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THE MIRACLE WOMAN (USA 1931, 2. & 6.1.) Florence Fallon (Barbara Stanwyck) verliest wenige Minuten nach dem Tod ihres Vaters dessen letzte Predigt in der Kirche, in der er bis zu seiner Entlassung als Gottesmann wirkte. Während die der Scheinheiligkeit bezichtigte Gemeinde eilig den Raum verlässt, wittert Bob Hornsby – beeindruckt von der Kraft von Fallons emotionaler Predigt – ein Geschäft. Er baut Florence zur Evangelisten-Starpredigerin auf, die in einer großen Show "Vertrauen" aus einem Löwenkäfig predigt. Capras kritischer Film nahm Bezug auf eine damals bekannte Evangelistin und zeigt Religion als große Geldmaschine: "Religion is great if you can sell it, no good if you give it away." THE MIRACLE WOMAN war der zweite von ins-gesamt fünf gemeinsamen Filmen von Frank Capra und Barbara Stanwyck.

MR. SMITH GOES TO WASHINGTON
(USA 1939, 3. & 7.1.) Der Industriemagnat und Medienmogul Jim Taylor (Edward Arnold) sucht mit Hilfe des von ihm abhängigen Senators Joseph Paine (Claude Rains) nach einem leicht lenkbaren Kandidaten für einen vakanten Senatorenposten. Die Wahl fällt auf den Pfadfinderführer Jefferson Smith (James Stewart) aus Montana. Der macht sich mit viel Idealismus und Enthusiasmus in Washington an die parlamentarische Arbeit, wird aber bald durch seine zynische, abgestumpfte Sekretärin Clarissa Saunders (Jean Arthur) und die von Intrigen und Abhängigkeiten bestimmte politische Realität ernüchtert: Sein Plan eines nationalen Jugendlagers kollidiert mit dem Bau eines Staudamms, den zwar niemand braucht, der aber Taylor hohe Rendite bringt. MR. SMITH ist eine Weiterführung von MR. DEEDS GOES TO TOWN und zeigt erneut einen naiven integren Mann aus der Provinz, der trotz der Macht von Wirtschaftslobbyisten, Medienkampagnen und korrupten Politikern an seinen Idealen festhält. Frank Capras 25. und letzter Film für Columbia wurde ein großer Publikumserfolg, obwohl ihm von offizieller Seite vorgeworfen wurde, kurz nach Ausbruch des 2. Weltkriegs Kritik am demokratischen System der USA zu üben und somit dem Ansehen der Vereinigten Staaten zu schaden.

THE BITTER TEA OF GENERAL YEN (USA 1933, 4. & 6.1.) ist ein komplexes Melodram vor dem Hintergrund des Chinesischen Bürgerkriegs Ende der 1920er Jahre: Der Rebellen-General Yen verschont die Frau eines US-amerikanischen Missionars, Megan Davis (Barbara Stanwyck), und lässt sie in seinen Palast bringen. Nach anfänglicher Ablehnung ("You yellow swine!") fühlt sich Megan zunehmend auch von Yen angezogen. Der für Capra eher ungewöhnliche Film bedient sich der Klischees und Rassismen der Zeit, um zum Ende eine erstaunliche Wendung zu nehmen. Da asiatische Hauptfiguren damals in Hollywood üblicherweise auch von Weißen dargestellt wurden, verkörperte der dänische Schauspieler Nils Asther den General. Als einzige Asiatin wurde die Japanerin Toshia Mori als Yens Konkubine besetzt. Die Verbindung einer weißen Missionarin mit einem asiatischen Warlord führte zu Protesten und der Film konnte u.a. in England erst nach der Umsetzung von Schnittauflagen gezeigt werden. Eine 1950 beantragte Wiederaufführung des Films wurde durch den 1934 in Hollywood durchgesetzten und bis in die 60er Jahre gültigen Motion Picture Production Code aus ähnlichen Gründen verhindert.

ARSENIC AND OLD LACE (USA 1944, 1.1.) Kurz vor dem geplanten Aufbruch in die Flitterwochen entdeckt der Schriftsteller Mortimer Brewster (Cary Grant) eine Leiche im Haus seiner beiden betulichen alten Tanten Abby und Martha. Er erfährt, dass die liebenswert-schrulligen Damen durch mit Arsen versetzten Holunderwein bereits ein Dutzend alleinstehende, ältere Herren "Gott näher gebracht" haben. Für die Leichenbeseitigung im Keller sorgt Mortimers geisteskranker Bruder Teddy, der sich für Theodore Roosevelt hält und die Gräber als neue Schleusen für den Panama-Kanal deklariert. Während Mortimer versucht, Teddy in die Nervenheilanstalt zu bringen, will das schwarze Schaf der Familie, Mortimers polizeilich gesuchter Bruder Jonathan zusammen mit seinem Komplizen Dr. Einstein (Peter Lorre) im Haus der Tanten untertauchen und sich dort ihres letzten Mordopfers entledigen.

STATE OF THE UNION (USA 1948, 5.1.) Die mächtige Zeitungsverlegerin Kay Thorndyke überredet ihren Geliebten, den Flugzeugfabrikanten Grant Matthews (Spencer Tracy), als Quereinsteiger Präsidentschaftskandidat der republikanischen Partei zu werden. Um möglichen Enthüllungen über seine Affäre vorzubeugen, soll Matthews' Frau Mary (Katharine Hepburn) in die Kampagne einbezogen werden. Unter Marys Einfluss entwickelt er ein Programm, das nicht im Sinn seiner republikanischen Berater ist: allgemeine Krankenversicherung, Entlastung der Armen, Bekämpfung der Obdachlosigkeit, Schaffung einer zum Überleben der Menschheit notwendigen Weltregierung. Die politische Realität zwingt ihn aber bald zu Entscheidungen, die seine Integrität gefährden, weil die Delegierten, von deren Votum seine Nominierung abhängt, für ihre Unterstützung Gegenleistungen verlangen. STATE OF THE UNION, eine Variation der zentralen Themen aus MEET JOHN DOE um Medienmacht, Manipulationen und politische Intrigen mit aktueller Brisanz, gilt als letzter "echter" Capra-Film.

MR. DEEDS GOES TO TOWN (USA 1936, 7.1.) Longfellow Deeds (Gary Cooper) führt als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr ein beschauliches Leben in Mandrake Falls, spielt Tuba in der Dorfkapelle und schreibt Glückwunschkarten-Verse, bis ihn der Antritt einer 20-Millionen-Dollar-Erbschaft nach New York City führt. Das Millionenerbe weckt Begehrlichkeiten, unter anderem vermarktet die Boulevard-Reporterin "Babe" Bennett (Jean Arthur) exklusiv ihre Erlebnisse mit dem "Cinderella Man", der sich ahnungslos in sie verliebt hat. Nach einer Begegnung mit notleidenden Farmern beschließt er, sein Vermögen unter Bedürftigen zu verteilen, was die Verwandten veranlasst, seine Entmündigung anzustrengen, um selbst das Erbe antreten zu können. Vor Gericht stellt Deeds Begriffe wie Verrücktheit, Normalität, Vernünftigkeit und gesunden Menschenverstand in Frage und hält ein furioses Plädoyer für Weitherzigkeit, Toleranz und Offenheit gegenüber Andersartigkeit.

A HOLE IN THE HEAD (USA 1959, 8.1.) Tony Manetta (Frank Sinatra), alleinerziehender Vater eines elfjährigen Sohns, will den Traum von einem mondänen Lebensstil immer noch nicht aufgeben, obwohl er mit seinem kleinen verschuldeten Hotel in Miami vor dem Ruin steht und zum wiederholten Mal seinen Bruder Mario (Edward G. Robinson), der Tonys lockeren Lebenswandel missbilligt ("A bum!"), um finanzielle Unterstützung bitten muss. Dieses Mal knüpft Mario seine Hilfe an eine harte Bedingung: Geld gibt es nur, wenn Tonys Sohn fortan in geordneten Verhältnissen aufwächst, sprich, entweder in die Obhut von Mario und seiner Frau nach New York kommt oder aber Tony erneut heiratet. Zum Beispiel die wohlhabende Witwe Mrs. Rogers. Nach achtjähriger Abwesenheit von Hollywood gelang es Frank Capra in seiner ersten Produktion in Farbe und Cinemascope, dem moralischen 50er-Jahre-Plot der Broadway-Vorlage eine capraeske Wendung zu geben, indem der leistungsorientierte Bruder Mario zur Einsicht gelangt, dass Arbeit, Geld und "geordnete Verhältnisse" vielleicht doch nicht die entscheidenden glückbringenden Werte im Leben sind.

WHY WE FIGHT 2: THE NAZIS STRIKE (Frank Capra, Anatole Litvak, USA 1943, 9.1., Einführung: Fabian Tietke) Die siebenteilige Serie von "Informationsfilmen", Why We Fight, war ursprünglich nur für interne Vorführungen der US-Armee gedacht und sollte nach Maßgabe des ranghöchsten Offiziers, Chief of Staff General George C. Marshall, den Soldaten erklären, warum sie tausende Kilometer entfernt kämpfen und ihr Leben riskieren sollten. Auf Wunsch von Roosevelt und Churchill wurden die Filme auch in andere Sprachen übersetzt und in mehreren Ländern einer breiten Öffentlichkeit im Kino vorgeführt. THE NAZIS STRIKE beschreibt die deutschen Anstrengungen, die Weltherrschaft zu erlangen und die kriegerische Eroberungspolitik seit 1863. Der Film zeigt die Rolle des geopolitischen Instituts in München für die deutschen Welteroberungspläne und Deutschlands kriegerische Ausrichtung zwischen 1933 und 1939: Aufrüstung, Wehrpflicht, Remilitarisierung des Rheinlands, den "Anschluss" Österreichs, die Besetzung der Tschechoslowakei und den Krieg gegen Polen.

YOUR JOB IN GERMANY (USA 1945, 9.1.) wurde nach der Kapitulation der Wehrmacht fertiggestellt und sollte die US-amerikanischen Besatzungssoldaten unterweisen, worin ihre Aufgabe in Deutschland besteht. Bilder von malerischen Bauernhöfen und bayerischer Folklore sowie der idyllischen Mittelalterstädte Rothenburg o.d.T. und Dinkelsbühl werden Aufnahmen von NS-Opfern gegenübergestellt: "Don't let it fool you". "They're not sorry they caused the war, they're only sorry they lost it." Drei Kapitel skizzieren das deutsche Weltmachtstreben seit 1863: Otto von Bismarck, Wilhelm II., der Nationalsozialismus. Ein viertes Kapitel dürfe es nicht geben: "We stand guard, that their world conquest disease shall once and for all time come to an end. That is your job in Germany."

WHY WE FIGHT 3: DIVIDE AND CONQUER (Frank Capra, Anatole Litvak, USA 1943, 10.1.) beginnt mit den Kriegserklärungen des Commonwealth an Hitler im September 1939 und schildert den Kriegsverlauf bis Ende Juni 1940: die deutsche Besetzung Dänemarks und Norwegens, die Schlacht um Narvik, die Besetzung Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande, den Kessel von Dünkirchen und den Sieg der Wehrmacht über Frankreich.

WHY WE FIGHT 4: THE BATTLE OF BRITAIN (Frank Capra, Anthony Veiller, USA 1943, 11.1.) Nach der Niederlage Frankreichs war Großbritannien im Sommer 1940 als einzig verbliebener Gegner das nächste Ziel von Hitlers Eroberungspolitik. Der Film beschreibt die deutschen Pläne zur Besetzung der Insel sowie in beeindruckenden Luftkampfaufnahmen den Verlauf der Luftschlacht um England.

WHY WE FIGHT 5: THE BATTLE OF RUSSI
A (Frank Capra, Anatole Litvak, USA 1943, 12.1.) Der aus zwei Teilen bestehende Höhepunkt der Serie ist eine rare US-amerikanische Huldigung an die Sowjetunion und die Rote Armee. Teil 1 beginnt mit lobpreisenden Zitaten hochrangiger US-Generale ("the greatest military achievement in all history", Douglas MacArthur) und einer Aufzählung erfolgreicher russischer Abwehr von Invasoren seit dem 13. Jahrhundert. Der Kommentar unterstreicht die beeindruckende Größe, die Diversität und den Reichtum des Landes – ein Sechstel der Erde, 193 Millionen Menschen, 100 Sprachen – sowie den heroischen Kampf der Rotarmist_innen und Partisan_innen zwischen Juni und Dezember 1941. Teil 2 setzt mit der sowjetischen Gegenoffensive vor Moskau ein und endet im Frühjahr 1943. Der Film bietet eine Vielzahl hierzulande wenig gezeigter Aufnahmen, unter anderem von der Blockade Leningrads, und einen interessanten Perspektivwechsel für in Deutschland sozialisierte Menschen. Das Bildmaterial entspricht nicht dem bekannten Blick der Propagandakompanien der Wehrmacht, und die Zerschlagung der 6. Armee bei Stalingrad wird einmal nicht als "Tragödie" dargestellt, sondern als das, was es für den großen Rest der Welt bedeutete: ein Grund zum Feiern. Als die Rote Armee die Einkesselung der deutschen Truppen vollendet, fallen sich die Solda
t_innen des Nord- und des Südkeils freudig in die Arme.

YOU CAN'T TAKE IT WITH YOU (USA 1938, 20.1.) Der Titel des gleichnamigen Bühnenstücks ist auch das Leitmotiv von Frank Capras Adaption: "Man kann nichts mitnehmen." Der Film ist ein Hohelied auf den gegenwärtigen Augenblick und die Kostbarkeit des Lebens und preist die Verspieltheit, den Nonkonformismus und die Freiheit, das zu tun, wonach einem der Sinn steht, fern von Rentabilitätsdenken und Arbeitszwängen. Das erste "Hippie Movie" nannte Frank Capra rückblickend YOU CAN'T TAKE IT WITH YOU, das in einer selten leichten Art Kritik an einem kapitalistischen System artikuliert, in dem die Menschen meist nicht mehr sind als ein Rädchen im Getriebe, und das in einer einzigartigen Mischung aus Warmherzigkeit, Witz und Engagement eine Utopie aufscheinen lässt. Martin Vanderhof (Lionel Barrymore) kehrt eines Tages auf dem Weg zur Arbeit um und widmet sich seither nur noch dem, was ihm sinnvoll erscheint und Spaß macht. Freunde und Familie ermuntert er mit einem Zitat aus dem Matthäus-Evangelium, dasselbe zu tun: "Seht die Lilien auf dem Felde … Sie säen nicht, sie ernten nicht und der liebe Gott nährt sie doch." So wird in dem großen, offenen Haus gemalt, getanzt, musiziert und mit Explosivstoffen hantiert. Kompliziert wird es, als sich Vanderhofs Enkelin Alice (Jean Arthur) in Tony (James Stewart), den Sohn des Wall-Street-Magnaten A.P. Kirby (Edward Arnold), verliebt. Der benötigt für die Expansion seiner Rüstungsfabrik das Vanderhofsche Grundstück. (hjf)

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