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Das Eröffnungsprogramm mit Arbeiten aus Hamburg und Berlin beginnt mit MIEZEN (1991–2006), einer Zusammenstellung des sonst unsichtbaren Vorlaufs zur Hauttonabstimmung des Films. Jan Peters begibt sich mit Fundstücken aus eigenen Filmen und den Archiven des Institut National de l'Audiovisuel (INA) in Paris auf eine Zeitreise. KOSMOS (Thorsten Fleisch, 2004) besteht aus direkt auf dem Filmmaterial gezüchteten Kristallen. Romeo Grünfelder verwirrt in DESI'RE – THE GOLDSTEIN REELS (2005) das Publikum: Ein rätselhafter Fund, angeblich aus dem Nachlass des amerikanischen Filmkünstlers Jack Goldstein, wird nüchtern kommentiert, während Unfassbares geschieht: eine unbekleidete Frau verschwindet vor unseren Augen im Meer. Michael Brynntrups Miniatur THE HONG KONG SHOWCASE (2005) macht das Schaufenster des Emporio-Armani-Megastore in Hongkong zur Bühne. In ZIELPUNKTE DER STADT (Jörn Staeger, 2004) reist der Betrachter durch ein urbanes Deutschland, in dem sich die architektonischen Epochen überlagern. In MUMMY (Isabell Spengler, 2006) geht es um das Spiel des Sehens und gesehen werdens. Steffen Ramlow entfaltet in MAMAEV KURGAN (2006, #001 der Serie "poesie des alltäglichen") langsam ein Panorama der tagtäglichen Arbeit an der Erinnerung. Ungläubig staunt man beim Anblick der Statuen des Mamaev-Hügels in Wolgograd über Größen und Verhältnisse. In REPETER ALBA NEGRA (Jeanne Faust/Jörn Zehe, 2006) bietet die Beobachtung einer rumänischen Schauspieltruppe in einem Vorort von Paris einen fesselnden Blick in die Theatralität des Alltäglichen. Karl Heils Miniatur BÄRBEL ERZÄHLT EINEN FILM (2005) ist eine Momentaufnahme zum Thema Film im Film im Stil des Cinéma vérité . (10.12.) Das Programm mit Arbeiten aus Hamburg eröffnen wir mit DAS LÄCHELN DER MONA LISA (Dorit Kiesewetter, 2006), einem Film aus Kinderzeichnungen, in denen Mona Lisa auch anders kann. Volko Kamensky untersucht in ALLES WAS WIR HABEN (2004) die Konstruktion von Heimatverbundenheit an einem musealen Ort der Erinnerung. Eva Könnemanns berichtet in ihrem "Mockumentary" LIGHTBOY (2003) vom mysteriösen Verschwinden von Tom Gun, dem Sänger der Band "Light Boy". Die stumme Videoarbeit DER FIRMLING (Nina Könnemann, 2004) folgt dem Weg zweier Männer durch den Tiergarten während der Love-Parade. ON THE JETTY (Jörn Zehe, 2006) zeigt Traktoren in Bewegung. Der Pier dient ihnen als Bühne für ihre Prozession in Richtung Wattenmeer. Jeanne Faust entgleitet in ihrem Film INTERVIEW (2003) die Situation. In einem verstörend seltsam anmutenden Interview entzieht sich Lou Castel der Konvention. Ein langsamer Flug über eine montierte Topografie aus hochauflösenden Satellitenbildern wandelt sich in SAT.LAND (Martin Heckmann, 2006) von einer erhabenen Betrachtung zu einer eher militärischen Perspektive. Wir beschließen den Eröffnungsabend mit einem glorreich hysterischen Musical der in Berlin lebenden Künstlerin Lucile Desamory. COUNTDOWN TO NOTHING (2004) entstand in Zusammenarbeit mit der Musikerin Kevin Blechdom. (10.12.) Es ist ein zentrales Anliegen von arsenal experimental, Filmgeschichte in der zeitgenössischen Kunst zu kontextualisieren. Nicht zuletzt aus diesem Grund stellen wir sie an den Anfang des Berlin-Programms: DIE URSZENE (1981) von Christine Noll Brinckmann ist eine spielerische Reflexion des Schauens und ein Kommentar zur Öffentlichkeit und Privatheit des Kinos. Brigitta Kuster beschäftigt sich in S. JE SUIS, JE LIS À HAUTE VOIX [passing for] (2005) mit der Grenzpassage und dem Passing, also dem "Durchgehen als", eine Art Subjekteffekt der Grenze, der in keiner Weise bloß "die Migrantin" betrifft. Grundlage dieses Videos ist die Reportage "Clandestine" von Anne Tristan (1993). In AVTOBUS, #002 der seriellen Arbeit "poesie des alltäglichen" (Steffen Ramlow, 2006) verdichtet sich eine an sich unscheinbare Szene zum assoziativen Porträt eines Ortes und ihrer Menschen. Niklas Goldbachs Video FALLS (USA 2006) zeigt die Niagarafälle in verlangsamten und auf dem Kopf stehenden Aufnahmen mit Sound-Fragmenten des von Henry Hathaway inszenierten Thrillers "Niagara". DIE AUSSTELLUNG (Juliane Zelwies, 2005) erweist sich als beißende Parodie auf die Ökonomien des Kunstmarkts. Die Aufnahmen zu Isabell Spenglers und Daniel Adams Video LANTOUY (2006) entstanden im sagenumwobenen Lantouy in Südfrankreich. In dem Film LOST PROPERTY (2006) greift der Filmemacher Bin Chuen Choi das Arbeitsprinzip eines Fundbüros auf. In seiner Heimatstadt Hongkong besucht er Orte der Erinnerung, seine Familie und alte Freunde. (11.12.) JONA (HAMBURG) von Peter Ott (2004) beginnt als Porträt eines Ausgestoßenen. Der Filmemacher begleitet einen Junkie an Knotenpunkte der Drogen-Geografie Hamburgs. Doch in dem Maße, in dem der Film die Persönlichkeit des Junkies entwickelt, zerfällt die Person des Filmemachers. Biblische Untergangsszenarien nehmen ihn mehr und mehr gefangen. JONA (HAMBURG) ist ein radikaler Film über das Filmemachen und die Resultate einer abstrusen Drogenpolitik. (11.12.) Im Foyer sind an beiden Tagen eine Vielzahl von Installationen zu sehen. In KUHBERGFÜHRUNG (1999) lässt Doro Carl Menschen über Bilder sprechen, die vormals an ihren Wänden hingen – eine Reflexion über die Anwesenheit des Abwesenden. In ÜBUNG ZUR GELASSENHEIT (Doro Carl, 2004) wird der Stoizismus indischer Kühe zur spiegelverkehrten Relation einer Welt in ständiger Bewegung. TRUST & TRY (Josephin Böttger, 2005) entwirft ein Bild Hamburgs, das spielerisch das Genre Science-Fiction zitiert: zwei Wissenschaftler experimentieren mit Phänomenen der Schwerelosigkeit. PLACEHOLDER (Jochen Schmith, 2005) vermittelt in einer langsamen kreisförmigen Kamerafahrt entlang einer Musterhaussiedlung eine Ahnung von der Unheimlichkeit des Immergleichen. In PASSING SUBURBIA (Beate Rathke, Christine Woditschka, 2006) bewegt sich die Kamera entlang der kulissenhaften Architektur einer Neubau Fertighaussiedlung am Stadtrand von Berlin. Unterbrochen wird die Fahrt durch das Erscheinen von Drag Kings: Ein Eigenheimwestern. In der Black Box zeigen wir TALON und TYPHOON (2006), zwei installative Arbeiten von Nina Könnemann. Die Filme sind nach Achterbahnen benannt. Die Kamera simuliert den Ablauf der Rundfahrt, die Bewegung wurde über mehrere Poster gelegt, die Aktion des einen ermöglicht die Erfahrung des anderen. (10. & 11.12.) Der schon erwähnte "Schlüsselfilm" von Christine Noll Brinckmann, DIE URSZENE, gibt einen Überblick über die stilistische Vielfalt der Schlafzimmer im Frankfurter Raum und reflektiert spielerisch die voyeuristische Imagination, die Teil der filmischen Erfahrung ist. Brinckmann hat mit ihren Filmen Filmtheorie geschrieben, Skizzen entworfen für ihre späteren filmtheoretischen Texte. Der Avantgardefilm ist für Brinckmann nicht als Gegenöffentlichkeit zum Mainstream interessant. Vor dem Hintergrund der Schaulust entwickelt sie vielmehr einen Zugang zum Kino, der beides gleichermaßen umfasst. In diesem Verständnis eines Kinos, das die Perspektive des Zuschauers einnimmt und davon absieht, vorgefertigten Genres Zielgruppen zuzuordnen, stand sie dem Arsenal stets beratend sehr nahe. Als Verleih macht es sich arsenal experimental nun zur Aufgabe, ihr Gesamtwerk in den Kontext der Gegenwartskunst zu stellen. Wir möchten daher ein Programm, in dem Brinckmann einige ihrer Filme selbst wiederum in die amerikanische Avantgardegeschichte einbettet und unser Thema der Relation von Dokumentation und Fiktion unter dem Aspekt der Traumdeutung im Film beleuchtet, hier mit einbeziehen. Konzipiert wurde es für die Reihe "Kino im Kopf", die ebenfalls in diesem Monat im Arsenal zu sehen ist. Nähere Informationen dazu entnehmen Sie bitte dem entsprechenden Programmtext. (10.12.) Das Programms findet eine Woche zuvor in Hamburg im Metropolis und im Lichtmeß statt (1.–3.12.) Wir danken unserer Hamburger Kollegin Maike Höhne sowie ganz besonders der Rusch-Stiftung, die dieses Austauschprogramm zwischen Hamburg und Berlin initiiert, ermöglicht und unterstützt hat.

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