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City Kino Wedding: 
Pioneers of Black British Cinema

Die Filmgeschichte der afrikanischen und karibischen Diaspora in Großbritannien begann in den 1960er Jahren. Während sozialrealistische Filmbewegungen wie das Free Cinema bis dahin vorwiegend Geschichten über die weiße männliche Arbeiterklasse erzählt hatten, entstanden zu dieser Zeit erstmals filmische Auseinandersetzungen mit den Lebensrealitäten von Mig­ran­t*in­nen der sogenannten „Windrush-Generation“, die zwischen 1948 und 1971 aus dem ­britischen Commonwealth in das Vereinigte Königreich einwanderten.

Der jamaikanische Schauspieler Lloyd Reckord kam in den 50er Jahren nach England und ­hinterfragte 1963 in Ten Bob in Winter das britische Klassensystem. Der südafrikanische Anti-Apart­heid-Aktivist Lionel Ngakane flüchtete 1950 ins Exil nach England und offenbarte 1966 in Jemima + Johnny einen versöhnlichen Ausblick auf die rassistischen Tendenzen im Londoner Stadtteil Notting Hill. Der karibischstämmige Musiker Reginald Branch – besser bekannt unter seinem Pseudonym Frankie Dymon Junior – entzauberte in seinem Avantgardefilm Death May Be Your Santa Claus aus dem Jahr 1969 die Hippie-Utopie des „Swinging London“. Diesen selten gezeigten Kurzfilmen von Reckord, Ngakane und Dymon Junior widmete das British Shorts Film Festival 2018 die Retrospektive „Pioneers of Black British Cinema“ im City Kino Wedding. Doch wie die Filmgeschichte zeigen sollte, konnten diese Werke den Filmemachern zu ihrer Zeit keine langfristigen Karrieren in der britischen Filmindustrie eröffnen.
In Kooperation mit Arsenal on Location wird die Filmreihe Pioneers of Black British Cinema nun gewissermaßen fortgesetzt und präsentiert eine Auswahl von wegweisenden Werken, die zwischen den 70er und 90er Jahren entstanden sind. Zu dieser Zeit gelang es Filmemacher*innen zunehmend, die vorherrschenden Ideologien der (weißen) Film- und Fernsehindustrie zu hinterfragen und ihnen alternative Bilder eines „Black Britain“ gegenüberzustellen. Insbesondere die „ACTT Workshop Declaration“ und die Gründung des Fernsehsenders Channel 4 im Jahr 1982 ermöglichten neue Finanzierungsmöglichkeiten und Vertriebswege für unabhängige Filmproduktionen. In diesem Umfeld entstanden in den 80er Jahren verschiedene Workshops, darunter Ceddo Film and Video, das Black Audio Film Collective und das Sankofa Film and Video Collective.

Die Auswahl von fünf Filmprogrammen berücksichtigt intersektionale Perspektiven und Auseinandersetzungen mit der (post)kolonialen Geschichte Großbritanniens. In den Werken spiegeln sich die durch die konservative Thatcher-Regierung verursachten Spannungen und die Einflüsse von historischen Ereignissen wie dem Londoner New Cross Fire von 1981 oder den Handsworth Riots von 1985. Unverkennbar ist auch der Einfluss, den diese Filme auf zeitgenössische Regisseur*innen wie Steve McQueen (Small Axe), Amma Asante (Belle), Kahlil Joseph (BLKNWS: Terms & Conditions) oder Barry Jenkins (Moonlight) hinterlassen haben. (Henning Koch)

Das Programm wurde kuratiert von Henning Koch. Mit besonderem Dank an Ngozi Onwurah und Simon Onwurah.+

Im City Kino Wedding, Müllerstraße 74, 13349 Berlin

Gefördert durch:

  • Logo des BKM (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien)

Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds

Die internationalen Programme von Arsenal on Location sind eine Kooperation mit dem Goethe-Institut.