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Danach schieben wir eine kleine Hommage auf Ingmar Bergman ein (in Verbindung mit einer Lehrveranstaltung an der FU), um dann, davon ausgehend, eine Tour d'horizon durch den Film Skandinaviens in den 50ern und 60ern zu unternehmen.
Wir beginnen unsere Bergman-Hommage mit DIE ZEIT MIT MONIKA, einem Frühwerk von 1953, der neorealistisch inszenierten Geschichte eines jungen Paares, das aus dem kleinbürgerlichen Milieu, in dem beide Protagonisten verwurzelt sind, auszubrechen versucht. DAS LÄCHELN EINER SOMMERNACHT (1955) ist eine Gesellschaftskomödie, die zwischen Zynismus und melancholischem Humor hin- und herpendelt – ein vergnüglicher, schwungvoller und ironischer Film mit hoher Eleganz der Ausführung. Zu den schönsten, zugleich heitersten und abgründigsten Filmen Bergmans gehört WILDE ERBEEREN (1957): ein 87-jähriger Medizinprofessor (gespielt von Victor Sjöström, einem den Arsenal-Besuchern bekannten Stummfilmregisseur) unternimmt eine Reise in eine Universitätsstadt, wo er eine Ehrung erfahren soll; unterwegs entdeckt er durch eine Reihe von Begegnungen, Träumen und Erinnerungen seine Vergangenheit wieder. Zu Beginn der 60er Jahre drehte Bergman die "Kammerspiel-Trilogie", zu der auch der berühmte und umstrittene Film DAS SCHWEIGEN gehört (1963): zwei Schwestern übernachten mit einem kleinen Jungen in einem Hotel in einem fremden Land. In der Nacht spielen sich auf den Korridoren des Hotels albtraumhafte Szenen ab; der Film beschreibt eine Atmosphäre der Bedrohung und der diffusen Angst. Wegen sexueller Freizügigkeit geriet der Film in das Visier der Zensurinstanzen verschiedener Länder und wurde zeitweilig zum Skandalobjekt. Einer der faszinierendsten Filme Bergmans aus den 60er Jahren ist PERSONA (1966), eine Studie über das Verhältnis zwischen zwei Frauen. Die beiden Frauen (die eine spricht im Film nur ein einziges Wort, nämlich "Nichts") sind zwei Seiten einer Persönlichkeit. Der Film ist formal besonders interessant, die "Cahiers du Cinéma" schrieben, dass hier das Kino "über sich selbst nachdenkt". Zum Abschluss der Bergman-Reihe zeigen wir FANNY UND ALEXANDER, die Geschichte einer Großfamilie und zweier Kinder, ein phantasiereicher Film mit viel Zeitkolorit und einer (für Bergman ungewöhnlich) versöhnlichen Grundhaltung. Nun zu den anderen skandinavischen Filmen: Wir zeigen, in totalem Kontrast zu Bergman, Experimentalfilme des Schriftstellers Peter Weiss, die zwischen 1951 und 1958 in Schweden entstanden; Bo Widerbergs RABENVIERTEL (1963), einen filmischen Entwicklungsroman, angesiedelt im Jahre 1936, und Erwin Leisers Kompilationsfilm über Hitler, MEIN KAMPF (1959), einen der ersten – und konsequentesten – Dokumentarfilme eines besonderen Genres, der mit den Mitteln der Montage von Wochenschauen und "gefundenem Material" eine Analyse des Nazi-Regimes entwickelte. Für eine neuere Entwicklungsphase des schwedischen Films steht Stefan Jarls gesellschaftskritisches Werk EIN ANSTÄNDIGES LEBEN (1978–79). Jarl erregte auch später Aufsehen durch seine Filme über Umweltprobleme und die Situation von Minderheiten, er war zudem Vorkämpfer der alternativen Kinobewegung "Folkets Bio". Für den dänischen Film stehen zwei Klassiker von Carl Theodor Dreyer, ORDET (Das Wort, 1955) und GERTRUD (1964) – strenge und nachdenkliche Werke von einer bohrenden Schärfe der Reflexion und Unerbittlichkeit der Beobachtung, dabei angelegt in einer konzentrierten, auf wenige Stilmittel beschränkten Filmsprache. Dadurch sind sie auch eine Herausforderung für den Zuschauer. Von ganz anderem Kaliber ist die temperamentvolle, von Einfällen übersprudelnde feministische Satire NEHMEN SIE ES WIE EIN MANN, MADAME (1975) von Mette Knudsen und den "roten Schwestern", jahrelang ein Bestseller im Verleih der FdK. Ein Meisterwerk des dänischen Films ist auch SULT (Hunger, 1966) von Henning Carlsen, die Verfilmung eines Romans von Knut Hamsun. In der Manier eines Kammerspiels wird der körperliche und psychische Verfall eines Schriftstellers beschrieben, der orientierungslos durch die Straßen irrt. In der filmischen Porträtierung eines Grenzzustandes steigert sich der Film zu einer Beckettschen Intensität. Schließlich zeigen wir noch zwei Klassiker des finnischen Kinos aus dessen früher Epoche: DAS WEISSE RENTIER von Erik Blomberg (1952), die Verfilmung einer Legende, 1953 in Cannes ausgezeichnet als "bester mythischer Film", und Risto Jarvas DER EINMANNKRIEG (1973), eine eindringliche gesellschaftliche Parabel über einen Baggerführer, der als Kleinunternehmer tätig werden will und dabei scheitert.

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