochöfen der Maxhütte in Thüringen zurück, deren Menschen und Maschinen er seit Mitte der 80er Jahre im Blick hat. Abstich ist nicht nur ein Abgesang auf die Gemeinsamkeit in der Arbeit, sondern auch ein bitterer Kommentar zur Globalisierung, die sich rücksichtslos gegen die menschliche Existenz richtet.

Bertolt Brecht - Liebe, Revolution und andere gefährliche Sachen
R: Jutta Brückner, Deutschland 1998, 35mm, 95 min.
Jutta Brückners Film ist ein intelligenter Essay zum Geburtstag des umstrittenen, gefeierten, widersprüchlichen, zerrissenen, genialen deutschen Dichters. Die Regisseurin konzentriert sich auf die Stationen von Brechts Exil - und auf dessen Verhältnis zu den zahlreichen Frauen seines Lebens, die er sich unterwarf und deren Schaffen er sich ohne Skrupel aneignete.

The Big One
R: Michael Moore, USA/Großbritannien 1997, 35mm, 94 min.
Michael Moore, dessen Polit-Satire Roger and Me im Forum 1990 Furore machte, unternimmt mit seinem jüngsten Film The Big One eine Tour d'Horizon durch die Verheerungen liberaler Wirtschaftspolitik in seinem Land. Als geborener Stand-up-Komiker entdeckt Moore in der bitteren Wirklichkeit stets das Groteske und zieht mit unerschütterlichem Optimismus gegen die Managerkultur zu Felde.

Blue Fish
R: Yosuke Nakagawa, Japan 1996-98, 35mm, 60 min.
D: Mari Ouchi, Keigo Heshiki
Der Film spielt in Südjapan auf den Okinawa-Inseln. Yosuke Nakagawa erzählt mit beeindruckender Schlichtheit die Geschichte eines Mädchens aus einem Friseursalon. Die 18jährige Ryoko wird aus der Ereignislosigkeit ihres Alltag gerissen, als der 24jährige Kazuya gegenüber ein Zimmer bezieht. Kazuya geht nicht viel aus und erzählt wenig. Trotzdem kommen sich die beiden langsam näher. Ryoko ahnt nicht, daß Kazuya einem Drogenschmuggelring in Shanghai angehört.

Conceiving Ada (Leidenschaftliche Berechnung)
R: Lynn Hershman Leeson, USA/Deutschland/Frankreich 1997, 35mm, 85 min.
D: Tilda Swinton, Karen Black, Timothy Leary
Eine historische Würdigung und zugleich Zukunftsmusik ist der Spielfilm der Avantgardistin Lynn Hershman Leeson, in dem eine Cyberspace-Künstlerin virtuellen Kontakt mit der Vergangenheit aufnimmt. Die britische Schauspielerin Tilda Swinton spielt in diesem faszinierenden Film- und Videoexperiment die Gräfin Ada Byron, die bereits im Jahre 1843 erdachte, was heute als das erste Computerprogramm der Geschichte gilt.

Dahan (Kreuzfeuer)
R: Rituparno Ghosh, Indien 1997, 35mm, 145 min.
D: Indrani Haldar, Suchitra Mitra, Ritaparna Sengupta, Mamta Shankar, Aditi Chatterjee, Abhishek Chatterjee, Sanjeev Dasgupta
''Die Geschichte zweier Frauen, die im Netz der Scheinheiligkeit der Mittelklasse gefangen sind'' (Rituparno Ghosh). Der Film zeigt die verzweigten Folgen eines Straßenüberfalls, bei dem die Schuldigen freigesprochen werden. Dahan gewährt überraschende Einblicke in eine Gesellschaft, die zugleich vertraut und exotisch wirkt.

Demain et encore demain (Morgen und wieder morgen)
R: Dominique Cabrera, Frankreich 1997, 35mm, 79 min.
Die Regisseurin beweist mit diesem Tagebuch-Film, wie sich mit geringen Mitteln ein zugleich persönlicher und innovativer, lebendiger Film realisieren läßt, der auch im Kino bestehen kann. Ursprünglich wurde Demain et encore demain im Hi8-Videoformat realisiert.

Divine carcasse (Himmlisches Wrack)
R: Dominique Loreau, Belgien/Bénin 1997, 35mm, 88 min.
D: Alphonse Atacolodjou, Szymon Zaleski, Fidèle Gbegnon, Simonet Biokou
Die belgische Regisseurin Dominique Loreau entwickelt ihre Geschichte in Divine Carcasse vor allem aus visuellen, szenischen Einfällen: Ein altes Auto, von seinem weißen Besitzer verehrt wie ein Kultgegenstand, wird vorübergehend entweiht, als es in den Straßen von Cotonou in Bénin als Taxi dient, und zum Schluß, zerlegt und mit dem Schweißbrenner verwandelt, wieder kultischen Zwecken zugeführt.

Frogs for Snakes
R: Amos Poe, USA 1997, 35mm, 119 min.
D: Barbara Hershey, Robbie Coltrane, Harry Hamlin, John Leguizamo, Debi Mazar, Lisa Marie
Amos Poes jüngster Film steckt voller Zitate und Genre-Reflexionen. Virtuos überkreuzen sich Fiktionen von Theater und Kino. Eva gehört einer New Yorker Theatertruppe an, die als Deckmantel für schmutzige Geldgeschäfte dient. Im Gegensatz zum Rest der Truppe hat Eva tatsächlich das Zeug zur Schauspielerin und die vertrackte Lage genauso über wie ihren Aushilfsjob als Bedienung in einem Diner. In dessen Besitzer findet sie überraschend einen Soulmate…

Four Corners
R: James Benning, USA 1997, 16mm, 80 min.
Amerikanischer Wirklichkeit spürt der renommierte Avantgardist James Benning nach. Am Vier-Länder-Eck zwischen New Mexiko, Arizona, Colorado und Utah ist sein Film Four Corners angesiedelt, eine erstaunliche Synthese aus Bild- und Textelementen, die sich in Schichten überlagern und durchdringen wie die in ihnen verwahrten Gedanken zur Historie Amerikas in Geologie, Ethnographie und Kunstgeschichte.

Grüningers Fall
R: Richard Dindo, Schweiz 1997, 35mm, 100 min.
Richard Dindo (Ernesto Che Guevara - Das bolivianische Tagebuch , Forum 1997) widmet sich mit Grüningers Fall einem aufrechten Menschen, der wider das Gesetz Verfolgten half und dafür bestraft wurde. Sein Film setzt die gerechte Gerichtsverhandlung in Szene, die der Schweizer Grenzbeamte Paul Grüninger nie bekam. Der St. Galler Polizei-Hauptmann hatte vor dem Krieg mehreren hundert österreichischen Juden das Leben gerettet, die vor den Nazis in die Schweiz geflüchtet waren. Als die Behörden davon erfuhren, wurde Grüninger suspendiert und erst 55 Jahre später, im Herbst 1993, rehabilitiert - nach seinem Tode.

Guo dao feng bi (Wölfe heulen unter dem Mond)
R: Ho Ping, Taiwan 1997, 35mm, 121 min.
D: Annie Shizuka Inoh, Chang Shih, Gu Bao-ming, To Tzong-hua
Der Regisseur erzählt in diesem Film von den nächtlichen Abenteuern einiger Autofahrer, die durch die plötzliche Schließung einer Autobahn in alle Richtungen versprengt werden. Das hat eine phantastische, aber auch eine sozialkritische Komponente und beschwört auf vielfältige Weise gegenwärtiges taiwanesisches Lebensgefühl.

Hou Hsiao-Hsien Hua Hsiang (Porträt von Hou Hsiao-Hsien)
R: Olivier Assayas, Taiwan/Frankreich 1997, 35mm, 96 min.
Olivier Assayas' Film ist eine liebevolle Hommage auf den großen Regisseur der taiwanesischen „''Neuen Welle'', die ihn an seinen liebsten Orten und Drehplätzen zeigt und ihn nach der Motivation und den Bedingungen seiner Arbeit befragt. ''Ich habe im Laufe der Zeit viele asiatische Filmemacher kennengelernt, aber nichts hat mich so berührt wie das Kino und die Persönlichkeit von Hou Hsiao-Hsien. Vom ersten Film an, den ich von ihm gesehen habe, war ich betroffen von der Wahrheit seiner Inspiration, von der Authentizität seiner Bilder, die mich an das erinnern, was ich an Maurice Pialat bewundere.''

Invierno mala vida (Winterland)
R: Gregorio Cramer, Argentinien/Frankreich 1997, 35mm, 84 min.
D: Ricardo Bartis, Miguel Guerberoff, Susana Szperling, Gabriel Correa, Luis Ziembrosky, Maria Dolores Villaroel de Aguirre
Von einem skurrilen, den besonderen Lebensbedingungen des Ortes abgewonnenen Humor, ist Gregorio Cramers Invierno mala vida getragen, ein Erstlingsfilm, der in der rauhen, verlassenen Landschaft Patagoniens spielt. Der halbherzig verfolgte Auftrag, ein goldenes Schaf wiederzubeschaffen, das ihm abhanden kam, führt den Protagonisten des Films auf immer absurdere Abwege. Wie seine Beziehung zu einer Frau, deren Auto er stehlen wollte, scheitern alle seine Bemühungen schon im Versuch.

Das Jahr nach Dayton
R: Nikolaus Geyrhalter, Österreich 1997, 35mm, 204 min.
Das erste Friedensjahr in Bosnien: beobachtet wird diese Zeitspanne anhand einiger Menschen sowohl in der bosnisch-kroatischen Föderation als auch in der serbischen Republik. ''Wir versuchen keine politischen Erklärungen über Ursache und Verlauf des Krieges zu geben. Wichtig sind uns Einzelschicksale unabhängig von ihrer Nationalität. Es geht um ein mögliches und in vielen Fällen auch nicht mehr mögliches Miteinanderleben.''

Junk Food
R: Masashi Yamamoto, Japan 1997, 35mm, 84 min.
D: Miyuki Ijima, Yoshiyuki, Onimaru, MIA, Ali Ahmed
In einem exzentrischen Panorama der Außenseiter und Verirrten im nächtlichen Tokio zeichnet Yamamotos jüngster Film Junk Food in scharfen Konturen die explosive Stimmung in einer Gesellschaft zwischen den Extremen von Globalisierung und Tradition.

Kasaba (Die Kleinstadt)
R: Nuri Bilge Ceylan, Türkei 1997, 35mm, 85 min.
D: M. Emin Toprak, Havva Saglam, Cihat Bütün, Fatma Ceylan, M. Emin Ceylan
Ceylans Film gleicht einer schwarzweißen Märchenerzählung: Aus der Sicht von Kindern wird die drei Generationen umspannende Geschichte einer Familie geschildert, die in einer abgelegenen türkischen Stadt lebt.

A Letter Without Words (Ein Brief ohne Worte)
R: Lisa Lewenz, USA 1997, 16mm, 64 min.
Ein filmisches Tagebuch von Lisa Lewenz und ihrer jüdischen Großmutter, Ella Arnhold Lewenz, die bereits als junge Frau begann, ihr Leben filmisch festzuhalten: Frühe Farbaufnahmen aus dem Berlin der 20er und 30er Jahre, Bilder eines sorgenfreien Familienlebens, erste Anzeichen der Nazi-Bewegung. Selbst nach 1933, als private Filmaufnahmen von den Nazis längst verboten waren, wagte Ella Lewenz sich mit ihrer Kamera auf die Straße. Ihre Aufnahmen beleuchten ein vieldokumentiertes Stück Zeitgeschichte aus ungewohnter Perspektive.

Mes entretiens filmés (Meine gefilmten Gespräche)
R: Boris Lehman, Belgien 1997, 16mm, 125 min.
Der Belgier Boris Lehman gehört zu den großen Einzelgängern des europäischen Kinos, die ungeachtet aller Marktstrukturen, die für solche Filme eigentlich keinen Platz haben, ihre Arbeit niemals aufgeben; mit der ihm eigenen Wärme und Ironie zeigt er sich selbst und die Arbeit an seinen Filmen in Mes entretiens filmés .

Milk
R: Edgar Honetschläger, Österreich/Japan 1997, 35mm, 102 min.
D: Serge Pinkus, Sherri Weiner, Kudo Yukika, Oshio Hideki
Mythos Tokio. Die modernste aber gleichzeitig auch dörflichste Mega-Metropole der Welt bietet den pittoresken Schauplatz für ein subtiles Porträt von vier jungen Großstadtnomaden. Milk steht für die Verwestlichung Japans, denn es waren die Europäer, die die ersten Kühe und damit Milchprodukte auf die japanischen Inseln brachten. Der österreichische Performance-Künstler Edgar Honetschläger war mit einer fotografischen Installation Gast der vergangenen Documenta; mit seinem ersten Spielfilm Milk erforscht der in Japan lebende Künstler auf humorvolle Weise seine Faszination für die japanische Kultur.

Münchner Freiheit
R: Harald Rumpf, Deutschland 1997, 16mm, 96 min.
Über einen Zeitraum von zwölf Jahren hat der Münchner Dokumentarist Harald Rumpf sechs obdachlose Menschen beobachtet: ein Film über das Älterwerden auf der Straße, eine Liebesbeziehung, Freundschaften und Zweckbündnisse, verqueren Humor und, trotz aller Unbill, einen ungeheuren Lebenswillen. ''Die filmische Vorgehensweise entspricht dem Direct Cinema, das heißt, ich war in ihrem Alltag anwesend und versuchte, so wenig wie möglich zu stören, um die direkte, unmittelbare Anschauung zu bekommen.''

Na-Pun-Young-Hwa (Timeless Bottomless Bad Movie)
R: Jang Sun-Woo, Korea 1997, 35mm, 144 min.
Jang Sun-Woos Film sprengt alle Konventionen des erzählenden Kinos, indem er Dokumentarisches und Fiktionales miteinander vermischt und Jugendliche, Punks und Obdachlose sich selber spielen läßt.

Nachrichten aus dem Untergrund
R: Andreas Hoessli, Schweiz 1997, 16mm, 60 min.
An den Holocaust gemahnt Andreas Hoesslis neuester Film Nachrichten aus dem Untergrund, in dem er noch einmal diejenigen zu Wort kommen läßt, die vergeblich versuchten, die Weltöffentlichkeit zu unterrichten und die Vernichtung anzuhalten; es ist ein karges und um so eindrucksvolleres Dokument. ''Vom Wissen, von der Kraft zur Vorstellung, und davon, wie ein Wissen zu vermitteln ist, handelt der Film.''

Nahja no mura (Nadjas Dorf / Nadya's Village)
R: Seiichi Motohashi, Japan 1997, 35mm, 118 min.
Ein Dokumentarbericht über die Bewohner eines Dorfes in der Nähe von Tschernobyl, die sich weigern, der verordneten Umsiedlung nachzukommen. Die Kamera des Films hält ein genaues Gleichgewicht zwischen distanzierter, aber genauer Beobachtung und Identifikation mit dem Schicksal der Personen.

Nazn moksori 2 (Leise Stimmen 2 / Habitual Sadness)
R: Byun Young-Joo, Korea 1997, 35mm, 71 min.
Byun Young-Joo setzt sich in diesem Film wie schon in Nazn moksori (The Murmuring) mit dem Schicksal der ''Comfort Women'' auseinander, die während der japanischen Besatzung Koreas zur Prostitution gezwungen worden waren. Die Filme der jungen Regisseurin gehören zur sozial engagierten Seite des koreanischen Kinos. Es sind Filme besonderer Einfühlung in das Schicksal dieser Frauen, aber sie sind auch angefüllt von gerechtem Zorn.

Ola ine dromos (Es ist ein langer Weg)
R: Pantelis Voulgaris, Griechenland 1998, 35mm, 118 min.
D: Thanassis Vengos, Giorgos Armenis, Dimitris Katalifos
Pantelis Voulgaris, einer der renommiertesten Regisseure des neuen griechischen Kinos, erzählt hier die Lebensgeschichten von drei Personen, die sich auf einen Wendepunkt ihres Lebens zubewegen.

A Place Called Chiapas
R: Nettie Wild, Kanada 1998, 35mm, 90 min.
Die Kanadierin Nettie Wild konnte in ihrem Film mit der Kamera Einfluß auf die Wirklichkeit nehmen und ein Indio-Dorf wenigstens zeitweise vor Paramilitärs und staatlicher Gewalt bewahren. ''Eigentlich wollte ich einen Film über das Wiederaufleben der Zapatisten-Bewegung und die charismatische Figur ihres militärischen Führers, den Guerilla-Poeten Subcomandante Marcos, machen. Daraus wurde ein Film über einen schwelenden Kriegsherd, der von der Revolution beinahe vergessen wurde. Der Film spiegelt die Reise wieder, die wir gemacht haben. Mit all den Illusionen, die wir hatten, und der anschließenden Desillusionierung.''

Radio no jikan (Radio-Zeit / Welcome back, Mr. McDonald)
R: Koki Mitani, Japan 1997, 35mm, 103 min.
D: Toshiaki Karasawa, Kyoka Suzuki, Masahiko Nishimura
In einem Rundfunk-Studio wird zu nächtlicher Stunde ein Drama inszeniert, bei dem alles durcheinandergeht. Das ergibt eine funkensprühende Satire auf die Kulturindustrie und auf die zwanghafte Verwestlichung aller japanischer Strukturen. Ein einsam durch die Nacht fahrender LKW-Fahrer begeistert sich gleichwohl für das aus den Fugen geratene Radio-Drama. Koki Mitanis Film ist eine Komödie von bizarrem Humor und extremem Tempo.

Sergej Eisenstein. Mexikanskaja Fantasija (Sergej Eisenstein. Mexikanische Phantasie)
R: Oleg Kowalow, Rußland 1998, 35mm, 100 min.
Nicht zuletzt der 100. Geburtstag des großen Meisters ist Anlaß für diesen Versuch einer Rekonstruktion des nicht vollendeten Mexiko-Films von Sergej Eisenstein.

Shalosh ayahot (Drei Schwestern)
R: Tsipi Reibenbach, Israel 1998, 16mm, 67 min.
Die israelische Regisseurin Tsipi Reibenbach hat in Shalosh Ayahot das Leben ihrer Mutter und deren Schwestern dokumentiert. Das Altwerden fällt diesen Frauen um so schwerer, als sie nie eine Jugend hatten: Sie wurde ihnen in den Lagern der Nazis geraubt.

Shivrei Tmunot Yerushalaïm (Fragments * Jerusalem)
R: Ron Havilio, Israel 1997, 16mm, 358 min.
Mit sechs Stunden Dauer, sieben Kapiteln, einer Entstehungszeit von mehr als zehn Jahren präsentiert Ron Havilios Shivrei Tmunot Yerushalaïm eine unvergleichliche Fülle von historischem Bildmaterial. Die Geschichte der Stadt Jerusalem und die wechselvolle Familiengeschichte des Regisseurs verknüpfen sich hier zu einem exemplarischen Essay über die Antriebskräfte der Zivilisation.

Spark
R: Garrett Williams, USA 1997, 35mm, 102 min.
D: Terrence Howard, Nicole Ari Parker, Brendan Sexton III
Ein Kommentar zur latenten Gewalt in der amerikanischen Gesellschaft ist Garrett Williams erster Spielfilm Spark, in dem ein afroamerikanisches Paar aus Chicago durch eine Autopanne gezwungen ist, mehrere Tage in der vermeintlich feindseligen Umgebung eines abgelegenen Wüstennests auszuhalten.

Thirteen
R: David Williams, USA 1997, 16mm, 87 min.
D: Wilhamenia Dickens, Lillian Folley, Dan Semm
Nina beschließt an ihrem 13. Geburtstag, davonzulaufen. Das Mädchens will weit weg, zu einem entfernt gelegenen Berg. Dazu braucht sie ein Auto. Sie setzt sich in den Kopf, das Geld dafür zu verdienen. Mit dem Charme und dem Selbstbewußtsein, wie sie nur ein Teenager besitzt, versucht sie sich als Immobilienmaklerin, Computer-Graphik-Designerin und als Model. Doch zunächst heißt es Rasenmähen, Babysitten und Hunde ausführen. Die sensibel und bewußt unspektakulär erzählte Geschichte einer Dreizehnjährigen, die im Staat Virginia allein bei ihrer Mutter aufwächst, besitzt durch ihren verhaltenen Naturalismus an der Grenze zwischen Dokument und Fiktion eine seltene Schönheit.

Tigerstreifenbaby wartet auf Tarzan
R: Rudolf Thome, Deutschland 1997, 35mm, 118 min.
D: Herbert Fritsch, Cora Frost, Valeska Hanel, Irm Hermann, Rüdiger Vogler
Rudolf Thomes vergnüglicher Spielfilm stellt die Frage: Was hindert uns daran, unser Glück in die eigene Hand zu nehmen? Eine Kunstfigur, ein mysteriöser Gast aus der Zukunft, motiviert in Thomes spannendem, in der Konzeption an manche frühen Arbeiten erinnerndem Werk eine Handvoll Erdenmenschen, ihre Erfüllung zu suchen.

To Sang Fotostudio
R: Johan van der Keuken, Niederlande 1997, 16mm, 33 min.

Leven met je ogen (Leben mit deinen Augen)
R: Ramon Gieling, Niederlande 1997, 16mm, 55 min.
Um Kino, Film und Fotografie geht es in dem interessanten Film-Doppel To Sang Fotostudio und Leven met je ogen, von Johan van der Keuken und Ramon Gieling. Der erste Film befaßt sich mit Fotografie, der zweite zeigt die Herstellung des ersten, und man sieht oft zwei Kameras hintereinander in einem seltsamen choreographischen Doppelspiel.

Tokyo yakyoku (Tokyo Lullaby)
R: Jun Ichikawa, Japan 1997, 35mm, 85 min.
D: Kyozo Nagatsuka, Mitsuko Baisho, Takaya Kamikawa
Schauplatz ist ein kleines Restaurant, dessen Alltag der Film in wunderschönen, kristallklaren und stilisierten Bildern einfängt. Koichi Hamanaka, der für einige Jahre als spurlos verschwunden galt, kehrt plötzlich nach Tokio in sein altes Viertel zurück. Das löst nicht nur Freude in der Nachbarschaft aus… Die Gangart des Films ist Ruhe und Gemessenheit, der Zuschauer kann über die Personen nachdenken und sein eigenes Verhältnis zu ihnen entwickeln.

Wang Hsiang (Homesick Eyes)
R: Hsu Hsiao-ming, Taiwan 1997, 35mm, 87 min.
Der Regisseur untersucht mit scharfem Kamera-Auge die Lage ausländischer Arbeiter in Taiwan. Es geht besonders um Thailänder und um philippinische Frauen; der Film entwickelt eine Reihe bewegender Porträts und zeigt Strategien des Überlebens fern der Heimat.

War Zone
R: Maggie Hadleigh-West, USA/Deutschland 1998, 16mm, 75 min.
Mit der Kamera bewaffnet streift Maggie Hadleigh-West in ihrem provokanten Dokumentarfilm War Zone durch Amerikas Großstädte; titelgebend ist hier der Geschlechterkrieg, die Filmemacherin reagiert auf männliche Anmache und Herabwürdigung, und vor der Kamera läßt mancher Gockel Federn.

W toj stranje (In jenem Land)
R: Lidija Bobrowa, Russland 1997, 35mm, 85 min.
D: Dimitri Klopow, Wladimir Borchaninow, Anna Owsiannikowa, Alexander Stakheew
Eine selbstbewußte Position zeigt das neue russische Kino mit Lidia Bobrowas W toj stranje, einem Film, der auf dem Dorfe spielt und stilistisch in die Schukschin-Tradition gehört. Seine drei Protagonisten verkörpern verschiedene Eigenarten des russischen Temperaments.

Xiao Wu
R: Jia Zhang Ke, Hongkong/China 1997, 16mm, 108 min.
D: Wang Hong Wei, Hao Hong Jian, Zu Bai Tao
Der Regisseur Jia Zhang Ke zeigt, wie man in China unabhängiges Kino abseits der etablierten Studios machen kann. Erzählt wird die Geschichte zweier Freunde in einer kleinen Provinzstadt. Während der eine zum erfolgreichen ''Businessman'' aufsteigt, bleibt der andere ein Taschendieb. Der Film, mit Laiendarstellern für ein kleines Budget gedreht, wirft einen erfrischenden Blick auf die heutigen Realitäten in China.

Schauplatz Korea

Barricade
R: Yoon In-ho, Korea 1997, 35mm, 95 min.
D: Kim Ui-Sung, Kim Jung Kyun, Park Eun Jung
Han-Shik, der von der Schule geflogen ist, und Yong-Seung, der als Waisenkind aufgewachsen ist und sein Selbstmitleid mit Alkohol ertränkt, arbeiten in einer Wäscherei und schikanieren ihre ausländischen Kollegen. Doch in Wirklichkeit geht es ihnen nicht besser als den illegalen Einwanderern: Sie werden ausgebeutet. Mit der Zeit ergeht es allen gleich, sie verlieren ihre Träume.

Cheob sok (The Contact)
R:Jang Yoon-Hyun, Korea 1997, 35mm, 105 min.
D: Han Suk-Kyu, Chun Doo-Yeon
Das Regiedebüt Jang Yoon-Hyuns, das in Korea bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, erzählt eine moderne Liebesgeschichte: Der Hörfunk-Journalist Dong-Hyun und Su-hyun, die für einen Home-Shopping-Channel arbeitet, haben beide schwierige Beziehungen hinter sich und schmerzliche Erfahrungen gemacht. Dong-Hyun ist völlig fixiert auf eine alte Flamme, und Su-hyun ist in den Freund ihrer Freundin verliebt. Über ein gemeinsames Interesse an Musik und Online-Kommunikation bahnt sich zwischen den beiden über das Internet eine Beziehung an.

Hanyo (Das Hausmädchen)
R: Kim Ki-Young, Korea 1960, 35mm, 92 min.
D: Un-shim Lee, Jung-nyo Chu, Chin-Kyu Kim
Dem Regisseur Kim Ki-Young ist eine kleine Hommage gewidmet. Seine Filme aus den 70er Jahren gehörten zu den wichtigsten Entdeckungen des Pusan-Festivals. Kim Ki-Young bezeichnet sich selbst als den eigentlichen Begründer des unabhängigen koreanischen Kinos. Seine Filme sind Melodramen, die meist vom Untergang der Männer durch diabolische Frauenfiguren berichten, dabei aber eine starke Dimension der Ironie besitzen; in ihrer Bildsprache erinnern sie manchmal an Douglas Sirk. In seinem Frühwerk Hanyo vergewaltigt ein Komponist sein Hausmädchen, eine junge Frau vom Lande. Mit der Zeit beginnt sie, sich wie seine Ehefrau zu benehmen. Die Sache eskaliert, als das Mädchen schwanger wird und der Komponist und seine Frau sie zur Abtreibung zwingen.

Iodo
R: Kim Ki-Young, Korea 1977, 35mm, 110 min.
D: Kim Dschong, Chol, Li Wha Si, Kwon Mi Hei, Choi Yun Sok, Park Am
Auf einem Schiff, dessen Fahrziel die legendäre Insel Iodo ist, geht unter mysteriösen Umständen ein Mann über Bord. Des Mordes an dem Biologen Chon verdächtigt wird der Hoteldirektor Son, der dadurch seine Arbeit verliert und sich zusammen mit einem Journalisten, der ebenfalls auf dem Schiff war, zu einer Insel begibt, auf der Suche nach dem Geheimnis um Iodo.

Motel Cactus
R: Park Ki-Yong, Korea 1997, 35mm, 91 min.
D: Jin Hee-Kyung, Jung Woo-Sung, Kim Seung-Hyun, Han Woong-Soo, Lee Mi-Yeon
Der Film spielt in Seoul und erzählt melancholische Geschichten aus einem Liebeshotel, die der Zuschauer selbst zusammensetzen muß. Die farb-delirierende, ekstatische Kamera führte Christopher Doyle, dessen Arbeit man unter anderem durch die Filme Wong Kar-wais kennt.

Nazn moksori (Leise Stimmen / The Murmuring)
R: Byun Young-Joo, Korea 1995, 16mm, 98 min.
In Seoul gibt es ein Haus, das ''Haus des Teilens'' genannt wird. Dort wohnen sechs Frauen, die während des Zweiten Weltkriegs zu den ''Military Comfort Women'' gehörten, jene Frauen, die von den Japanern zur Prostitution gezwungen wurden und heute ihre Rehabilitierung verlangen. Jeden Mittwoch versammeln sie sich vor der japanischen Botschaft, um zu protestieren und von der japanischen Regierung eine Entschuldigung sowie Entschädigungen für das an ihnen begangenen Verbrechen zu fordern.

Pyongyang Diaries
R: Solrun Hoaas, Australien 1997, 16mm, 69 min.
Zur Ergänzung des Korea-Programms läuft ein aktueller Film aus Australien: Pyongyang Diaries von Solrun Hoaas ist eine aktuelle Reportage, die sich mit der sozialen und politischen Realität in Nordkorea beschäftigt.

Zum Korea-Programm siehe auch Hauptprogramm, Video-Programm, Mitternachtsfilme und Sondervorführungen

Mitternacht

Blood Guts Bullets & Octane
R: Joe Carnahan, USA, 16mm, 87 min.
D: Dan Leis, Ken Rudolph, Mike Saumure, Hugh Mc Chord, Dan Harlan, Joe Carnahan
Zwei Autoverkäufer, ein rotes Cabriolet, der mysteriöse Inhalt eines Kofferraums, viel Blei und noch viel mehr Blut. Mit einem Budget von wenigen tausend Dollar drehte Joe Carnahan sein spektakuläres, von Wortwitz und Rasanz sprühendes Regiedebüt.

Chung nyo (Die Insektenfrau)
R:Kim Ki-Young, Korea 1972, 35mm, 110 min.
D:Won Namkoong, Yeojung Yoon, Kyehyun Jun
Nach einem Nervenzusammenbruch landet Professor Lee im Krankenhaus. Doch in der Psychiatrie ergeht es dem Patienten nicht viel besser als im richtigen Leben. Die Geschichte von einem Antiquitäten-Händler, der von seiner Geliebten ermordet wird, bringt ihn restlos durcheinander…

Cube
R: Vincenzo Natali, Kanada 1996, 35mm, 91 min.
D: Maurice Dean Wint, Micky Guadagni, David Hewlett, Nicole deBoer, Andrew Miller
Der ''Cube'' ist ein Gebilde, das an Kafka und Eschner denken läßt, eine Art Rubikschen Würfels, jedoch überlebensgroß und Schauplatz eines tödlichen Verwirrspiels. Vincenzo Natalis Film handelt von sechs Personen, die sich in einem labyrinthischen Raum befinden, aus dem es scheinbar keinen Ausgang gibt. Ihr Versuch, sich zu befreien, wird zum tödlichen Spiel. Die Gruppe verläuft sich in immer neuen Kammern, die gefährliche Fallen bergen.

Ma Wing Jing (Hero)
R: Corey Yuen, Hongkong/China 1997, 35mm, 98 min.
D: Takeshi Kaneshiro, Yuen Biao, Husan Jessica Hester, Valerie Chow, Yuen Tak, Yuen Wah
Schauplatz ist das Shanghai der Vorkriegszeit. Weil das Land von Dürre geplagt ist, ziehen Ma Wing Jing und sein Bruder Tai Cheung wie viele andere Dorfbewohner in die verheißungsvolle Großstadt. Nur mühsam gelingt es ihnen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie sind gezwungen, sich als Kulis zu verdingen.

Modulations
R: Iara Lee, USA 1997, 35mm, 75 min.
Als ''Kino für die Ohren'' beschreibt Iara Lee (Synthetic Pleasures, Forum 1996) ihren neuesten Film, der sich mit elektronischer Musik beschäftigt und verschiedene Musikrichtungen und aktuelle Tendenzen in einen ungewöhnlichen Zusammenhang stellt. Modulations setzt sich u.a. mit Musik von Can und Kraftwerk, Detroit Techno, Chicago House, Jungle und der neuen Hip-Hop-Avantgarde auseinander.

Once Upon a Time in China and America
R: Sammo Hung, Hongkong/China 1997, 35mm, 94 min.
D: Jet Li, Rosamund Kwan, Chan Kwok-pong
Ein erfrischend einfallsreicher und kulturell vielfach die Ebenen vermischender Kung-Fu-Film von Sammo Hung mit Jet Li. Der Film handelt von einem chinesischen Kung-Fu-Meister, der mit seiner Verlobten und seinen Anhängern den Wilden Westen unsicher macht. Produziert wurde der Film von Tsui Hark.

Perfect Blue
R: Satoshi Kon, Japan 1997, 35mm, 80 min.
Perfect Blue ist ein Animationsfilm, der zum ersten Mal nicht eine Science-fiction-Geschichte erzählt, sondern die Persönlichkeitsspaltung einer Sängerin beschreibt, die eigentlich Schauspielerin werden möchte. Der Film wagt sich in ein neues Territorium und beweist die großen Möglichkeiten des Animationsfilm-Genres zwischen Parodie und Phantastik.

Tano da morire (Für Tano sterben)
R: Roberta Torre, Italien 1997, 35mm, 80 min.
Ein Mafia-Musical, das sich mit dem legendären Palermer Mafioso Tano Guarrasi beschäftigt, der wegen seines gewalttätigen, leidenschaftlichen Auftretens stadtbekannt war. Unter anderem sorgte der manisch Eifersüchtige dafür, daß seine vier Schwestern zeitlebens ledig blieben. 1988 wurde Tano während einer blutigen Mafia-Auseinandersetzung vom Corleone-Clan ermordet. Die Regisseurin Roberta Torre inszenierte die Geschichte mit Witz und Verve als Straßenspektakel mit Laiendarstellern. Passenden italienischen ''gangsta rap'' lieferte Nino D'Angelo.

Unlucky Monkey
R: Sabu, Japan 1998, 35mm, 105 min.
Unlucky Monkey ist ein Gangsterdrama besonderer Art, das zwischen Groteske und dostojewskihafter Seelenanalyse schwankt; der Film beginnt zunächst sehr rasant und entwickelt sich dann mehr und mehr zu einer Tonart der Melancholie. Yamazaki will einen Banküberfall begehen. Auf dem Weg zur Bank kommt ihm ein anderer dazwischen. Der flüchtet mit dem Geld, wird dann allerdings in einen Autounfall verwickelt. Das gestohlene Geld gleitet ihm aus der Hand - und landet bei Yamazaki, der sich mit dem 'Fund' sofort aus dem Staub macht. Auf der Flucht stößt er allerdings mit der Friseuse Miki zusammen und verletzt sie versehentlich mit einem Messer. Ehe er sich versieht, wird der junge Yamazaki als Raubmörder gesucht…

Neue Deutsche Filme 1997/98

Alle Zeit der Welt
R: Matl Findel, Deutschland 1997, 16mm, 93 min.
D: Jockel Tschiersch, Matthew Burton, Ruth Vaughn
Anton bleibt kaum noch Zeit. In seinem Kopf wächst ein Tumor heran, der ihn schon besiegt hat. Ein halbes Jahr wird sein Leben noch dauern, vielleicht. Er beschließt, die Tage nicht mehr zu zählen, kümmert sich nicht mehr um seine Karriere als Eishockeyspieler, nicht mehr um die kaputte Waschmaschine, läßt sein Leben kippen. Anton stromert durch Herbst-Berlin, und je stärker er seinen Schritt verlangsamt, desto intensiver lebt er.

Barluschke
R: Thomas Heise, Deutschland 1997, 16mm, 90 min.
Die psychologische Studie eines Stasi-Auslandsagenten und seiner Familie: ''Barluschke ist intelligent und eitel, ein genialer Selbstdarsteller und daher mit den besten Voraussetzungen versehen, ein exzellenter Spion zu sein. Das war er, in der ehemaligen DDR, 'Kundschafter' nannte man das. Barluschke kam herum in der Welt und hat sich schon vor der Wende gewendet. Er versucht auch, diesen Film zu beherrschen. Aber seine Existenz ist brüchig.''

Große weite Welt
R: Andreas Voigt, Deutschland 1997, 35mm, 88 min.
''Leipzig, die große Stadt im Osten Deutschlands. Den ersten Film hier drehen wir 1986. Wir kehren immer wieder nach Leipzig zurück. Fünf Filme entstehen. Mehr als zehn Jahre sind vergangen. Vieles ist geschehen: der Fall der Mauer, das Ende der DDR, die deutsche Einheit; der neue Alltag. Lebensgeschichten und Schicksale von heute und damals.''

Im Lichtbild der Großstadt: Berlin-Fragment
R: Manfred Wilhelms, Deutschland 1998, 16mm, 90 min.
Berlin als Film: Die Kamera, das Auge des Erzählers, führt über die Dächer und durch die Kulissen einer Stadt wie durch die Bilder einer Ausstellung.

Kinderland ist abgebrannt - Zur Erinnerung an Deine Schulfreundin Ulm 1934
R: Sibylle Tiedemann, Ute Badura, Deutschland 1997, 16mm, 90 min.
Erinnerungen von christlichen und jüdischen Frauen stehen im Mittelpunkt dieses Dokumentarfilms. Sie wuchsen in der süddeutschen Kleinstadt Ulm auf und gingen auf dieselbe Schule, ob eine von ihnen jüdischen oder christlichen Glaubens war, spielte noch keine Rolle, sozialdemokratische Eltern zu haben, machte einen noch nicht zur Außenseiterin. Sie waren noch Kinder, als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Zwölf Frauen, heute zwischen 74 und 79 Jahre alt, erzählen von ihrer Jugendzeit in Ulm. Die meisten wohnen noch in ihrem Geburtsort, die jüdischen Mitschülerinnen leben heute in Israel oder in den USA.

Nach dem Spiel
R: Aysun Bademsoy, Deutschland 1997, 16mm, 60 min.
D: Safiye Kök, Arzu Calkilic, Nalan, Nazan, Özlem Bekler
Ein Portrait von fünf Fußballerinnen der türkischen Mannschaft ''Agrispor'' aus Berlin-Kreuzberg. Es ist Sommer, das Saisonende naht, und die Mädchen werden mit dem Fußballspielen aufhören. Sie cruisen im Auto durch die Stadt, gehen auf Parties, ins Solarium, fahren Go-Cart. Manche haben einen Job oder eine ABM-Stelle, andere haben gar nichts. Sie fragen sich, wie das Leben geht: das Heiraten, die Jungfräulichkeit, die Liebe, die Moral, die Eltern, die Selbstständigkeit.

Pelym
R: Andrzej Klamt & Ulrich Rydzewski, Deutschland 1998, 35mm, 95 min.
Ein Dokumentarfilm über die Menschen und das Leben in einem entlegenen Landstrich Rußlands, der geprägt ist von Lagern. ''Pelym'' ist sowohl der Name für eine Siedlung als auch für ein größeres Gebiet am Rande des Urals, an der Schnittstelle zwischen Europa und Asien. Pelym ist in Russland bekannt für seine vierhundertjährige Verbannungs- und Lagergeschichte. Der Film versucht eine behutsame Annäherung an die Welt der russischen Straflager. Der Name ''Pelym'' steht stellvertretend für viele der entlegenen Strafkolonien Rußlands, die bekannt sind für ihr strenges Regime sowie die härtesten Lebens- und Arbeitsbedingungen.

Raus aus der Haut
R: Andreas Dresen, Deutschland 1997, 35mm, 90 min.
D: Susanne Bormann, Fabian Busch, Otto Mellies, Christel Peters, Matthias Walter
Schauplatz ist eine Kleinstadt der DDR Ende der 70er Jahre: Marcus ist eher schüchtern, aber mächtig verknallt in Anna, die mit ihm zusammen in die 12. Klasse geht. Anna aber steht mehr auf Randy - und das nicht nur wegen seiner Rockband ''Feuersbrunst''. Ausgerechnet der dogmatische Schuldirektor Rottmann findet bei Anna Materialien über die RAF. Als Konsequenz will er ihre Studienbewerbung verhindern. Eigentlich hätte Marcus sich ja niemals dazu überreden lassen, aber weil die Idee von Anna kam… Und nun liegt Rottmann gefesselt im Keller von Annas Großmutter.

Und vor mir die Sterne… Das Leben der Schlagersängerin Renate Kern
R: Ulrike Franke, Michael Loeken, Deutschland 1997, 35mm, 90 min.
Der Film erzählt das Leben der Schlagersängerin Renate Kern, die mit Liedern wie ''Meine Welt ist so schön'' bekannt wurde und sich 1991 erhängt hat. Nicht zuletzt ist der Film eine Reise durch Landschaften und Orte, wo Schlager und Country gespielt werden. In kleinen Geschichten, konkreten Situationsbeschreibungen entdeckt der Film den Kosmos einer Musik, die Durchhalten propagiert und Träume erlaubt, ihre Erfüllung aber ins ewige Morgen verlegt.

Zwickel auf Bizyckel
R: Reinhard Kahn u.a., Deutschland 1969/97, 35mm, 85 min.
D: Roswitha Balzer-Gehrke, Gabi Weber, Viktor Huber, Sabine Ebner-Schmidt
Ein Zeitbild der bundesdeutschen Gesellschaft in den Sechzigern: Das Jahr 1969. Die Studentenbewegung ist im vollen Gange. Ein Ulmer Studentenkollektiv beginnt, ein Filmprojekt zu realisieren, ''Auf der Suche nach dem Glück''. Das sind u.a. die Kindergärtnerin Doris und der Bauhilfsarbeiter Robert. Kleinbürgerliche Biographien und revolutionäre Subjekte suchte sich das Filmteam, gedreht wurde an Originalschauplätzen mit Laien, Dokumentarisches vermischte sich mit Fiktivem. Aus dem umfangreichen Material sind bis heute ein Kurzfilm und mit Zwickel auf Bizyckel nun ein zweiter Spielfilm entstanden.

Video

Blood Money: Switzerland's Nazi Gold
R: Stephen Crisman, USA 1997, 90 min.
Ein thematisch brisanter und hervorragend recherchierter Dokumentarfilm über die Rolle der Schweiz als ''Financier'' der Nazis und des Krieges, der die Verflechtungen bis in die Gegenwart verfolgt und den Mythos der Neutralität angeht.

Burma Diary
R: Jeanne Hallacy, Niederlande/Thailand 1997, 55 min.
Über einen Zeitraum von vier Jahren hat Jeanne Hallacy sich mit dem Kampf der Demokratiebewegung der Studenten in Burma beschäftigt. Entstanden ist ein Tagebuchfilm, in dessen Mittelpunkt Tint Aung steht, ein burmesischer Studentenführer, der an die thailändisch-burmesischen Grenze geflüchtet ist: ''In meinem Traum gehe ich zurück nach Hause.'' Doch die Wirklichkeit sieht anders aus.

De l'autre côté du périph' (Jenseits des Stadtrings)
R: Betrand & Nils Tavernier, Frankreich 1997, 155 min.
Die Taverniers, Vater und Sohn, haben drei Monate in einem Pariser Vorort verbracht und das Leben seiner Bewohner gefilmt.

De l'autre côté du périph' (Jenseits des Stadtrings)
R: Betrand & Nils Tavernier, Frankreich 1997, 155 min.
Die Taverniers, Vater und Sohn, haben drei Monate in einem Pariser Vorort verbracht und das Leben seiner Bewohner gefilmt.

Das Haus des Meisters
R: Naum Kleemann, Marianna Kirejewa, Alexander Iskin, Deutschland/Rußland 1998, 106 min.
Anhand nie gezeigter Dokumentaraufnahmen und Fotos und entlang der Chronologie seines wechselvollen Leben stellt der Film den Versuch dar, umfassend die Gedanken- und Bilderwelten Sergej Eisensteins zu porträtieren und die Quellen der Inspiration zu seinen Filmen, die zu den bedeutendsten der Filmgeschichte gehören, ausfindig zu machen.

Kisangani Diary
R: Hubert Sauper, Österreich/Frankreich 1997, 35mm, 45 min.
''Kisangani Diary behandelt die aktuelle und traurige Situation der Ruandischen Flüchtlinge in Zaire, die nicht nur an Hunger und Krankheit sterben, sondern vor allem von den 'Rebellen' Laurent Kabilas vernichtet werden - zu tausenden, präzise organisiert, massakriert. Im Verhältnis zur Tragweite der Umstände ist in der Weltöffentlichkeit wenig davon bekannt geworden. Was ich versuche, ist nicht eine Analyse im journalistischen Sinn zu präsentieren, sondern diese unglaubliche Realität mit einfachen, chronologisch gereihten Bildern zu schildern. Als Tagebuch.''

Byunbang-eso joongsim-urö (On Line: An Inside View of Korean Independent Film)
R: Hong Hyung-Sook, Korea 1997, 67 min.
Die Seoul Visual Collective hat diesen Film über das unabhängige Filmschaffen in Korea produziert.

De l'autre côté du périph' (Jenseits des Stadtrings)
R: Betrand & Nils Tavernier, Frankreich 1997, 155 min.
Die Taverniers, Vater und Sohn, haben drei Monate in einem Pariser Vorort verbracht und das Leben seiner Bewohner gefilmt.

Red-Hunt
R: Cho Sung-Bon, Korea 1997, 87 min.
Im Mittelpunkt des Films steht der Cheju-do-Kampf vom 3. April 1948. Dieses historische Ereignis wird in Korea als Ausgangspunkt für viele heutige Konflikte gesehen. Mittels Zeugenaussagen von Überlebenden und Archivmaterial wird sehr detailliert rekonstruiert was sich vor 49 Jahren zutrug. Der Regisseur Cho Sung-Bon beleuchtet das Verhältnis des Syngman-Rhee-Regimes zu den U.S.-Militärs und zeigt die Verknüpfungen, die dazu führten, daß Cheju-do einer anti-kommunistischen Hetzjagd zum Opfer fiel.

The Six Day Fight in Myong Dong Cathedral
R: Kim Dong-Won, Korea 1997, 74 min.
Eine Dokumentation der Demokratie-Bewegung und ihrer Ursprünge. Der Film beschäftigt sich mit der Zeitspanne vom 10. Juni 1987 bis zum Rückzug der Demonstranten vor den Regierungstruppen zu Seouls Myong-Dong-Kathedrale.

Die verschiedenen Gesichter Sergej Eisensteins
R: Oksana Bulgakowa, Dietmar Hochmuth, Deutschland 1997, 60 min.
Ein Filmporträt des russischen Regisseurs, das die Wiedersprüchlichkeiten und Brüche dieser Figur beleuchtet und sich mit dem Bild vom großen Künstler und gedankenscharfen Theoretiker auseinandersetzt.

Yo-Yo Ma: Inspired by Bach (6 Episoden)
R: Kevin McMahon, François Girard, Barbara Willis, Atom Egoyan, Niv Fichman, Patricia Rozema, Kanada 1997, sechs Teile à 60 min.
Der Film zeichnet die Bemühungen des Cellisten Yo-Yo Ma nach, einen öffentlichen Garten zu schaffen - geformt aus dem Geiste der Musik Bachs. In Zusammenarbeit mit Künstlern wie der Gartenarchitektin Julie Moir Messervy, dem Choreographen Mark Morris, dem Spielfilmregisseur Atom Egoyan und dem Kabuki-Meister Tamasaburo Bando ist eine sechsteilige Reihe entstanden. ''Während der letzten fünf Jahre durfte ich die Cellosuiten in Zusammenarbeit mit Künstlern anderer Disziplinen neu erforschen - unter anderem dem Architekten Giovanni Battista Piranesi aus dem 18. Jahrhundert, mit dem ich viele imaginäre Gespräche führte. Jedes Projekt dauerte ungefähr zwei Jahre, in denen sich eine künstlerische und persönliche Vertrautheit entwickelte, die schöpferische Innovation ermöglichte. Jeder Künstler bemühte sich zunächst, zusammen mit mir die musikalische Essenz jeweils zu ergründen; dann suchte er nach Möglichkeiten, diese Essenz in einer anderen Kunstform zum Ausduck zu bringen. Jede Gemeinschaftsarbeit wurde gefilmt, so daß schließlich eine sechsteilige Reihe entstand.''

Sonderprogramme

Bergmans Röst (Bergmans Stimme)
R: Gunnar Bergdahl, Schweden 1997, 35mm, 87 min.
Ingmar Bergman 87 Minuten lang am Schneidetisch zuzuhören, wie er von sich selbst und seiner Filmarbeit erzählt, ist ein so großartiges Erlebnis, daß niemand, der sich für das Kino dieses großen Meisters oder für das Kino überhaupt interessiert, an diesem Film vorbeigehen dürfte.

Faire-part - Musée Henri Langlois (Traueranzeige: Museum Henri Langlois)
R: Jean Rouch, Frankreich 1997, 16mm, 48 min.
Jean Rouchs neuester Film entstand im Laufe eines Nachmittags bei einem Spaziergang durch das Museum Henri Langlois in Paris, das zwei Wochen nach den Dreharbeiten bei einem Brand im Palais de Chaillot nahezu vollständig zerstört wurde.

Hanyo 82 (The Woman of Fire 82)
R: Kim Ki-Young, Korea 1982, 115 min.
Dieser Film des Regisseurs Kim Ki-Young ist eine Remake von Hanyo (The Housemaid) und erzählt die Geschichte einer jungen Frau vom Lande, Myoung-Ja, die Arbeit im Haus eines Musiklehrers findet.

Journal de Rivesaltes 1941-1942
R: Jacqueline Veuve, Schweiz 1997, 35mm, 77 min.
Während des letzten Weltkrieges arbeitete Friedel Bohny-Reiter als Krankenschwester für die ''Kinderhilfe'' des Schweizerischen Roten Kreuzes im Auffanglager von Rivesaltes. Dieses Lager, wie viele andere in der ''freien Zone'' von Frankreich, war unter französischer Leitung und nahm jüdische, spanische und Zigeuner-Familien auf, die in der ''freien Zone'' lebten oder dorthin geflüchtet waren. Dank der jungen Baslerin wurden zahlreiche Kinder vor dem sicheren Tod in Ausschwitz bewahrt.

Meili de Hunpo (Neon Goddesses)
R: Yu Lik Wai, Hongkong/Belgien 1996, 16mm, 46 min.
Drei mutige Nacht-Schwärmerinnen stehen im Mittelpunkt von Yu Lik Wais Film. ''Neon Goddesses'' nennt er seine Protagonistinnen, drei junge Frauen aus der Provinz, die sich in Peking eine neue Existenz aufbauen wollen: Yu Quin landet als Hosteß in einem Edel-Nachtclub, Hu Jin versucht sich als Schauspielerin und Model, Zun Ji schließlich, die ihre Junkie-Vergangenheit und die Selbstmordgedanken vertreiben will, wirbelt als Königin der Nacht durch Pekings Diskotheken.

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