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Die Ausstellung des Forum expanded findet diesmal im Büro Friedrich (mit Unterstützung der KW Institute for Contemporary Art) statt. Sie bringt neue Arbeiten von insgesamt sechs bekannten sowie jungen Künstlern zusammen, die auf spielerische Weise mit dem Kino als Ausgangsmaterial arbeiten. Isabell Spenglers Telepathieversuche, die der Zuschauer über zwei parallele Bilder verfolgt, ist tonangebend für die Ausstellung: Denn hier geht es um feine Obertöne und wie diese im Medium des Videos aufgezeichnet werden können, es geht aber auch um das Verhältnis des Mediums zu Imagination und Empathie. Den Gegenpol zu Spenglers Arbeit bildet eine Installation von Jorge Lorenzo, die den Projektionsapparat freilegt und auf den maschinellen Unterbau des Films verweist, diesen dabei in die Nähe des amorph-organischen rückt, und damit dem Leben das Unerbittliche der Maschine verleiht. Wahrnehmungsschleifen und Wahrnehmungshöhlen, Aggregatzustände und die Regeln der Narration, darum geht es in den Arbeiten von Andrea Cooper (Kanada) sowie der neuen Serie der in Berlin lebenden israelischen Künstlerin Karen Cytter. Während für Cooper die Kamera zum Spiegel des Selbst wird, sind es bei Cytter Menschen, die sich ineinander und in den Gesetzen des Mediums spiegeln. Christoph Girardets Arbeit verlegt die Installation in das Filmbild hinein: er zeigt eine Montage, bei der es um die Überlagerung und Verschaltung von Bild und Kontext geht. Michael Snow projiziert seinen (in der Fotografie bereits erstarrten) Blick durch ein Fenster der Galerie auf das davor entlang fließende Wasser. Ein X stellt den Fluchtpunkt der Projektion auf das begehrte Objekt dar: Der Filmpartner für die Schauspielerin, die Schauspielerin für die Regisseurin, die Regisseurin für die Zuschauerin. X LOVE SCENES heißt die Arbeit von Constanze Ruhm, die wir im A2 präsentieren. Im A1 zeigen wir kurzes Experimentelles: "The Politics of Joy" und "Laborsituationen" sind die Titel zweier Programme mit Filmen von Tim Blue, John Price, Olivo Barbieri, Cynthia Madansky, Ken Jacobs, Karø Goldt, Robert Aliaj, Sabine Schöbel, Aki Nakazawa und Ayse Erkmen. Die Arbeiten der genannten Künstler bilden inhaltlich und ästhetisch ein dialogisches Ganzes. Dabei sind die Bildsprachen in ihrer Unterschiedlichkeit sehr ausdrucksstark. Film wird skulptural oder als Text verstanden, der in Bewegung ist. Was alle Arbeiten auszeichnet, ist dabei ein sehr bewusster Umgang mit Ton, der den filmischen Raum mitgestaltet. Spielerisch geht es um das Verhältnis von Mikro- und Makrokosmen, und nicht zuletzt um den wahrnehmenden Zuschauer im Kino.
Der amerikanischen Filmemacherin Babette Mangolte ist es mit SEVEN EASY PIECES gelungen, re-enactments der Künstlerin Marina Abramovic von eigenen, sowie Performances von Bruce Nauman, Vito Acconci, Valie Export, Gina Pane und Joseph Beuys, die sie 2005 im Solomon R. Guggenheim Museum live präsentierte, in ein filmisches Format zu übersetzen. Die von Marc Siegel kuratierte Reihe "Underground/Übersee" läuft bereits seit Januar. Sie verfolgt nie gesehene Undergroundverbindungen zwischen der Zanzibargruppe, die in den 60er Jahren u.a. mit Nico in Paris Filme drehte, und dem Umfeld von Warhols Factory in New York, sowie den Arbeiten des New Yorker Künstlers Jack Smith. Höhepunkte aus dem Programm zeigen wir im Rahmen von Forum expanded. Jerry Tartaglia, der Jack Smiths Filme seit dessen Tod im Jahre 1989 restaurierte und pflegte, präsentiert nie gesehenes Super-8 und 16mm-Material aus den 50er und 60er Jahren. Desweiteren zeigen wir zwei restaurierte Filme von Andy Warhol aus dem Jahre 1966: In THE CLOSET führt Nico in einem Schrank ein Casting mit einem jungen Mann durch, in ARI AND MARIO sieht man Drag Superstar Mario Montez als Babysitterin mit Nicos Kind im Chelsea Hotel. Callie Angell, Kuratorin des "Andy Warhol Film Project" am Whitney Museum stellt diese Filme vor. Gemeinsam mit Esther Robinson, die in ihrem Forumsbeitrag A WALK INTO THE SEA den Spuren ihres verschwundenen Onkels Danny Williams folgt, Liebhaber und Kameramann von Andy Warhol, präsentieren wir außerdem Williams' kürzlich entdeckte eigene Filme von 1964/65 als Weltpremiere.
Zu ihrer Zeit in Paris war Nico mit dem Zanzibar-Filmemacher Philipp Garrel verheiratet. In seinem Film LE LIT DE LA VIERGE (1969) ist ein Lied von ihr zu hören. Diesen Film präsentiert Cutterin und Filmemacherin Jackie Raynal, die nach ihrer Zanzibarzeit nach New York ging und dort die legendäre Bleeker St. und Carnegie Hall Cinemas leitete. Ihr eigener Film DEUX FOIS (1968) gehört zu den wichtigsten feministischen Undergroundwerken der Zeit, war aber in Europa fast nie zu sehen. Inzwischen lebt Raynal wieder in Paris. In der jüngsten Vergangenheit arbeitete sie mit der jungen Undergroundexpertin Marie Losier zusammen, die selbst im "Rooftop Garden" im Foyer des Arsenals mit zwei Filmen vertreten ist, die sie u.a. mit George Kuchar drehte. Zudem vollendete sie gerade ein kleines filmisches Experiment mit und über Guy Maddin, womit sich der Bogen wieder zum Anfang schließt. Mit Callie Angell, Jackie Raynal, Esther Robinson und Marie Losier wird Birgit Hein, die mit ihrem früheren Ehemann Wilhelm Hein den amerikanischen Underground nach Deutschland holte, an einem Podiumsgespräch teilnehmen, moderiert von Marc Siegel. Letzterer ist auch einer von vier Mitgliedern der Künstlergruppe CHEAP, der außerdem Susanne Sachße, Daniel Hendrickson und Tim Blue (mit vier Filmen auch im Kurzfilmprogramm vertreten) angehören. CHEAP ist in diesem Jahr für Gestaltung und Bespielung des Atriums zuständig, nachdem Meggie Schneider das Filmhaus über die letzten Jahre hinweg in einen Festivalort verzauberte, an dem man sich nicht nur in den Pausen aufhalten wollte. Gemeinsam mit Drag-Künstler Vaginal Davis aus L.A. verwandelt CHEAP das Gebäude in ein Gossip Studio mit Cocktailbar, CHEAP-Shop und Beauty-Moments. In einem täglichen Fernsehpogramm berichtet Davis nicht nur vom neusten Festivalklatsch. Wir sehen außerdem eine neue Arbeit von Birgit Hein, die sich kritisch mit TV-Kriegsberichterstattung auseinandersetzt, sowie zwei neue Staffeln der Soap LE PING PONG D'AMOUR vom Team Ping Pong. Ping Pong ist im Umfeld von b_books entstanden, die auch in diesem Jahr wieder ihren Buchladen ins Filmhaus verlegen und damit Teil des Gossip-Studios werden. Im Roten Foyer zeigen wir eine Fotoausstellung des New Yorker Starfotografen Sam Siegel, dem Großvater von Marc Siegel. Herzstück der Sammlung ist eine Aufnahme von Andy Warhol mit Marcs Großmutter. Ein Video von Vaginal Davis kommentiert diese Bilder. Auf einem gegenüberstehenden Monitor ist ungeschnittenes Material von Danny Williams, dem Onkel von Esther Robinson zu sehen. Nebenan befindet sich gleich der Rooftop Garden, indem wir Rooftop Filme von Marie Losier, Vaginal Davis und Shannon Plumb zeigen.
Gossip gehörte schon immer zum Kino. Zwei Arbeiten von Daniel Eisenberg und Michael Brynntrup erinnern nicht nur an erste Guckkastenformate, sondern auch an das ureigene voyeuristische Potential des Kinos.
Was es mit all der Kunst im Festival auf sich hat und wohin das weltweit noch führt, ist Thema einer weiteren Podiumsdiskussion mit Kuratoren des Internationalen Filmfestival in Rotterdams, dem Toronto International Filmfestival, der Documenta 12 in Kassel, moderiert von den Forum expanded-Kuratoren Anselm Franke und Stefanie Schulte Strathaus.
Mit freundlicher Unterstützung von select berlin. Dank an Jörg Heitmann, Erica Clauss, Vanessa Ohlraun, Andrea Adamczyk, Waling Boers, Martin Germann, Gabriele Knapstein.

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