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Karlstorkino Heidelberg: 
Stranger than Digital

In nur zwei Jahrzehnten hat sich das Kino grundlegend verändert: Die analoge 35-mm-Projektion wurde fast vollständig durch digitale Technik ersetzt. Die komplexen Filmprojektoren, deren Bedienung eine eigene Ausbildung erforderte, werden heute kaum noch gebaut – sie gelten als Relikte einer vergangenen Ära.
Anfangs überwog die Euphorie: kein Filmriss mehr, keine Kratzer, schärfere Bilder, geringere Kosten, einfachere Handhabung und somit schnellere Einarbeitung des Personals. Doch bald stellte sich eine neue Frage: Wenn zu Hause die gleiche Bildqualität möglich ist – wozu noch ins Kino gehen? Nur wegen des gemeinschaftlichen Erlebnisses? Dann kam das Gefühl der Nostalgie. Waren die kleinen Imperfektionen des analogen Bildes nicht auch Ausdruck von Leben?
Mittlerweile berufen sich die Befürworter des 35-mm-Films auf mehr als bloße Sentimentalität. Die digitale Schärfe ist oft so hoch, so klinisch präzise, dass dem Auge das weiche, verdichtete Bild des 35-mm-Films fehlt. Digitale Projektion bringt zudem eigene Probleme mit sich – subtile Verzerrungen und Artefakte, besonders bei Kamerabewegungen. Selbst analog gedrehte Filme wirken digital projiziert manchmal leblos.
Eine 35-mm-Kopie hingegen, so zerkratzt oder verblasst sie sein mag, steht in direkter Beziehung zum Original – zu dem Moment, in dem Licht auf Film traf. Sie besitzt eine physische Präsenz. Sie hat Aura.
Das Karlstorkino lädt herzlich ein zu einem Digital-Detox-Wochenende. Gezeigt werden fünf Meisterwerke des Independent Cinema aus den 80er und 90er Jahren, gedreht von Regisseuren, die ihre Karrieren vor dem digitalen Wandel begonnen haben.

Das Wochenende wird von einem vielseitigen Rahmenprogramm begleitet. Vor Beginn der Filmvorführungen besteht die Möglichkeit, unseren Vorführraum zu besichtigen und mehr über die Technik der 35-mm-Projektion zu erfahren. Ein Vortrag widmet sich der Entwicklung und Bedeutung des analogen Films im digitalen Zeitalter. Ergänzt wird das Programm durch einen Workshop zur analogen Fotografie, der auch die Nutzung einer hauseigenen Dunkelkammer umfasst. Ein abschließendes Podiumsgespräch mit Expert*innen bietet Raum für den Austausch über die große Transformation von analog zu digital. (Ferhat Neptun)

Im Karlstorkino Heidelberg

Gefördert durch:

Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds

Die internationalen Programme von Arsenal on Location sind eine Kooperation mit dem Goethe-Institut.