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"What Do We Know When We Know Where Something Is?" Diese Frage begleitet das Programm in diesem Jahr. Galerie, Museum, Theater oder Kino – die Diskussion um das Verhältnis des Films zu anderen Künsten hat sich meist der Frage des Dispositivs gewidmet. Der Präsentationsraum entfachte endlose Debatten über Herkunft und Identität des Mediums und über Deutungshoheiten, nicht weniger als dies die digitalen Technologien ausgelöst haben. In der Filmgeschichte war stets die nationale Herkunft einer Produktion eine bestimmende Kategorie, die die Idee eines "Weltkinos" hervorgebracht hat. Die geschriebene, ebenso wie die ungeschriebene Filmgeschichte geben Zeugnis über geopolitische Abhängigkeiten und Beziehungen, die auch die Verortung des Kinos im jeweiligen künstlerischen und kulturellen Umfeld betrifft. In Kooperation mit der Allianz Kulturstiftung veranstaltet Forum Expanded in der Berlinischen Galerie eine zweite Ausgabe des Kongresses "Think:Film", der den Begriff des Experimentellen als Form des Denkens und weniger als Genre versteht. Der Frage des Ortes als Kategorie widmen sich Gäste wie Vinzenz Hediger, Tarek Elhaid, Laura Mulvey, Gertrud Koch, Ala Younis, Heinz Emigholz und viele andere Film- und KunstwissenschaftlerInnen, KuratorInnen, FilmemacherInnen und KünstlerInnen. Unter ihnen sind zahlreiche VertreterInnen aus dem arabischen Raum, wo in diesem Jahr auch ein Viertel der künstlerischen Beiträge entstanden ist. Vor dem Hintergrund der politischen Umbruchsituation sind hier Diskussionen um internationale Abhängigkeiten und Machtverhältnisse derzeit besonders virulent und produktiv in der Art und Weise, wie sie das westliche Denksystem Kino hinterfragen. Im Rahmen von "Think:Film" vergibt Forum Expanded erstmals einen Preis, der eine Präsentation der ausgezeichneten Arbeit im Arsenal in Berlin und in der in Gründung befindlichen Cimatheque in Kairo beinhaltet. Doch nicht nur in Orts-, auch in Zeitkategorien denkt sich das Kino neu. Vor allem das mittellange Format scheint jenseits aller Normierungen eine neue künstlerische Freiheit zu bieten. Überdurchschnittlich viele filmische Arbeiten des diesjährigen Programms, ob digital, im 16-, 35-, oder sogar 70-mm-Format, bewegen sich in einer Länge zwischen 20 und 60 Minuten. Dabei lassen sie Kategorien wie Dokumentar-, Spiel-, Experimental- oder Kunstfilm hinter sich, um eine zeitgenössische Filmsprache zu entwickeln, die der Komplexität ihrer Erfahrungswelt Rechnung tragen kann. Eine neu eingerichtete – entsprechend kurze – Programmschiene wirft Licht auf diese Entwicklung. Sie gibt den einzelnen Werken Raum zum Atmen und zum ausführlichen Gespräch. So freuen wir uns z.B. auf die Premiere von Bruce LaBruces PIERROT LUNAIRE mit Susanne Sachsse in der Hauptrolle. Mit ihnen und dem Dirigenten Premil Petrovic wird Diedrich Diederichsen ein Gespräch führen. Im HAU Hebbel am Ufer und in der Berlinischen Galerie wird neu entdecktes Material aus dem Nachlass von Jack Smith, legendärer US-amerikanischer Performer, Filmemacher und queere Ikone, präsentiert. Das vom Filmrestaurator Jerry Tartaglia kuratierte und präsentierte Programm, das durch die freundliche Unterstützung der Gladstone Gallery, New York/Brüssel möglich gemacht wird, umfasst unter anderem Aufnahmen des im September verstorbenen Drag-Performers und Andy-Warhol-Superstars Mario Montez. Es ist uns eine besondere Freude, dass der Musiker John Zorn zu einigen Filmen im HAU Platten aus der Sammlung von Jack Smith auflegen wird. Außerdem präsentieren wir neue Arbeiten der folgenden FilmemacherInnen und KünstlerInnen: Im Kino: Gheith Al-Amine, Monira Al Qadiri, Kush Badhwar, Wojciech Bąkowski, Mareike Bernien/Kerstin Schroedinger, Felipe Bragança/Helvécio Marins Jr, Roy Dib, Omer Fast, Philipp Fleischmann, Dani Gal, Stefanie Gaus/Volker Sattel, Friedl vom Gröller, Juliane Henrich, Margaret Honda, Shambhavi Kaul, Chris Kennedy, Marie Losier, Maha Maamoun, Marcin Malaszczak, Ahmed Mater, Jasmina Metwaly, Laura Mulvey/Faysal Abdullah/Mark Lewis, Joe Namy, Jakrawal Nilthamrong, Branwen Okpako, Amie Siegel, The Youngrrr. In den Ausstellungen: Heba Amin, Yael Bartana, Hannes Böck, Harun Farocki, Azin Feizabadi, Robert Fenz, Tyler Hagan, Malak Helmy, Judith Hopf, Ken Jacobs, Jakrawal Nilthamrong, Firas Shehadeh, Minze Tummescheit/Arne Hector, Clemens von Wedemeyer. Wieder mit dabei sind auch die regelmäßigen Gäste im Filmhaus: der Bücherstand des Kreuzberger Kollektivs b_books und die gastronomischen und gärtnerischen Angebote des Prinzessinnengartens. Forum Expanded wird kuratiert von Stefanie Schulte Strathaus (Leitung), Anselm Franke, Nanna Heidenreich, Bettina Steinbrügge und Ulrich Ziemons. (stss)

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