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B-52: "Die B-52 war das erste Langstreckenflugzeug, das während des Fluges betankt werden konnte und damit unabhängig war von überseeischen Stützpunkten. Ursprünglich als Träger von Kernwaffen gebaut, wurde er in den 60ern für konventionelle Bomben umgerüstet und extensiv im Vietnam-Krieg, im Golfkrieg, im Kosovo-Krieg sowie in Afghanistan eingesetzt. Der Bomber ist nicht nur die exakte Parabel der Fortdauer des Kalten Krieges, er ist auch die perfekte Metapher für die unermessliche Macht, technische Kapazität und Produktivität einer Nation, die den Großteil des Surplus, das von der Volkswirtschaft, der Arbeit und der Intelligenz erzielt wird, in die Militärmaschinerie steckt." (1.2., in Anwesenheit von Hartmut Bitomsky) "Es hat nach dem Krieg keinen Bildersturz gegeben. Man pflegt die Bilder heute als Dokumente anzuschauen. Ein Bild ist die Maske des anderen", heißt es in Hartmut Bitomskys Kommentar zu DEUTSCHLANDBILDER (zusammen mit Heiner Mühlenbrock, 1983), einer Montage von Ausschnitten aus NS- "Kulturfilmen", die ihrer Instrumentalisierung nicht entrinnen können: "als Dokumente werden sie mit einer doppelten Aufgabe betraut. Sie sollen belegen, wie der Faschismus wirklich gewesen ist, sie sollen sagen, was der Faschismus damals gesagt hat, die alte Botschaft noch einmal. Diesmal aber als Schreckensbotschaft. Und gleichzeitig haben sie gegen sich selbst auszusagen, wie man es mit Agenten macht, die übergelaufen und umgedreht worden sind." Jede von außen herangetragene, noch so gut gemeinte Kritik an den Bildern, so die hier formulierte Einsicht, findet hinter der Maske stets nur eine andere. Mythen, so profan sie auch daherkommen, lassen sich ihre Masken bekanntlich nicht so leicht herunterreißen, Kinomythen schon gar nicht. Will man sie wirksam bekämpfen, muss man sie von innen austreiben. (2.2.) Durch die Arbeit an DEUTSCHLANDBILDER stieß Bitomsky auf eine Fülle von Aufnahmen, die für das Großprojekt nationalsozialistischer Verkehrsplanung warben: die Reichsautobahn, deren Qualitäten jedoch eher im Mythischen denn im Funktionalen lagen. Als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme blieben die Auswirkungen bescheiden. Verkehrspolitisch war sie unsinnig, da die Nazi-Parole von der "mobilen Gesellschaft" vorerst nicht mehr war als eine kühne Vision. Mit einem Straßenbelag, der selbst für LKWs zu dünn war, konnte der Bau der Autobahn auch nicht unter militärstrategischen Gesichtspunkten erfolgt sein. Bitomsky legt in REICHSAUTOBAHN (1986) vielmehr nahe, dass "die Autobahn gleich von Anfang an zu einem künstlichen Gegenstand erhoben wurde: von Malern gemalt, von Fotografen fotografiert, von Dichtern besungen, von Romanciers beschrieben. (…) Die Filme, Gemälde, Fotos, Bücher und Gedichte hielten als ihre Fassade her. Ein potemkinsches Projekt." (Bitomsky) (6.2.) DER VW KOMPLEX (1989) schließt die „Deutschlandtrilogie“ thematisch und chronologisch ab. Aufnahmen von vollautomatischen Produktionsprozessen werden mit Bildern aus der Kriegs- und Nachkriegsgeschichte der Käfer-Produktion in Beziehung gesetzt. „Das VW-Werk ist ein Museum der Industrie-Technologie und zugleich schon deren Utopie. Die alten Werkshallen wirken beinah wie Kathedralen. Die neuen Hallen sind dagegen viel niedriger. Beim Gang durch das Werk verfolgt man die Entstehung eines Automobils und nimmt zugleich Abschied vom industriellen Zeitalter.“ (Bitomsky) (7.2.) "HIGHWAY 40 WEST (1980/81) ist ein Film über eine Reise einmal quer durch Amerika – von Ost nach West, von Atlantic City nach San Francisco. Und es ist eine Reise durch die amerikanische Geschichte, von der Landnahme im Osten bis zu den Goldfunden im Westen. Zugleich ist es ein Film über amerikanische Alltagskultur: Über die Leute, die man auf der Straße trifft, wie sie wohnen und arbeiten, über ihre Städte und Dörfer, die Motels und die Polizei, die Musik und die Waffen, die Hoffnungen und den Schrott. 3000 Meilen Amerika. Neue Welt." (H.B.) (3.2.) IMAGINÄRE ARCHITEKTUR (Der Architekt Hans Scharoun, 1993) ist ein Film über Hans Scharoun, der nach dem Krieg zu einem der wichtigsten Architekten der jungen Bundesrepublik wurde. Mit der Philharmonie und der Staatsbibliothek schuf er enorme öffentliche Bauwerke, die nichts Repräsentatives vermitteln wollten und jedem Pathos abschwören. (3.2.) Im fürs Fernsehen gedrehten Film DIE UFA (1992) untersucht Bitomsky die Verbindung von Kino, Wirtschaft und Politik. In 16 Kapiteln (die etwa von "Gründungsgeschichte", "Expansion und Inflation", "Ungeheuer Frau", "Unsichtbare Wirklichkeiten und Verdunkelung" und "Gefühlskulturen" sprechen) beleuchtet er die Geschichte des deutschen Filmkonzerns, der von 1917 bis 1945 bestand, aber noch bis heute seine Schatten wirft. Von der UFA gedrehte Filme verknüpft Bitomsky mit Machtstrukturen, mit Geld und der Filmpolitik der Nazis. (5.2.) "Das Kino wird mit seinen eigenen Mitteln untersucht. Was dabei herauskommt, ist Kino-Enthusiasmus", steht als Überschrift über einer Trilogie zum Kino. DAS KINO UND DER WIND UND DIE PHOTOGRAPHIE (Sieben Kapitel über dokumentarische Filme, 1991) ist ein Film über Filme, über die Wirklichkeit von Filmen und über Theorien dazu. Der Film besteht aus Zitaten, Filmausschnitten: eine unsystematische Untersuchung, in der das Wichtige neben dem Marginalen stehen darf. (5.2.) DAS KINO UND DER TOD (1988) besteht aus Bitomsky sprechend vor der Kamera und Fotografien, die er von Filmen abgenommen hat. "Keine Filmausschnitte, keine Abschweifungen, keine Ausflüchte." Das Kino ist unablässig mit dem Tod beschäftigt. Es gibt kaum einen Film, in dem nicht mindestens eine Person sterben muss: der Tod ist ein Axiom des Kinos – ein Axiom wie die Liebe, das Verbrechen oder die Realaufnahme. (5.2.) In KINO FLÄCHEN BUNKER (Das Kino und die Schauplätze, 1991) geht es um die Räume, die der Spielfilm im Kino imaginiert. Bitomskys im Kommentar vorgetragene Überlegungen und Assoziationen gelten der Bewegung im Raum als Grundlage jeden Erzählens. Diverse Filme zitierend, erläutert er die klassische Verfolgungsjagd, leere Erinnerungsräume, Wirklichkeitsräume des frühen Neorealismus. Dazu zeigen wir INFRASTRUKTUR BERLIN WEST (1987), der die Orte jenseits der offiziellen Großstadtkultur aufsucht und kommentarlos ihre historische Beredsamkeit vor Augen führt: "Auch dieser Film hatte eine Aufgabe," so Bitomsky: "er sollte von Berlin handeln und ohne die deutsche Sprache auskommen. Wir suchten die Zonen auf, über die früher die Stadt versorgt wurde. Jetzt liegt dort Müll und Abfall. Der Müll ist bunt, die Farben schreien. Das Geschrei ersetzt die Sprache." (8.2.) Außerdem haben wir drei Wunschfilme von Hartmut Bitomsky ins Programm genommen: BAND OF ANGELS (Raoul Walsh, USA 1957) ist ein Bürgerkriegsdrama um die Tochter eines Plantagenbesitzers, die nach dem Tod des Vaters erfahren muss, dass ihre Mutter eine Sklavin war. Anstatt Erbin der Plantage zu werden, gehört sie nun zum Inventar. Doch es kommt zum Happy End: Ein ehemaliger Sklavenhändler kauft sie und gibt ihr die Freiheit. (2.2.) UNE CHAMBRE EN VILLE (Jacques Demy, F 1982) ist ein Melodrama, das 1955 in Nantes spielt und um einen Werftarbeiterstreik und den blutigen Verlauf einer leidenschaftlichen Liebe geht. Wie "Les parapluies de Cherbourg" ist es ein gesungener Film. "Er ist zugleich viel ernster und viel lustiger. Ernster, weil die Figuren ein tragisches Schicksal haben. Sie leben in einer äußerst dramatischen Situation. Lustig, weil die Überspanntheit gewisser Situationen und die sprachlichen Exzesse den Figuren erlauben, sich aus ihrer Lage zu befreien und mit Humor zu reagieren." (Jacques Demy) (7.2.) LOST HIGHWAY (David Lynch, USA 1997) ist eine komplexe Reise ins Unheimliche. Ein von Eifersucht zerfressener Jazzsaxophonist soll seine Frau grausam ermordet haben. Er wird verurteilt und ins Gefängnis gesteckt, wo ihn unerträgliche Kopfschmerzen plagen. Eines Morgens sitzt an seiner Stelle ein junger Mechaniker in der Zelle. Auf freien Fuß gesetzt, beginnt dieser eine Affäre mit der Geliebten eines Kunden, die der Frau des Musikers aufs Haar gleicht. (8.2.)

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