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Zwei Filme von Georg Wilhelm Pabst eröffnen und beschließen das Festival: KAMERADSCHAFT (D 1931, 22.9.) ist ein Appell zur Völkerverständigung zu einer Zeit, als in Deutschland die Nationalsozialisten mit revanchistischen Parolen aufrüsteten: Nahe der deutsch-französischen Grenze helfen deutsche Bergarbeiter unter Lebensgefahr ihren französischen Kumpels nach einem Grubenunglück. Neben der eindringlichen Botschaft bleiben vor allem die klaustrophobischen Bilder aus dem eingestürzten Stollen hängen. DU HAUT EN BAS (F 1933, 25.9.) ist hingegen ein vergnüglicher Unterhaltungsfilm, den G.W. Pabst im französischen Exil mit Jean Gabin in der Hauptrolle drehte, der hier einen Fußballstar spielt. Viele Mitemigranten finden sich vor und hinter der Kamera wieder in diesem Reigen um die Bewohner eines Pariser Mietshauses, z.B. Peter Lorre. Dieser ist auch im Werk des ebenfalls später emigrierten Alexis Granowsky DIE KOFFER DES HERRN O.F. (D 1931, 25.9.) zu sehen, an der Seite von Hedy Lamarr. Mit dem Farbfilm ROSE BERND (Wolfgang Staudte, BRD 1957, 23.9.) greift das Filmprogramm ein Thema der das Festival begleitenden Tagung auf: Welche Schwierigkeiten sind bei der Digitalisierung analoger Filme z.B. hinsichtlich materialabhängiger Farberscheinung zu beachten? Vier Werkstattgespräche, die im Rahmen der Tagung stattfinden, widmen sich dieser und anderen technisch-ästhetischen Fragen, die sich bei der Digitalisierung von Filmen stellen, und bieten eine gute Möglichkeit, sich einführend über technische Verfahren und Entscheidungsprozesse zu informieren. Experimentalfilme, die in besonderer Weise ihre eigene Materialität thematisieren, stellen eine besondere Herausforderung dar. Zudem stehen sie als "Randerscheinungen" der kanonisierten Filmgeschichte nicht im Fokus der eher auf Klassiker konzentrierten Digitalisierungsprojekte. Die Digitalisierung von ULIISSES (Werner Nekes, BRD 1982, 23.9.) ist in dieser Hinsicht ein einzigartiges Beispiel. Der Avantgardefilm, der Motive aus Homers "Odyssee" und James Joyces "Ulysses" aufnimmt, ist eine Entdeckungsreise in das Universum der Bilder, unterstützt von Underground-Ikonen wie Tabea Blumenschein, Anthony Moore und Helge Schneider. Im selben Jahr wie ULIISSES schuf Rainer Simon im anderen Teil Deutschlands ein visuell und erzählerisch ebenso anspruchsvolles Werk – DAS LUFTSCHIFF (DDR 1982, 22.9.): Der Phantast und Erfinder Stannebein verfolgt seinen Traum, ein Windmühlenluftschiff zu bauen, landet dabei im Spanischen Bürgerkrieg und schließlich in einer Irrenanstalt, wo er der Euthanasie zum Opfer fällt. Seine ausgefallenen Luftschiff-Visionen bilden eine eigene, zeichnerische Ebene in der Filmerzählung. Ein Zeitpanorama entfaltet auch Helma Sanders-Brahms in DEUTSCHLAND, BLEICHE MUTTER (24.9.), nur, und das war 1982 außergewöhnlich, ist die Geschichte und ihr Blick auf den 2. Weltkrieg und das Nachkriegsdeutschland aus der Perspektive einer Frau erzählt. Der Film wurde 2014 im Rahmen der Berlinale Classics erstmals in der digital-restaurierten Fassung gezeigt und kann im Rahmen von Film:ReStored noch einmal betrachtet werden. Der WILLI-BUSCH-REPORT (Niklaus Schilling, BRD 1979, 24.9.) spielt einige Jahre später in einer konsolidierten Bundesrepublik: Der findige Reporter Willi Busch (Tilo Prückner), im Schatten der deutsch-deutschen Grenze abgehängt von weltbewegenden Ereignissen, schafft sich schließlich seine Sensationen selbst, mit denen er sein Provinzblatt am Leben halten will.

Auch für Kinder bietet Film:ReStored zwei Veranstaltungen an: SABINE KLEIST, 7 JAHRE … (Helmut Dziuba, DDR 1982, 25.9.) folgt der kleinen Heim-Ausreißerin Sabine zwei Tage und zwei Nächte auf ihren Streifzügen durch Berlin – ein DEFA-Kinderfilmklassiker, der nun in digitalisierter Form vorliegt. Mit "Spiel der Steine" stellt das Frankfurter Filmmuseum einen Workshop für Fünf- bis Siebenjährige vor, ausgehend von einem Film von Jan Švankmajer.

Die Tagung, die die Filmvorführungen rahmt, widmet sich mit Vorträgen, Podiumsrunden und Praxisbeispielen dem Erhalt und der nachhaltigen Digitalisierung des Filmerbes – eine der größten kulturellen Herausforderungen der Zeit. Experten (u.a. Peter Dinges, Michael Hollmann, RP Kahl, Rainer Rother, Thorolf Lipp) und internationale Gäste aus den USA (Paolo Cherchi Usai), Frankreich (Eric Le Roy) und Schweden (Jon Wengström) berichten über Strategien und Erfahrungen bei der Digitalisierung des Filmerbes. Nicht zuletzt sollen die technischen und ethischen Kriterien der unterschiedlichen Strategien und Herangehensweisen diskutiert werden.

Die Kommunalen Kinos sind bei der Sichtbarmachung und Vermittlung des Filmerbes wichtige Partner der Archive: Sie zeigen nicht nur Klassiker, sondern umfassende Werkschauen, the-matische Retrospektiven und Programme mit Kurz- und Experimentalfilmen. Für dieses kontinuierliche Engagement zeichnet der Kinematheksverbund seit 2000 jährlich Kommunale Kinos mit dem Kinopreis aus. Die Verleihung des Kinopreises des Kinematheksverbundes findet im Rahmen von Film:ReStored am 24.9. statt. Erstmalig wird in diesem Jahr der "Lotte-Eisner-Preis" in Höhe von 6.000 Euro für ein besonders herausragendes Kinoprogramm verliehen. (ah)

Film:Restored wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und findet in Kooperation des Kinematheksverbundes, der FIAF und dem Arsenal – Institut für Film und Videokunst statt.

Gefördert durch:

  • Logo des BKM (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien)
  • Logo des Programms NeuStart Kultur