Das osteuropäische Kino hat vielleicht nur einen Star: Andrej Tarkovskij, das russische Genie. In einem Atemzug mit Ingmar Bergman, Robert Bresson und Akira Kurosawa genannt, mit Henri Bergson und Gilles Deleuze analysiert: Der ewige Heimatsucher hat diese inmitten der Weltelite des Kinos und der Philosophie gefunden. Tarkovskij ist Kult, sein Werk steht für Tiefe, Dauer, Transzendenz, für das Dissidentische der Filmkunst vis-à-vis einer verrohten Welt. Auch die Tarkovskij-Retrospektive im Arsenal hat Kultstatus. 2022, im ersten Jahr des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine, wurde sie ausgesetzt. Die temporäre Suspension der russischen Kultur, die ihre Unschuld verloren hat, war und ist mehr als nur symbolische Geste. Sie markiert ein politisch wie historisch begründetes und moralisch gebotenes Umdenken im Umgang mit unangetasteten Kanons, unantastbaren Heroen und dem, was als russische Seele oder russischer Geist firmiert. Nicht zuletzt sind es gerade berühmte Vertreter der Kultur, Tarkovskijs Mitstreiter etwa bei IVANOVO DETSTVO und ANDREJ RUBLEV, die diesen Krieg mittragen oder befeuern und deshalb auf den Sanktionslisten ganz oben stehen: Andrej Končalovskij, Ko-Autor, Nebendarsteller, enger Freund seit Studienjahren und selbst Starregisseur, hält Putin und dessen Regime (wie sein noch berühmterer Halbbruder, ‚Kulturzar‘ Nikita Michalkov) fest die Treue, Nikolaj Burljaev, der Darsteller des Ivan und des jungen Glockengießersohns Boriska, mutierte zum Staatsdiener und vordersten Kämpfer an der patriotisch-chauvinistischen „Kulturfront Russlands“. In Einführungen, Gesprächen und besonders für diejenigen, die Querverbindungen zur Reihe „Ukrainische Träume“ herstellen wollen, lädt das Programm ein zur Befragung der Hegemonie der russischen Kultur. (Barbara Wurm)
Das Programm wurde von Barbara Wurm kuratiert, ist Teil von Arsenal 60 ff. und wird ermöglicht durch eine Förderung des Hauptstadtkulturfonds.
Freier Eintritt für geflüchtete Menschen aus der Ukraine.
Безкоштовний в’їзд для біженців з України.