Direkt zum Seiteninhalt springen
Zahlreiche Personen und Institutionen haben beigetragen, dieses Projekt zu verwirklichen, denen an dieser Stelle gedankt werden soll: Wir bedanken uns vor allem bei den KW, insbesondere beim Kurator dieses Programms, Anselm Franke, bei Gabriele Horn und Katharina Fichtner und freuen uns auf eine langfristige Zusammenarbeit im Rahmen von „Forum expanded“. Außerdem danken wir Ruth Diskin, die von Israel aus an dem Projekt mitgewirkt hat, bei Laurent Trouchot, bei Dieter Kosslick und nicht zuletzt – bei Amos Gitai selbst. Wir beginnen im Anschluss an die Berlinale im Kino Arsenal mit der HOUSE- und der WADI-Trilogie und zeigen außerdem eine Auswahl seiner frühen Super-8-Filme. Die Retrospektive wird bis Ende März fortgesetzt. Amos Gitai, 1950 geboren als Enkel russischer Einwanderer in Haifa, gilt heute als eine zentrale Figur des israelischen Kinos. Seinem Vater Munio Gitai-Weinraub, einem berühmten Bauhaus-Architekten, folgend, widmete er sich allerdings vorerst diesem Gebiet und studierte in seiner Heimatstadt Mitte der siebziger Jahre Architektur. Noch während seiner Studentenzeit nahm er am Yom-Kippur-Krieg als Soldat eines Helikopter-Rettungsteams teil – an seinem 23. Geburtstag wurde er abgeschossen. Gitai überlebte und begann, den Krieg mit der Kamera festzuhalten. Zunächst machte er kurze, abstrakte Momentaufnahmen mit einer Super-8-Kamera, die ihm seine Mutter zum Geburtstag geschenkt hatte. Während dieser Zeit entstanden mehr als 30 Kurzfilme. Obwohl er sein Architektur-Studium später in den USA wieder aufnahm und mit einem Doktortitel abschloss, nennt Gitai es später abwertend eine „formale Übung“. Noch heute betrachtet er den Hubschrauberabsturz als eine entscheidende Zäsur in seinem Leben. Dennoch wird die Architektur zum strukturierenden Element seines filmischen Schaffens. Zentrales Moment dieses Zusammenspiels ist die Übersetzung der HOUSE-Trilogie in eine installative Arbeit, deren komplexes Raum-Zeitgefüge die Koordinaten des
Kinos sprengt. Sein umfangreiches Werk von über 40 Filmen beinhaltet sowohl eine hohe Anzahl an Dokumentarfilmen, Doku-Fictions, als auch an Spielfilmen, deren Anzahl in den letzten 15 Jahren zugenommen hat. Obwohl zunehmend international präsent, waren nur wenige seiner Filme in deutschen Kinos zu sehen. Wir stellen in der Retrospektive, welche sich über den Februar und März streckt, die filmischen Eckpunke seines Schaffens sowie seinen filmischen Werdegang dar. In seinen Filmen ist Amos Gitai stets um eine Perspektive bemüht, die den Aufbau, die Konstruktion, die Balken im Gefüge der Gesellschaft offenbart. Das Thema der Dislokation und des Exils, ein Interesse für die von politischen und ökonomischen Kräften Entwurzelten zieht sich durch Gitais Werk. Schwerpunkt ist dabei die dokumentarische und erzählerische Bearbeitung des israelisch-palästinensischen Konfliktes. Gitais Perspektive ist dabei eine schonungslos politische und gleichermaßen anti-ideologische, sein unverklärter Blick auf die politisch-ökonomisch-militärischen Realitäten bleibt geprägt von einer zutiefst menschlichen Perspektive und der Idee des Dialogs. Durch seine eigene Biografie intensiv mit der Entwicklung des Staates Israel und des Konfliktes verbunden, wurde er zu einem kritischen Chronisten, der in seinen Filmen das scheinbar Unmögliche erreicht – eine kritische Distanz mit der unmittelbaren Nähe der Erfahrung und dem Sinn für die Komplexitäten der Geschichte zu verbinden. Amos Gitais Dokumentarfilme sind unabhängige Produktionen, die aus einer Vielzahl von Quellen finanziert werden – sie sind gleichermaßen in ihrem Geist unabhängig und vermeiden konventionelle Formen, um neue Mittel zum Ausdruck von Ideen und Gefühlen zu entwickeln. Sowohl im Dokumentar- als auch im Spielfilm hinterfragt er durch Mittel wie den plötzlichen Perspektivwechsel die Existenz einer objektiven Wahrheit. Gitai verbirgt sein Engagement nicht, doch zieht er Understatement und Symbole großen Worten und ausschweifenden Handlungen vor. Er überlässt dem Zuschauer, was er in den Bildern sehen will, und steht jenen Dokumentarfilmen skeptisch gegenüber, deren Kommentare dem Zuschauer stets erzählen, was in den Bildern gesehen werden soll. Seit 1977 arbeitete Gitai für das israelische Fernsehen, für welches er 1979 seinen ersten Dokumentarfilm BAIT (The House) drehte, den ersten Film seiner HOUSE-Trilogie. Obwohl eine Auftragsarbeit, verwarf das israelische Fernsehen diesen Film. HOUSE erzählt die Geschichte eines Hauses in Westjerusalem und die seiner Bewohner. Der Film rekonstruiert anhand des
Hauses die Geschichte sowie den Konflikt zwischen Israel und Palästina: Das Haus wird zu einer Metapher, einem Mikrokosmos. In dem zweiten Teil der Trilogie A HOUSE IN JERUSALEM (1998) kehrt Amos Gitai nach fast zwei Jahrzehnten wieder zurück an den Ort und schildert wiederum anhand des Hauses die Geschichte mitsamt ihren Veränderungen der vergangenen Jahre. Der Filmemacher arbeitet hierbei wie ein Archäologe und deckt unter den Schichten der Geschichte ein kompliziertes Labyrinth von Schicksalen auf. Sein jüngster Film NEWS FROM HOME (2006), der in einer Sondervorführung im Rahmen des Internationalen Forums seine Weltpremiere hat, ist der dritte Teil dieser Trilogie. Ein weiteres Mal kehrt Amos Gitai zu dem Haus zurück, und nimmt mit ruhigen Kamerabewegungen die Veränderungen wahr, die in den vergangen Jahren geschahen, und welche im Umfeld des Hause in dem Mikrokosmos der zusammenlebenden israelischen und palästinensischen Gemeinschaft geschahen und geschehen. (BAIT am 21. & 22.2., A HOUSE IN JERUSALEM am 22. & 26.2., NEWS FROM HOME am 23.2.) WADI (1980) ist ein Tal östlich von Haifa, ein ehemaliger Steinbruch, eine Art Enklave osteuropäischer Immigranten, Überlebende der Konzentrationslager, die zusammen mit Arabern in einer fragilen Koexistenz leben. Im Jahre 1981 hielt Amos Gitai die intimen Geschichten von Yussuf und Isha, Iso und Salo, Miriam und Skander, einer arabischen, einer jüdischen und einer arabisch-jüdischen Familie fest, welche zusammen in diesem abgeschiedenen Ort leben. Durch diese Studie über das komplexe Beziehungsgefüge in diesem isolierten Raum wird das Tal charakteristisch für das Zusammenleben zwischen Arabern und Juden. Zehn Jahre später nimmt Amos Gitai die Geschichte dieser Menschen wieder auf. Die damaligen Bewohner sind immer noch da, ihre Lebensumstände haben sich verschlechtert – Gitai spiegelt mit seiner Dokumentation die soziale und politische Situation im Mittleren Osten wieder und schafft ein ungewöhnliches Filmbeispiel in dieser Hinsicht. 20 Jahre später entsteht der dritte Teil dieser Trilogie. Wieder geht Gitai zurückan den Ort interethnischen Zusammenlebens, welcher nun gänzlich zerstört ist, nur Yussuf und seine Frau, quasi die Wächter dieses Ortes mitsamtseiner Geschichte, leben noch dort. Ein Dokumentarfilm, dessen Aufgabe es eigentlich ist, Schritt für Schritt zurück in die Vergangenheit zu gehen und jeden einzelnen Schritt mit den damit verbundenen Veränderungen aufzuzeigen, wird von Gitai in seiner WADI-Trilogie nicht gezeigt, vielleicht, weil Zeit in Israel ein Gebrauchsgut ist, fast sogar ein militärisch-strategisches Mittel. Fast scheint es, dass für die Fantasie alles in einem verkürzten Zeitraum wegen der politischen Konsequenzen stattfinden muss und dass jeder Augenblick so schwer wiegt, sein eigenes ideologisches Modell darstellt und weit reichende historische Auswirkungen hat. WADI GRAND CANYON (2001) setzt sich aus WADI, dem ersten Film, und WADI TEN YEARS LATER (1991) zusammen. Wir zeigen nur die ersten beiden Teile, da WADI gänzlich in WADI GRAND CANYON enthalten ist. (WADI TEN YEARS LATER am 25.2. & 3.3., WADI GRAND CANYON am 27.2. & 5.3.) Mit freundlicher Unterstützung der Botschaft von Frankreich, Arte, der Bundeszentrale für politische Bildung, des Israel Film Fund, der Israelischen Botschaft Berlin, des Jerusalem International Film Festival, Laurent Truchot/Agav Films, des Ministry of Foreign Affairs, Israel, der Rabinowitz Foundation – Cinema Project, Unifrance und United King Films.

Gefördert durch:

  • Logo des BKM (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien)
  • Logo des Programms NeuStart Kultur