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Die Regisseurin Narges Kalhor wurde 1984 in Teheran, Iran, geboren. Sie studierte dort Filmregie und visuelle Kommunikation. Sie beantragte 2009 bei einem Festivalbesuch in Deutschland politisches Asyl. In SHAHID reflektiert sie „performativ, fabulierend und dokumentarisch“ die Herkunft ihres Namens und den Geschichten, die daran hängen.

Die Caligari-Jury begründet ihre Entscheidung folgendermaßen:

„Die Entscheidung, welcher Film den Caligari-Filmpreis in diesem Jahr gewinnen soll, ist unserer Jury sowohl schwer als auch leicht gefallen. Sie war schwierig, weil es unter den insgesamt dreißig Filmen des Programms des Forums etliche gab, die einen Preis verdient, und ihn unter anderen Bedingungen auch erhalten hätten. Einfach war sie hingegen, weil wir uns sehr schnell einig wurden, welcher dieser Filme uns am Ende am meisten beeindruckt hat: SHAHID von Narges Kalhor.

Das Leben von Narges Shahid Kalhor dreht sich im Kreis. Eigentlich möchte sie nur ihren ersten Nachnamen Shahid loswerden, der im Iran „Märtyrer“ bedeutet und so auf eine Geschichte patriarchaler Herrschaft und Gewalt verweist. Doch ihr Weg wird in der neuen Heimat von der Bürokratie der deutschen Behörde blockiert, während sie hinter sich buchstäblich vom langen Schatten ihrer Ahnen verfolgt wird. So wie Narges Kalhor ihre Identität zwischen verschiedenen Ländern, Kulturen und Sprachen finden muss, so wechselt auch der Film ständig virtuos die eigenen Register: zwischen Fiktion und Dokumentation; Tragik und Komik; Genrekino und Experimentalfilm; Zeitlupe und Zeitraffer; Film, Film im Film und Behind the Scenes.Konsequent hinterfragt er die eigene Form, immer wieder wird die Fiktion brüchig und neue doppelte Böden tun sich auf. Die Kreisbewegung erweist sich als Spirale in die Untiefen der eigenen Biografie und der kollektiven Vergangenheit.

SHAHID ist ein komplexes, vielstimmiges Werk und trägt doch unverkennbar die Handschrift seiner Regisseurin. Narges Kalhor findet einen Ausdruck für ihre persönlichen Erfahrungen gerade in der kreativen Zusammenarbeit in den verschiedensten Bereichen: sei es im unvorhersehbaren wie geschickt konstruierten Drehbuch mit Co-Autor Aydin Alinejad, der präzisen und einfallsreichen Kameraarbeit von Felix Pflieger, den bewegenden Kompositionen von Marja Burchard, den fließenden Szenenübergängen im Schnitt mit Frank Müller, oder in der Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle zusammen mit ihrem Alter Ego, gespielt von Baharak Abdolifard.

Unsere dreiköpfige Jury hat den Film bereits auf fünf verschiedenen Vorführungen dieser Berlinale gesehen und jedes Mal wurde laut und herzhaft im Kino gelacht.  Obwohl der Film oft von schweren und schmerzhaften Erfahrungen erzählt, spricht er von diesen Themen mit einer großen Leichtigkeit. Das hat uns beeindruckt.

SHAHID ist ein Befreiungsschlag aus den Zwängen von Konvention und Tradition, ein Film, nach dem alles möglich zu sein scheint. Wir sind sehr gespannt, welche weiteren Wege Narges Kalhor gehen wird und beglückwünschen sie und ihr ganzes Team zu diesem Werk.“

Der preisgekrönte Film hatte am 16. Februar 2024 seine Weltpremiere im Delphi Filmpalast in Berlin.

Der von den Kommunalen Kinos gemeinsam mit dem Streamingdienst filmfriend gestiftete Preis würdigt seit 1986 einen stilistisch wie thematisch innovativen Film aus dem Programm des Berlinale Forum. Er hebt damit die besondere Bedeutung dieser Sektion der Internationalen Filmfestspiele Berlin für die kulturelle Kinoarbeit in Deutschland hervor.

Die Auszeichnung ist mit 4.000 Euro dotiert, wobei die Preisträgerin die Hälfte des Betrages erhält, während die andere Hälfte dem Verleih zugutekommt, um die Kinoauswertung nach dem Festival deutschlandweit zu unterstützen. Die Caligari-Jury 2024 setzte sich zusammen aus Maximilian Grenz (Zeughauskino am Deutschen Historischen Museum), Christiane Schleindl (Filmhaus Nürnberg) und Andreas Vogel (filmfriend.de/cinemalovers).

Interview mit der Regisseurin Narges Kalhor über ihren Film: „Ein Gefühl von Glück auf der einen Seite und ein massives Schuldgefühl auf der anderen“

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