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LE BRASIER ARDENT (The Burning Crucible, Ivan Mosjoukine, F 1923, 1. & 10.3.) Mosjoukines zweite und letzte Regiearbeit, eine "meisterliche Mischung aus Surrealismus, Freud und Dada" (Jay Weissberg), ist gespickt mit ungewöhnlichen Einfällen und Experimenten, einer wild zusammengewürfelten Handlung und einem exzentrischen Setdesign. Mosjoukine spielt den Detektiv "Z", der vom eifersüchtigen Ehemann einer Frau (verkörpert von seiner Ehefrau Nathalie Lissenko) angeheuert wird, die vom selbigen schon in ihren Träumen besucht wurde, nachdem sie seine Autobiografie gelesen hatte. Jean Renoir 1938: "Eines Tages sah ich LE BRASIER ARDENT im Colisée. Das Publikum heulte und pfiff, schockiert von einem Film, der so anders war als das, was sie gewohnt waren. Ich war in Ekstase … Ich beschloss, meinen Beruf in der Keramikbranche aufzugeben, um zu versuchen, Filme zu machen." PIKOWAJA DAMA (Queen of Spades / Pique Dame, Jakow Protasanow, Russland 1916, 2.3.) basiert auf der gleichnamigen Geschichte von Alexander Puschkin und war einer der großen Erfolge der Zusammenarbeit von Mosjoukine und Protasanow. Mosjoukine glänzt in dieser Charakterstudie mit einer Performance von glühender und gleichzeitig zurückgenommener Intensität. Er spielt den russischen Offizier Hermann, der von einer alten Dame erfährt, die einst durch einen geheimen Trick alle Kartenspiele gewinnen konnte. Besessen davon, ihr Geheimnis zu erfahren, verlangt er von ihr dessen Preisgabe. Sie stirbt am Schock und erscheint Hermann später als Gespenst, das ihn schließlich in den Wahnsinn treibt. OTETS SERGII (Father Sergius, Jakow Protasanow, Russland 1918, 3.3.) Eine Literaturverfilmung nach einer Erzählung von Leo Tolstoi. Der schneidige junge Offizier Prinz Kasatsky (Mosjoukine) verliebt sich in die junge Komtesse Korotkowa. Kurz vor der Hochzeit gesteht sie ihm, dass sie die Geliebte des Zaren ist. Zutiefst gekränkt und enttäuscht entsagt er den weltlichen Freuden und wählt ein Leben als Geistlicher in einem Kloster, wo er den Namen "Vater Sergej" erhält. Auch dort ist er Versuchungen ausgesetzt, denen er nur unter größten Qualen standhalten kann. Mosjoukine spielt seine Figur über eine Zeitspanne vom jungen Mann bis zum Greisenalter – eine seiner besten dramatischen Rollen. OTETS SERGII verdankt sein Entstehen der bolschewistischen Revolution, die das Verbot der Darstellung von Religion aufhob, ist aber als klassische Literaturverfilmung mit einem Star in der Hauptrolle klar vom vorrevolutionären Geist geprägt. L'ANGOISSANTE AVENTURE (Jakow Protasanow, F 1920, 4.3.) entstand während der langen Reise der Ermolieff-Truppe ins französische Exil und wurde in Konstantinopel, Marseille und den Studios in Paris gedreht. Der spielerisch-leichte Film, der nach einem Drehbuch von Mosjoukine inszeniert wurde, handelt von einem jungen Aristokraten, der seine Familie verlässt, um mit einer Tänzerin zusammenzuleben und daraufhin von seinem Vater enterbt wird. In der mit viel visuellem Witz gedrehten Geschichte agiert Mosjoukine mit dem Charme und der Ungestümheit eines kleinen Jungen. Um dem Geschmack des französischen Publikums zu entsprechen, wurde der Film mit einem eher unvermittelten Happy End versehen. Der Journalist Jean Arroy schrieb 1927: "Mosjoukine war abwechselnd fröhlich, charmant, zärtlich, sarkastisch, rührend, dramatisch, schockerstarrt, brutal, verzweifelt. Ein wahrer Regenbogen an Emotionen!" L'ENFANT DU CARNAVAL (Ivan Mosjoukine, F 1921, 9.3.) Ein Findelkind wird während des Karnevals in Nizza vor der Tür eines reichen Aristokraten und Junggesellen ausgesetzt. Der Marquis adoptiert das Kind und merkt bald, dass er mit der Babypflege überfordert ist. Er stellt eine Kinderfrau ein, die sich als die Mutter des Kindes herausstellt. Als der Marquis und sie sich ineinander verlieben und das glückliche Ende in greifbarer Nähe ist, taucht ihr tot geglaubter Mann wieder auf. Mosjoukine inszenierte den Film mit der ihm eigenen Mischung aus lebhaftem Humor und zurückhaltender Ernsthaftigkeit. Zehn Jahre nach diesem Erfolg drehte er mit dem Regisseur Alexander Volkoff ein Tonfilm-Remake des Films, das aber floppte. KEAN (DÉSORDRE ET GÉNIE) (Alexander Volkoff, F 1923, 6.3.) Der teuerste Film der Albatros-Produktionsfirma war eine Prestige-Produktion über den berühmten Bühnendarsteller des 19. Jahrhunderts, Edmond Kean, dessen Leben von den titelgebenden Polen Genie und Unordnung geprägt war. Mosjoukine spielt Kean als das gequälte romantische Genie, das sich im Spannungsfeld zwischen der Bühne und der Realität verliert. Bekannt wurde der Film für eine spektakulär sich beschleunigende Montage in einer Kneipenszene, in der um den trinkenden und tanzenden Kean alles zu kreisen scheint, und einer von Mosjoukine nuancenreich ausgespielten 15-minütigen Sterbeszene. FEU MATHIAS PASCAL (The Late Mathias Pascal, Marcel L'Herbier, F 1925, 7.3.) "Von Pirandello inspiriert, von L'Herbier inszeniert, von Cavalcanti assistiert, dem wir die Dekors verdanken, vom großen Schauspieler Mosjoukine interpretiert, der selbst Autor mehrerer außergewöhnlicher Filme ist … Man weiß nicht, was man zuerst bewundern soll", schrieb Henri Langlois über den Film. Die exzentrische Adaption eines Romans von Luigi Pirandello erzählt im Wechselspiel von Komik und Tragik, Realität und Fantasie vom jungen träumerischen Mathias Pascal (Mosjoukine), der sich von seiner Frau und Schwiegermutter und dem Dasein als Hilfsbibliothekar in der Kleinstadt eingeengt fühlt. Er flieht nach Monte Carlo, wo er eine größere Summe Geld gewinnt, und nutzt die Bekanntgabe seines Todes dazu, ein ganz neues Leben in Rom zu beginnen. Dort verliebt er sich leidenschaftlich in die Tochter seines Vermieters, der wiederum spiritistische Sitzungen abhält, die aber von Kriminellen ausgenutzt werden, um den alten Mann zu betrügen. Michel Simon ist in einer seiner ersten Filmrollen als tollpatschiger Freund zu sehen. (al)

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