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KRYLJA (Flügel, UdSSR 1966, 19.1., Einführung: Barbara Wurm & 25.1.) Die 42-jährige Nadeschda war im Krieg eine berühmte Kampfpilotin und arbeitet nun als Direktorin einer Schule. Von der Gesellschaft wird sie geachtet und respektiert, im örtlichen Museum hängt ihr Bild als leuchtendes Beispiel einer Kriegsheldin, doch mit der jüngeren Generation gerät sie immer wieder in Konflikte. Ihr geradliniger und autoritärer Stil wird von den Schülern als unnötige Härte und Kälte empfunden, und auch die Beziehung zur erwachsenen Tochter gestaltet sich schwierig. Um ihren Schwiegersohn kennenzulernen, muss sie sich selbst einladen und kaschiert die Peinlichkeit der Situation mit gespielter Fröhlichkeit. Sie könne doch auch mal an sich selber denken, anstatt das Leben als eine Reihe von Verpflichtungen wahrzunehmen, wird ihr von der Tochter geraten. Sich von der Pflichterfüllung zu lösen, fällt Nadeschda aber schwer. Dem banalen Alltagstrott entflieht sie in der Erinnerung an die als glorreich empfundene Vergangenheit. Die Schauspielerin Maja Bulgakowa spielte die Nadeschda mit einer Mischung aus Stärke und Verletzlichkeit; eine Frau, die ihren Platz in der Gesellschaft hat und doch innerlich verloren ist. SNOJ (Heat, UdSSR 1963, 24. & 30.1.) entstand unter schwierigsten klimatischen Bedingungen in der kirgisischen Steppe und erzählt nach Tschingis Aitmatows Romanvorlage Das Kamelauge von den ernüchternden Erfahrungen eines jungen Mannes beim geplanten Aufbau einer neuen Gesellschaftsordnung. Der 17-jährige Kemel kommt nach Ende seiner Schulzeit in die Steppe von Kones-Anrachai, um einer Brigade bei der Gewinnung von Neuland zu helfen. Sein Idealismus und unbedingter Glaube an die Machbarkeit des Vorhabens kollidieren mit der abgeklärten Haltung des Traktoristen Abakir, der seine Vorrangsstellung durch die Ankunft des Jüngeren bedroht sieht. Ein poetischer "Eastern" mit Anlehnungen an Dowshenko und zugleich eine subtile Satire auf Chruschtschows in den 50er Jahren gescheiteres Experiment, "Neuland" in Zentralasiens Steppen zu gewinnen. Dazu zeigen wir den kurzen Film LARISA (UdSSR 1980), Elem Klimows filmische Trauerarbeit und Hommage an Larissa Schepitko. NATSCHALO NEWEDOMOGO WEKA (Der Beginn eines unbekannten Zeitalters, Larissa Schepitko, Andrej Smirnow, UdSSR 1967, 22. & 28.1.) Der zweiteilige Episodenfilm war ein Beitrag zum 50. Geburtstag der Sowjetunion, wanderte nach seiner Fertigstellung umgehend ins Regal und durfte erst 1987 aufgeführt werden. Zu wenig optimistisch war den Breschnew-Zensoren die Darstellung des Beginns eines neuen Zeitalters. Andrej Smirnows Episode ANGEL (Engel) folgt einer Gruppe von Menschen, deren Zug entgleist und von Banditen gefangen genommen wird. Larissa Schepitkos Episode RODINA ELEKTRISCHESTWA (Die Heimat der Elektrizität) folgt einem jungen Elektromechaniker, der in den 20er Jahren in ein abgelegenes Dorf geschickt wird, um den Menschen Elektrizität zu bringen. Ein Dialog mit einer alten Frau, die in einer Prozession um Regen betet, wird zur Schlüsselszene: "Die Natur hört weder auf Worte noch auf Gebete, sie fürchtet nur den Verstand und die Arbeit." Mit einem speziellen anamorphotischen Objektiv gedreht, sind die Bilder kaum merklich verformt und gleichen die Gesichter Ikonen. TY I JA (You and Me, UdSSR 1971, 20. & 31.1.) Schepitkos einziger Farbfilm erzählt in elliptischer und nichtchronologischer Struktur von den existenziellen Fragen zweier Ärzte. Vom bequemen Leben als Forscher gelangweilt und durch das Scheitern seiner Ehe in eine Krise geraten, versucht Pjotr durch eine verantwortungsvolle Aufgabe in Sibirien sein individuelles Scheitern zu überwinden. Eine kritische Bestandsaufnahme von Schepitkos eigener Generation der Intelligenzija. "Der Film ist wirklich über uns. Deshalb heißt er DU UND ICH. […] Im Alter von 30 erlangt man eine gewisse Klarheit über viele Dinge, die einem geschahen oder geschehen. Drei Jahre früher hätte ich so einen Film nicht machen können. Und wahrscheinlich werde ich in ein paar Jahren einen anderen Blick auf diese Periode haben." (Larissa Schepitko) WOSCHOSCHDENIE (Der Aufstieg, UdSSR 1976, 23. & 26.1.) In Schepitkos letztem Film werden zwei Partisanen im Winter 1942 auf der Suche nach Lebensmitteln von den Nazis gefangen genommen und zum Tode verurteilt. Einer der beiden entzieht sich dem Urteil durch die Kollaboration mit den Deutschen. In der Konzentration auf wesentliche Momente der Handlung arbeitete Schepitko in der Kontrastierung der beiden Protagonisten Rybak und Sotnikow unterschiedliche Verhaltensweisen angesichts des sicheren Todes heraus. Die Auseinandersetzung um Verrat, Angst und innere Stärke zieht mit biblischen Motiven direkte Parallelen zur Passionsgeschichte. "Ich fand den Gedanken höchst wichtig, dass das Sowjetvolk nicht nur mit den Waffen, sondern auch mit seiner Geistesstärke, seiner Moral und Ethik gesiegt hat. Dem Fluss der Erzählung folgend, haben wir nach den Quellen dieser Eigenschaften gesucht, um die Größe des Heldentums zu veranschaulichen." (Larissa Schepitko) PROSCHTSCHANJE (Abschied von Matjora, Elem Klimow, UdSSR 1979/83, 29.1.) Das kleine Dorf Matjora, das auf einer Insel mitten in einem sibirischen Fluss liegt, soll zur Elektrizitätsgewinnung niedergebrannt und überflutet werden. Während die Alten verzweifelt gegen die Zerstörung ihrer lang gewachsenen Tradition ankämpfen, stehen die Jungen dem Fortschritt und den Veränderungen, die dieser mit sich bringt, aufgeschlossen und begeistert gegenüber. Immer wieder scheitert die symbolische Vernichtung der Dorfeiche: Weder Menschen noch Traktor noch Feuer können diesen tief in der Erde verwurzelten Baum zu Fall bringen. Im Spannungsfeld zwischen Tradition und Fortschritt plädiert der Film für Menschlichkeit und allgemeingültige Werte. In Kooperation mit der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen.

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