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Dieser Wandel von der psychoanalytischen Introspektive zum Blick auf die äußere Wirklichkeit und ihre sozialen Konflikte nimmt Weiss' Politisierung in den 60er Jahren vorweg. Parallel zur eigenen filmischen Arbeit setzte sich Peter Weiss auch theoretisch mit der Filmkunst auseinander, seine Reflexionen fanden in dem 1956 auf Schwedisch veröffentlichten Buch "Avantgardefilm" ihren Höhepunkt, eine der ersten Abhandlungen ihrer Art. Durch die Analyse einer subjektiven Auswahl von Filmen – beginnend bei Georges Méliès und Abel Gance, über Sergej Eisenstein und die Avantgarde der 20er Jahre bis zum amerikanischen, französischen und schwedischen Experimentalfilm der Nachkriegszeit – beschreibt Peter Weiss die poetische Kraft des Mediums und dessen Möglichkeiten, neue visuelle und akustische Welten zu entdecken. Weiss' Todestag am 10. Mai 1982 jährte sich 2007 zum 25. Mal. Dies ist für das Arsenal der Anlass, seinen Filmen und ihren Inspirationsquellen sowie seinen frühen Auseinandersetzungen mit der Geschichte des experimentellen Films eine dreiteilige, von Florian Wüst kuratierte Reihe zu widmen. Das erste Kurzfilmprogramm kombiniert STUDIE II (HALLUCINATIONER) (1952) und STUDIE IV (FRIGÖRELSE) (1954) mit zeitnahen schwedischen und amerikanischen Experimentalfilmen, die sich in ähnlicher Weise räumlicher Anachronismen, bildnerischer Deformationen und surrealer Symbolismen bedienen, um Gefühle, Einsamkeit und Zerrissenheit darzustellen oder soziale Rituale zu unterwandern: DE VITA HÄNDERNA (Rut Hillarp, 1950), AT LAND (Maya Deren, 1944), SYCADORA (Eivor Burbeck, 1951), THE LEAD SHOES (Sidney Peterson, 1949). (3.12.) Gösta Werners MIDVINTERBLOT (1945) gilt als erster experimenteller Kurzfilm des schwedischen Kinos. Das düster-dramatische Porträt eines nordischen Menschenopfers im Bronzezeitalter eröffnet das zweite Kurzfilmprogramm der Reihe, das das Thema unbewusster Traumzustände, verdrängter Triebhaftigkeit und gesellschaftlicher Repression um Terror und Faszination von Gewalt erweitert. Neben STUDIE I (SE 1952) und ENLIGT LAG (IM NAMEN DES GESETZES) (SE 1957), in dem Peter Weiss und Hans Nordenström den Alltag in einem Jugendgefängnis in Uppsala dokumentieren, zeigen wir Luis Buñuels Klassiker des Avantgardefilms, UN CHIEN ANDALOU (FR 1928), und Kenneth Angers FIREWORKS (USA 1947). (3.12.) Weiss' erster Spielfilm, HÄGRINGEN (SE 1959), basiert auf der Erzählung "Dokument I", die er zehn Jahre zuvor im Eigenverlag veröffentlicht hatte: ein junger Mann irrt durch die industrielle Großstadt, deren aggressive und abweisende Dynamik sich in einer Vielzahl von Begegnungen und absurden Impressionen offenbart. Mit seiner atmosphärischen Dichte und bedachten Einstellungen erinnert der Film in besonderer Weise an das alte Stockholm vor den großen stadtplanerischen Modernisierungsmaßnahmen der 50–70er Jahre. (4.12.) Eine Veranstaltung mit freundlicher Unterstützung durch die Schwedische Botschaft, Berlin. (Florian Wüst)

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