Direkt zum Seiteninhalt springen
METROPOLIS (Fritz Lang, D 1925/26, 2. & 4.11.) Individueller und Kollektivkörper, dämonische Menschmaschine und jungfräuliche Lichtgestalt treffen in der Zukunftsstadt Metropolis aufeinander, deren Glanz und Reichtum von unterirdisch lebenden Proletariermassen geschaffen wird. Müde, melancholische Gestalten, mechanisch harte Arbeit verrichtende Körper verschwimmen in der fantastischen Welt einer utopisch-gigantischen Maschinenstadt, bis sich die Unterdrückten von einer künstlichen Agitatorin zum Aufstand verleiten lassen. METROPOLIS visualisiert Technik und Maschinenwelt, in der die Arbeiterkörper Energie produzieren und dabei selbst zu Energie werden. Als Vorfilm läuft MANUAL (Christoph Girardet & Matthias Müller, GB/D 2002), in dem namenlose Hände endlose Schalter und Knöpfe bedienen und nichts Gutes verheißen.
FACE/OFF (Im Körper des Feindes, John Woo, USA 1997, 3. & 26.11) Meisterlich-fulminanter Actionfilm, der mit zwei Gesichtstransplantationen seinen Ausgangspunkt nimmt. Eingebettet in furiose Choreografien der Gewalt und opernhaft-stilisierte shoot-outs initiiert die Kombination der neuen Gesichter in alten Körpern eine Kaskade von Identitätsverschiebungen bzw. -verdopplungen. Vorfilm: ASCOLTA! (Stephen Dwoskin, I/GB 2008) Tränen des Glücks und der Trauer zu den Tönen von Puccinis Turandot.
LA VIE DE JÉSUS (Das Leben Jesu, Bruno Dumont, F 1997, 5. & 8.11.) Finster-lakonische Beschreibung des Lebens einer Gruppe von Jugendlichen in einer nordfranzösischen Kleinstadt, die sich ihre Zeit mit Mopeds und Mutpro-ben vertreiben und deren aufgestaute Frustration und Langeweile in einem Akt dumpfer Gewalt eskaliert. "Mein Kino ist ein physisches Kino", sagt Bruno Dumont, der bereits in seinem Erstling mit Laien gearbeitet hat, die er vornehmlich nach ihrer Physiognomie auswählte. "Charakterköpfe wie aus Breughel-Gemälden, gedrungene Körper, Gesichter oft, die den Blick faszinieren und abstoßen zugleich." (Ekkehard Knörer) Vorfilm: BIRTHDAY SUIT – WITH SCARS AND DEFECTS (Lisa Steele, Kanada 1974).
BEAU TRAVAIL (Claire Denis, F 1999, 6.11., Einführung: Thomas Morsch & 22. & 23.11.) Schöne Arbeit – der Titel dieses Dramas um einen heimatlos gewordenen Legionär verweist auf die leitmotivisch wiederkehrenden Bilder der Arbeit der Fremdenlegionäre an ihren Körpern: In einer Mischung aus Drill und Eleganz absolvieren sie ihr Training – einsame Fremdkörper in der afrikanischen Wüstenlandschaft, gefangen in ihrem eigenen Leben. Himmelskörper explodieren: STERNENSCHAUER – SCATTERING STARS (Matthias Müller, D 1994, 22. & 23.11.) visualisiert das Nachglühen einer physischen Begegnung.
BRONENOSEZ POTEMKIN (Panzerkreuzer Potemkin, Sergej Eisenstein, UdSSR 1925, 7. & 12.11., am Flügel: Eunice Martins) Eisensteins Revolutionsdrama um den Matrosenaufstand in Odessa 1905 und den Versuch seiner Zerschlagung durch die zaristischen Truppen entwirft das Bild der Revolution als Werk der Masse. Folgerichtig reihen sich auch die wenigen zunächst individuell Handelnden des Films bald in einen "Kollektivkörper" ein. (Am 12.11. "Vom Kollektivkörper zum Klangkörper", Einführung von Eunice Martins) Vorfilm: ARBEITER VERLASSEN DIE FABRIK (Auguste & Louis Lumière, F 1895)
PERSONA (Ingmar Bergman, Schweden 1966, 13., 14. & 15.11.) Die Schauspielerin Elisabeth und ihre Krankenschwester Alma haben sich auf eine Insel zurückgezogen, um dem psychisch bedingten Sprachverlust von Elisabeth mit Pflege und Erholung zu begegnen. Isoliert von der Umwelt entwickelt sich zwischen den beiden eine Beziehung gegenseitiger Abhängigkeit bis hin zur Verschmelzung der Identitäten. Aufnahmen von Gesichtern und Körpern als Spiegel der Seelenzustände kulminieren in der Ineinanderblendung der beiden Frauengesichter – ein Motiv, das John Woo in seinem Film FACE/OFF aufgreift. Das Spiegelbild als Störfaktor der Selbstwahrnehmung thematisiert der Vorfilm DER SPIEGEL (Keren Cytter, D 2007)
A WOMAN UNDER THE INFLUENCE (John Cassavetes, USA 1974, 16. & 17.11.) Gena Rowlands ist die Frau unter Einfluss – in einer darstellerischen tour de force von irritierender Körperlichkeit kanalisiert sie neurotische Schübe, aufgestaute Aggressionen und erdrückende mütterliche Fürsorge. Sie lacht und weint, zittert und schreit, Spuren des keimenden Wahnsinns bestimmen jede ihre Bewegungen. Ihre nervöse Aufgewühltheit überträgt sich nicht nur auf ihr filmisches Umfeld, sondern auf den anwesenden Zuschauer, der zweieinhalb Stunden später als "spectator under the influence" den Kinosaal verlässt. Als Vorfilm läuft TOSS IT, BABY (Beate Rathke, D 2007), eine Analyse des medialisierten Zwangs zu Schönheit und "Happiness". Als einer der ersten Regisseure beschrieb Dsiga Wertow die Möglichkeiten der Körperkonstruktion mithilfe der Montage: "Ich schaffe einen Menschen, der vollkommener ist als Adam... Von einem nehme ich die geschicktesten Hände, von einem anderen die schnellsten Beine, von einem dritten den schönsten und ausdrucksvollsten Kopf und schaffe durch die Montage einen neuen, vollkommenen Menschen." (1923). Teilweise umgesetzt finden wir Wertows Gedanken in SCHESTAJA TSCHASTJ MIRA (Ein Sechstel der Erde, UdSSR, 1926, 18. & 19.11., am Klavier: Eunice Martins), einer filmischen Hymne auf die UdSSR und ihre Menschen, Arbeiter und Bauern. Als Vorfilm zeigen wir Luis Buñuels UN CHIEN ANDALOU (Ein andalusischer Hund, F 1928), dessen berühmter Schnitt durch den Augapfel auf der Leinwand die Wirkung auf den Zuschauer nicht verloren hat.
APOCALYPSE NOW REDUX (Francis Ford Coppola, USA 1976–79/2001, 20., 21. & 25.11.) Der Körper im Krieg als eine der äußersten Körpererfahrungen schlechthin gehört zu den beständigsten Filmsujets überhaupt. Coppolas Vietnam-Drama ist gleichzeitig aufwändiges Anti-Kriegsmanifest und psychologisches Kammerspiel. In APOCALYPSE NOW wurden die technischen Möglichkeiten des SurroundSounds genutzt, um den Zuschauerkörper auch auditiv stärker miteinzubeziehen. Unversöhnlich kontrapunktiert die Tonspur in BRUCE LEE IN THE LAND OF BALZAC (Maria Thereza Alves, F 2008) die Schönheit der französischen Landschaft.
42ND STREET (Lloyd Bacon, USA 1933, 27. & 28.11.) Ein Heer von Tänzerinnen und ein 90-Mann-Orchester gehörten zur Minimal-Ausstattung des Cho-reographen Busby Berkeley, des Revolutionärs des US-Musicals der 30er Jahre. So auch in 42ND STREET, in dessen Mittelpunkt ein Vamp, ein cholerischer Regisseur und eine junge Tänzerin stehen. Der wirkliche Star des Films indes ist Berkeleys corps de ballet: ein homogener Tanzkörper, der einzig in den spektakulär ornamentalen Formationen existiert. Als Vorfilm läuft PLAY (Christoph Girardet & Mathias Müller, D 2003), durch den zwei Zuschauerkollektive aufeinander treffen.

Gefördert durch:

  • Logo des BKM (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien)
  • Logo des Programms NeuStart Kultur