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Wir freuen uns, dazu Wilhelm Hein an zwei Abenden als Gast begrüßen zu können. Hein ist seit den 1960er Jahren einer der zentralen Protagonisten der deutschen Experimentalfilmgeschichte. Zusammen mit seiner damaligen Frau Birgit Hein hat er in den 1960er und 70er Jahren die Entwicklung des Formal- und des Materialfilms entscheidend geprägt. In den 1980ern haben Birgit und Wilhelm Hein sich dann in multimedialen Performances und experimentellen Spielfilmen besonders mit den Problematiken und Komplexitäten von Sex und Intimität befasst. Mit der Gründung von X-Screen in Köln 1968 schufen sie eine entscheidende Brücke zwischen Deutschland und der internationalen Underground-Filmszene. Wilhelm Hein ist dem Prinzip Underground bis heute treu geblieben. Die Reihe eröffnet mit dem neuesten Film von Wilhelm Hein, YOU KILLED THE UNDERGROUND OR THE REAL MEANING OF KUNST BLEIBT … BLEIBT … (2006, in einer Fassung speziell für dieses Programm), der 2005 beim European Media Art Festival (EMAF) in Osnabrück den Preis für den besten Experimentalfilm gewonnen hat. Zusammengestellt aus fast 15 Jahren selbst gedrehtem und gesammelten Filmmaterial ist Heins Film ein ganz persönliches Dokument und ein Zeugnis für politisches und ästhetisches Filmschaffen jenseits des Mainstreams. Der Titel des Films bezieht sich auf eine Performance von Jack Smith, die er 1974 in Köln realisiert hat und die im Film als Tonmaterial zu hören ist. YOU KILLED THE UNDERGROUND wird in zwei Teilen gezeigt, sodass in der Pause zwischen den beiden Vorführungen Gelegenheit sein wird, bei einem Glas Wein mit dem Filmemacher ins Gespräch zu kommen und zu diskutieren. (9.12.) Neben seiner Tätigkeit als Filmemacher hat Wilhelm Hein immer eine wichtige Rolle bei der Verbreitung und Vermittlung von Arbeiten anderer Underground-Filmemacher gespielt. In einer Carte Blanche zeigt er Schätze aus seinem privaten Archiv. Er widmet diesen Abend dem Wiener Aktionismus und präsentiert den Skandalfilm SODOMA von Otto Mühl (1969) sowie Aktionsfilme von Kurt Kren. (12.12.) In den letzten beiden Programmen begeben wir uns in die USA: Die Arbeit von George Kuchar und die Filmauftritte Jack Smiths bilden hier die Schwerpunkte. Anfang der 1960er Jahre hatte Kuchar zusammen mit seinem Bruder Mike begonnen, Super-8-Filme zu drehen, in denen sie in der Bronx mit ihren Freunden Hollywoodparodien inszenierten. Nachdem die Filme in Jonas Mekas' "Open Screenings" gezeigt worden waren, entwickelten sich die Kucharbrüder zu integralen Figuren der New Yorker Undergroundszene. Neben einem der späteren Kucharfilme, BACK TO NATURE (1976), zeigen wir zwei kurze, sehr berührende experimentelle Porträts der Kucharbrüder von der jungen New Yorker Filmemacherin Marie Losier: ELECTROCUTE YOUR STARS (mit George Kuchar, 2004) und BED, BATH AND BEYOND (mit Mike Kuchar, 2003). Im gleichen Programm zeigen wir zwei großartige Beispiele eines von Jonas Mekas als "Baudelairian Cinema" bezeichneten Filmschaffens: CHUMLUM von Ron Rice (1963/64) (siehe auch "Kino im Kopf", 28.12.) und Ken Jacobs LITTLE STABS OF HAPPINESS (1958–63). Wie Warhol hat Rice Jack Smith zu seinen Dreharbeiten für Normal Love begleitet. Nach dem Dreh versammelten sich Smith, Drag-Superstar Mario Montez, Beverly Grant und andere noch kostümierte "Creatures" in Ron Rices Wohnung, wo dieser die Gelegenheit nutzte, um einen rauschhaften Farbfilm (seinen einzigen) zu drehen. Die vielen Überblendungen seines Filmes bilden einen starken Kontrast zum nüchternen Stil Ken Jacobs in LITTLE STABS OF HAPPINESS. Schon in den 1950ern hat Jacobs viele kurze Filme gemacht, in denen er Smith' kreativen Wahnsinn und seine herausragende Brillanz als Performer würdigte. LITTLE STABS entstand gewissermaßen als Kurzfassung des 2004 fertig gestellten opus magnum Films STAR SPANGLED TO DEATH (1956–2004, siehe auch "Kino im Kopf" 23.12.). (15.12.) Im letzten der vier Programme zeigen wir George Kuchars charmante, komische und melodramatische "tour de force of underground invention" (Marc Siegel), THE DEVIL'S CLEAVAGE (1975). Diese liebevolle Hommage an das Hollywoodmelodram der 1940er und 50er hat Kuchar als Verweis auf die epischen Qualitäten des Films als seinen eigenen Gone with the Wind bezeichnet. "Douglas Sirk tells us, 'Cinema is blood, tears, violence, hate, death, and love.' Kuchar reminds us that cinema, like life, is also bedpans, earwax, sleazy fantasy, ineptness, compromise, and laughter." (Chuck Kleinhans) (19.12.)

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