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Specters of Freedom – Cinema and Decolonization

Die sechs Filme auf dieser DVD-Ausgabe zeigen exemplarisch, wie die Entkolonialisierung einer Welt, die von jahrhundertelanger, europäischer Hegemonie über weite Teile des globalen Südens geprägt ist, auch zu einer Sache des Kinos wurde. Wenngleich sich der Titel „Specters of Freedom“ auf die gespenstische und unbändige Natur aller Filme beziehen lässt, besonders wenn sie aus einem Archiv genommen und zu neuem Leben erweckt werden, so verweist er hier auch darauf, dass die koloniale Vergangenheit unsere Gegenwart weiterhin heimsucht. Die politische und poetische Verve dieser Filme – hier erstmalig auf DVD veröffentlicht – ist alles andere als überholt.



DVD 1

MUEDA, MEMÓRIA E MASSACRE (Mueda, Memory and Massacre) Ruy Guerra, Mosambik 1979–80, 75 min

ESTAS SÃO AS ARMAS (These Are the Weapons) Murilo Salles, Mosambik 1978, 59 min

REASSEMBLAGE Trinh T. Minh-ha, USA 1982, 40 min



DVD 2
LA ZERDA ET LES CHANTS DE L’OUBLI (The Zerda and the Songs of Forgetting) Assia Djebar, Algerien 1982, 59 min

DEIXEM-ME AO MENOS SUBIR ÀS PALMEIRAS (At Least Let Me Climb the Palm Trees) Joaquim Lopes Barbosa, Mosambik 1972, 71 min

MONANGAMBEEE Sarah Maldoror, Algerien 1969, 15 min

Bonusmaterial 44-seitiges Booklet (Englisch)

DVD-Infos
Sprachen: Arabisch, Englisch, Französisch, Makonde, Portugiesisch, Xironga

Untertitel: Englisch

Ländercode: code-free

System: PAL s/w, Farbe

Bildformat: 4:3 
Laufzeit: 311 min

Tonformat: DD 2.0 
Preis: 16,90 €                                             



MUEDA, MEMÓRIA E MASSACRE (Mueda, Memory and Massacre)

Einer der ersten Filmemacher, die nach der Unabhängigkeit eingeladen wurden, in Mosambik zu drehen, war Ruy Guerra, gebürtig in Mosambik, bekannt geworden jedoch als eine zentrale Figur des brasilianischen Cinema Novo. Sein Film MUEDA, MEMÓRIA E MASSACRE lief 1981 im Berlinale Forum. Zu sehen ist ein Stück anti-kolonialer Erinnerungsarbeit, ein öffentliches, von Laien in Szene gesetztes Re-Enactment des von den Portugiesen verübten Massakers von Mueda (1960). Das Ereignis galt in der späteren Geschichtsschreibung als Auslöser des bewaffneten Widerstands in Mosambik und wurde schon während der Kolonialzeit in populären Re-Enactments regelmäßig erinnert. Ruy Guerra drehte MUEDA mit einem durchaus dokumentarischen Interesse für diese theatrale Erinnerungspraxis. In der späteren Vermarktung als „erster mosambikanischer Spielfilm“ zeigte sich bereits ein Deutungskonflikt an, der auch bald zu einer komplizierten Zensurgeschichte des Films führte. 
 


ESTAS SÃO AS ARMAS (These Are the Weapons)

Der von dem Brasilianer Murilo Salles aus Archivbildern montierte Agitationsfilm ESTAS SÃO AS ARMAS gehörte zu den ersten Produktionen des neu gegründeten Filminstituts in Maputo. 



REASSEMBLAGE 


Trinh T. Minh-has im Senegal gedrehter Erstling REASSEMBLAGE setzt Bild und Ton gegeneinander und dekonstruiert vor allem das stigmatisierende ethnologische Bildarchiv von Afrika, das wir alle im Kopf haben.   



LA ZERDA ET LES CHANTS DE L’OUBLI (The Zerda and the Songs of Forgetting)

Für LA ZERDA ET LES CHANTS DE L’OUBLI verbrachten Assia Djebar und ihr Ko-Autor Malek Alloula ein halbes Jahr in den Archiven von Pathé und Gaumont und sichteten Filmmaterial, das französische Dokumentaristen zwischen 1912 und 1942 gedreht hatten. Ihre Re-Montage sucht in diesen „Bildern eines tötenden Blicks“ nach der Wirklichkeit, die sie gerade nicht zeigen, nach dem Widerstand, der sich „hinter die Maske“ zurückgezogen hat. Auf der Tonspur verbinden sich dazu Poesie, Sprechgesänge und experimentelle Musik zu einem polyphonen Abgesang auf die koloniale Gewalt.



DEIXEM-ME AO MENOS SUBIR ÀS PALMEIRAS (At Least Let Me Climb the Palm Trees)


Einer der wenigen anti-kolonialen Filme, die schon vor der Unabhängigkeit in Mosambik entstanden sind, ist DEIXEM-ME AO MENOS SUBIR ÀS PALMEIRAS von Joaquim Lopes Barbosa. Im Stil eines russischen Avantgardefilms erzählt er von Leiden und Revolte einer Landarbeiterkolonne. Der Film wurde seinerzeit von der portugiesischen Zensur verboten und wird erst seit kurzem in Portugal neu rezipiert. 



MONANGAMBEEE 


„Monangambeee!“ Von Dorf zu Dorf weitergegeben, ließ dieser Schrei in Angola selbst die Mutigsten erblassen. Männer, Frauen und Kinder ergriffen die Flucht und suchten Deckung im Busch. Der Schrei bedeutete soviel wie weißer Tod, zumindest aber Deportation ohne Rückkehr. Früher begleitete er die Ankunft der portugiesischen Sklavenhändler. In den 1960er-Jahren ertönte er als Erkennungszeichen und Signal zum Sammeln für die Volksbefreiungsfront. Eine Frau besucht ihren Mann im Gefängnis. Beim Weggehen verspricht sie ihm ein „Complet“, der Gefängniswärter verrät es dem Direktor. Beruhend auf einem Missverständnis darüber, in welcher Sprache sie spricht, und über die Bedeutung des Wortes, kommt es zu Verhör und Folter.