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Goran Dević, geboren 1971, hat sich in seinen Filmen zunächst mit der ins Stocken geratenen Aufarbeitung des Ausbruchs zwischenethnischen Hasses in den 90er Jahren und dem daraus folgenden Zwang für die Beteiligten, allein mit der Geschichte klarkommen zu müssen, befasst. Heute geht es ihm um die sozialen Verwerfungen, die die Transitionsprozesse von der ex-jugoslawischen Teilrepublik zum EU-Mitgliedsstaat mit sich bringen. Dabei ist Dević weit entfernt von selbstgerechter Schwarzmalerei: Er zeigt mit dem Finger auf Wunden, geht hinein in den nationalen Schmerz, in dem Bewusstsein, die kollektive Seele damit am besten heilen zu können. Hinter dem Spektakulären seiner Themen hat er eine präzise Beobachtungsgabe entwickelt, etwa in der Landschafts- und Mentalitätsstudie POPLAVA oder auch in DVIJE PECI ZA UDARNIKA JOSIPA TROJKA, einem pointierten Kommentar auf die verheißungsvollen Versprechungen blühender Landschaften, vom Sozialismus der 50er- bis zum Neo-Kapitalismus der 90er Jahre. Zvonimir Jurić, ebenfalls Jahrgang 1971, arbeitet als Fernseh- und Kinoschauspieler sowie als Regisseur. 2010 lief sein Kurzspielfilm ZUTI MJESEC im Kurzfilmwettbewerb der Berlinale. Auch Jurić geht es um präzise psychologische Beobachtungen. Er richtet sein Augenmerk auf Details, die sich der oberflächlichen Betrachtung entziehen. So werden Geschichte und die damit verbundenen Abgründe in JURIC: TVRĐA 1999 in einem scheinbar nüchternen Rundgang durch die habsburgischen Festungsanlagen in seiner Heimatstadt Osijek nacherlebbar, und ZUTI MJESEC erörtert das Schicksal einer jungen Mutter in den Zwischentönen eines Zwiegesprächs. Wir freuen uns sehr, dass Goran Dević und Zvonimir Jurić dank der Unterstützung durch das kroatische Kulturministerium bei allen Vorführungen zur Diskussion anwesend sein werden. ZUTI MJESEC (Yellow Moon, Zvonimir Jurić, Kroatien 2009, 1.12.) An der Tür klingelt es. Lana, im neunten Monat schwanger, öffnet ihrer Nachbarin Marija. Die beiden jungen Frauen trinken Kaffee. Dabei kommt ein Geheimnis an den Tag. CRNCI (The Blacks, Goran Dević, Zvonimir Jurić, Kroatien 2009, 1.12.) Eine kroatische Eliteeinheit am Ende des Krieges im ehemaligen Jugosla-wien in den 90er Jahren: Kurz vor Verkündung des Waffenstillstands kommen zwei Kameraden um. In der Garage des Hauptquartiers sind Blutspuren an der Wand. Als der Krieg abgesagt wird, kommen die Männer mit dem neuen Frieden nicht zurecht. Das Psychogramm dieser Männergruppe arbeitet den von Frustrationen und Gewissensnöten gezeichneten gegenseitigen Umgang mit viel Gefühl für das psychologische Mit- und Gegeneinander heraus. POPLAVA (The Flood, Goran Dević, Kroatien 2010, 2.12.) Etwa alle 20 Jahre überschwemmt die Lika die an ihre Ufer angrenzenden Dörfer. Die Mittelgebirgsregion zwischen Zagreb und der Adria-Küste wird zu einem riesigen See. Eine Strafe Gottes, wie ein Kriegsveteran meint? Natur und Mensch, Kroaten und Serben arrangieren sich, helfen sich. Eine Landschafts- und Mentalitätsstudie. DON JUAN: OPROSTITE, GOSPOĐICE (Don Juan: Excuse Me, Miss, Goran Dević, Kroatien 2011, 2.12.) Moderne Zeiten: Momentaufnahmen aus einem ungewöhnlichen Lehrgang: Wie verführen Männer aus Deutschland, Österreich und den USA erfolgreich eine Frau vom Balkan? MA SVE CE BITI U REDU (Everything Will Be Allright, Goran Dević, Kroatien 2007, 3.12.) Zwei Männer, eine Mission. Eine kurze Reise, um Rache an ehemaligen Feinden zu nehmen. Dabei ist dort, wohin die beiden sich im Wochenendverkehr treiben lassen, sowieso bereits alles zerstört. NEBO POD OSIJEKOM (The Sky Below Osijek, Zvonimir Jurić, Kroatien 1996, 3.12.) Osijek, Slawo-nien, Ostkroatien – die Heimatstadt des Filmemachers. Ein Ort in der Provinz. Bereits vor dem Krieg war hier wenig los. Jetzt wollen die jungen Leute weg. Leben kann man hier aber trotzdem. NEMAM TI STA RECI LIJEPO (I Have Nothing Nice to Say to You, Goran Dević, Kroatien 2006, 3.12.) Vor 14 Jahren wurde Ljubica, Tochter einer montenegrinischstämmigen Kroatin, umgebracht. Der Mörder setzte sich nach Kanada ab. Rekonstruktion eines ethnisch motivierten Verbrechens in einer Kleinstadt. JURIC: TVRĐA 1999 (Jurić: Fortress 1999, Zvonimir Jurić, Kroatien 1999, 3.12.) Festung Osijek. Erbaut von Österreich-Ungarn an der damaligen Grenze zum Osmanischen Reich. Ein Ort, der Geschichte und Tod atmet. Mauern, die immer wieder zum Schauplatz von Kriegen wurden. Ein Ortstermin, hinter dessen nüchterner Fassade die Vergangenheit an den Tag kommt. UVOZNE VRANE (Imported Crows, Goran Dević, Kroatien 2004, 3.12.) Die Bewohner einer Kleinstadt versuchen, eine zugewanderte, vermeintlich bedrohliche Krähenvogelspezies auszurotten. Was, wenn hier fremde Menschen ankämen? Eine ungewöhnlich reale Metapher für Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. DVIJE PECI ZA UDARNIKA JOSIPA TROJKA (Two Furnaces for Udarnik Josip Trojko, Goran Dević, Kroatien 2012, 3.12.) Das Stahlwerk in Sisak gehörte einst zu den Vorzeigeprojekten der jugoslawischen Industrialisierungsbestrebungen. Einst speisten hier 10.000 Arbeiter in 40 Kantinen. Anfang der 90er Jahre, als ein amerikanisch-jugoslawisches Joint-Venture-Unternehmen das Werk übernahm, fanden noch 800 Arbeit. Ein Jahr später war endgültig Schluss. Eine Polemik. TRI (Three, Goran Dević, Kroatien 2008, 4.12.) Drei Männer – drei Schicksale. Ehemalige Soldaten erzählen, wie sie den Krieg erlebten und verdrängten. Und wie doch Erinnerung und Schuldgefühle hochkommen. Drei Beichten, protokolliert auf Autofahrten durch schöne Landschaften mit schrecklicher Vergangenheit. SRETNA ZEMLJA (Happy Land, Goran Dević, Kroatien 2009, 4.12.) Richtung Westen begeben sich Veteranen und junge Sympathisanten der kroatischen Ultrarechten ins österreichische Bleiburg, um der Opfer eines Massakers an vermeintlichen und wirklichen Anhängern des faschistischen Führers Ante Pavelić nach Ende des Zweiten Weltkriegs zu gedenken. In Kumrovec versammeln sich ehemalige und potentielle zukünftige Gegner: Veteranen der Partisanenarmee und Jugo-Nostalgiker, die an Josip Broz Titos Geburtsort pilgern. Eine Geisterbeschwörung der totalitären Ideologien mit Volksfestcharakter – mit Sinn für Details beobachtet Dević, wie die Dämonen der Vergangenheit aus dem Reich der Mythen und dem Cast ironischer Witze in die Gegenwart zurückkehren. (bb)

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