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STAGE FRIGHT (Alfred Hitchcock, USA 1950, 1., 2. & 5.9.) Seine Dankesrede nach Erhalt des Oscars für sein Lebenswerk endete Hitchcock mit der berühmten Reverenz an seine Frau: "Had the beautiful Miss Reville not accepted a lifetime contract, without options, as 'Mrs Alfred Hitchcock' some 53 years ago, Mr Alfred Hitchcock might be in this room tonight — not at this table, but as one of the slower waiters on the floor. I share my award, as I have my life, with her." Der große Anteil der erfahrenen Drehbuchautorin und Schnittmeisterin Alma Reville an den Filmen ihres Mannes war nie ein Geheimnis, ihre (öffentliche) Wahrnehmung und Wertschätzung hält sich jedoch in Grenzen. Revilles relative Unbekanntheit dürfte auch auf den Umstand zurückzuführen sein, dass ihre Mitarbeit ab den 50er Jahren im Abspann der Filme nicht mehr aufgeführt wurde. Letztmalig figuriert sie in den Credits zu STAGE FRIGHT, einem routinierten Thriller um den Mord am Ehemann einer divenhaften Schauspielerin (Marlene Dietrich), den die junge Nachwuchsdarstellerin Eve (Jane Wyman) aufzuklären versucht, vor allem um damit ihre Jugendliebe (Richard Todd) zu schützen.

RIDDLES OF THE SPHINX (Laura Mulvey, Peter Wollen, GB 1976, 2. & 8.9.) Der semiotische und psychoanalytische Ansatz ihrer Auseinandersetzung mit Fragen der Repräsentation im Kino und anderen Kunstformen ist einer der roten Fäden, die sich durch die gemeinsame Film- und Textarbeit der beiden Filmemacher, Filmwissenschaftler und Autoren Laura Mulvey und Peter Wollen ziehen. In der Zeit ihrer höchst produktiven Zusammenarbeit zwischen 1974 und 1983 entstand auch der bahnbrechende RIDDLES OF THE SPHINX (1980), der gleichzeitig die narrativen und ästhetischen Codes der Darstellung der Frau untersucht und in drei Abschnitten und 13 Kapiteln eine alternative Struktur weiblicher Repräsentation im Film vorschlägt.

THE DEVIL IS A WOMAN (Josef von Sternberg, USA 1935, 3. & 6.9.) Spektakuläre Verwandlung einer Schauspielerin in sieben gemeinsamen Filmen: von der munter-unbekümmerten, etwas derben Lola-Lola in "Der blaue Engel" (1930) zum ätherisch-schönen, geheimnisvollen Vamp in THE DEVIL IS A WOMAN. Die Transformation von Marlene Dietrich in den Filmen von Josef von Sternberg, seine Modellierung einer neuen Kinofigur, ist legendär. Über seine "Entdeckung" sagte er: „Miss Dietrich is me. I am Miss Dietrich", Dietrich unterstrich immer wieder, sie hätte alles von Sternberg gelernt. Ihr Lieblingsfilm THE DEVIL IS A WOMAN ist gleichzeitig ihre letzte Zusammenarbeit: das so überbordende wie artifizielle, vollkommen im Studio gedrehte Melodram – Marlene Dietrich als spanische Sängerin macht aus zwei Freunden erbitterte Rivalen – wurde für die Paramount zum Desaster. Nicht nur fiel der Film bei Kritik und Publikum durch, sondern auch der spanische Staat sah sich im Film verunglimpft und bestand auf der Vernichtung sämtlicher Kopien und Negative.

TOKYO MONOGATARI (Die Reise nach Tokio, Yasujiro Ozu, Japan 1953, 4. & 12.9.) "Ozus stille Muse" – trotz zahlreicher Rollen bei Mikio Naruse oder Akira Kurosawa wird Setsuko Hara in erster Linie als Ozu-Schauspielerin in Erinnerung bleiben. Ihr feines, nuanciertes Spiel, ihre charakteristische Zurückhaltung, mit der sie Momente größten emotionalen Aufruhrs darstellte, sind Teil der Essenz von Ozus Œuvre. In TOKYO MONOGATARI spielt sie die verwitwete Schwiegertochter eines älteren Ehepaars, das während eines Besuchs bei den Kindern und Enkeln in Tokio feststellt, das sich die Familie auseinandergelebt hat. Einzig Setsuko Hara als Ehefrau des im Krieg gefallenen Sohns kümmert sich um ihre Schwiegereltern. Ein melancholischer Abgesang auf den Mythos der japanischen Familie.

DER LETZTE MANN (F. W. Murnau, D 1924, 9. & 12.9., am Klavier: Eunice Martins) Drehbuchautor bzw. "Film-Dichter" (Joseph Roth) Carl Mayer und F. W. Murnau, die in den 1920er Jahren gemeinsam sieben Filme realisierten, gehören zu den berühmtesten Arbeitsgespannen des Weimarer Kinos, DER LETZTE MANN ist ihr wichtigstes Gemeinschaftswerk. Erzählt wird die Geschichte vom Abstieg des in die Jahre gekommenen Portiers (Emil Jannings) des Luxushotels Atlantic zum Toilettenmann. Eingeleitet vom einzigen Zwischentitel des Films, mit dem sich der Drehbuchautor persönlich zu Wort meldet, nimmt der Film gegen Ende eine ungewöhnliche, ironisch-burleske Wendung. Ein Film von besonderer visueller, poetischer Kraft am Übergang vom Expressionismus zu Neuer Sachlichkeit, zwischen Studioproduktion und dynamischer Großstadtwelt.

KLASSENVERHÄLTNISSE (Danièle Huillet, Jean-Marie Straub, BRD/F 1983, 10. & 14.9.) In vier Jahrzehnten haben die radikalen Filmemacher Danièle Huillet und Jean-Marie Straub gemeinsam über 30 Filme gedreht, die ausnahmslos auf literarischen oder musikalischen Vorlagen beruhen und die filmische Interpretationsarbeit der "Erfilmer" offen ausstellen. Ganz besonders ist das der Fall in der Kafka-Adaption KLASSENVERHÄLTNISSE. In klaren, eindringlichen Bildern inszenieren sie Ereignisse im Leben des jungen, von seiner Familie verstoßenen Karl in Amerika.

LES QUATRE CENTS COUPS (Sie küssten und sie schlugen ihn, François Truffaut, F 1959, 13. & 28.9.) Fünfmal zwischen 1959 und 1979 überträgt François Truffaut Jean-Pierre Léaud die Aufgabe, verschiedene Lebensabschnitte der Filmfigur Antoine Doinel zu verkörpern, die in dieser Zeit sowohl zum Alter Ego des Filmemachers wie auch des Darstellers wird. Ausgangspunkt dieser besonderen Zusammenarbeit ist Truffauts Debüt LES QUATRE CENTS COUPS: 14jährig spielt Léaud den kleinen Antoine, der in ärmlichen und lieblosen Verhältnissen bei seiner Mutter und seinem Stiefvater aufwächst. Nach einer Reihe von Lügengeschichten und kleinen Räubereien landet er, von der Erwachsenenwelt im Stich gelassen, in der Besserungsanstalt. Allerlei Fluchtversuche durchziehen den frühen Nouvelle-Vague-Film, der letzte endet am offenen Meer – Antoines Sehnsuchtsort.

WERCKMEISTER HARMÓNIÁK (Die Werckmeisterschen Harmonien, Béla Tarr, Ungarn/D/F 2000, 15. & 17.9.) Aus der Zusammenarbeit des Regisseurs Béla Tarr und des Schriftstellers und Drehbuchautors László Krasznahorkai sind seit Mitte der 80er Jahre vier aufsehenerregende, in Filmsprache und Inhalt radikale Filme hervorgegangen. Krasznahorkais alptraumhaft geschlossene, melancholische Romane und Szenarien bilden die Grundlage für Tarrs apokalyptisch-visionäre Bilderwelten. Mit einem von Kneipenbesuchern wildtanzend dargestellten Sonnensystem beginnen die WERCKMEISTERSCHEN HARMONIEN – genialer Auftakt einer Eskalation der Gewalt, die mit einem Wanderzirkus und einem ausgestopften Wal Einzug in ein Dorf hält.

ADAM'S RIB (Ehekrieg, George Cukor, USA 1949, 16. & 18.9.) Neun gemeinsame Filme in 25 Jahren machten aus Katherine Hepburn und Spencer Tracy eines der Traum-Leinwand-Paare der klassischen Hollywood-Ära. Dass sie auch diesseits der Leinwand 26 Jahre lang ein Paar waren, wurde lange nicht öffentlich. Die strahlend selbstbewusste Hepburn und der ironisch-grantelige Tracy lieferten sich in ihren Filmen furiose Verbalschlachten und ließen keine Gelegenheit des Geschlechterkampfs aus. Letzterer wird in ADAM'S RIB vor Gericht ausgetragen, wo die beiden gegnerische Parteien vertreten.

ICH WAR NEUNZEHN (Konrad Wolf, DDR 1968, 19. & 22.9.) Mit Konrad Wolf und Wolfgang Kohlhaase trafen Ende der 60er Jahre ein Regisseur und ein Drehbuchautor aufeinander, die der unbestechliche Blick auf den Alltag in der DDR verband. In ihrer Zusammenarbeit entstandenen vier Filme, die zu den wichtigsten Werken in der Geschichte der DEFA gehören. Wolfs Tagebuchaufzeichnungen bilden Grundlage und Struktur ihrer ersten gemeinsamen Arbeit ICH WAR NEUNZEHN: Der junge Gregor Hecker (Jaecki Schwarz) – im Alter von acht Jahren mit seiner Familie aus Deutschland in die UdSSR emigriert – kommt als junger Leutnant der Roten Armee kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs nach Deutschland zurück. Erwartungsgemäß widersprüchlich sind die Erfahrungen bei der Rückkehr in eine ihm fremde „Heimat“.

IWAN GROSNYJ 1 & 2(Iwan der Schreckliche 1 & 2, Sergej M. Eisenstein, UdSSR 1944 & 1945/58, 23. & 25.9.)Das zweiteilige Epos über den titelgebenden autokratischen Herrscher des 16. Jahrhunderts Iwan den IV. war Ergebnis der achten künstlerischen Partnerschaft zwischen Eisenstein und seinem Kameramann Eduard Tissé. Verbindendes Element zwischen den beiden war laut Eisenstein die "Synchronität im Sehen, Spüren und Erleben". In IWAN GROSNYJ schufen sie eine neue Dimension des Historienfilms, dessen höchst eigenwillige Ästhetik aus strengen Bildkompositionen, klaustrophobischen Räumen und expressiver Schauspielkunst eine dichte Stimmung von Leidenschaft, Schuld, Unheil und Tod webt.

LA DANSE (Das Ballett der Pariser Oper, Frederick Wiseman, F/USA 2009, 24. & 26.9.) Seit fast 50 Jahren porträtiert der amerikanische Dokumentarfilmregisseur Wiseman öffentliche Institutionen wie Schulen, Krankenhäuser, Universitäten und Kulturinstitutionen. Sein Drehteam besteht seit jeher aus kaum mehr als drei Personen; mit seinem Kameramann John Davey verbindet ihn eine mittlerweile über 30 Jahre währende Arbeitsbeziehung und enge Freundschaft; ihr Aufeinander-Eingespielt-Sein ist wichtiger Baustein einer unauffällig-aufmerksamen, beobachtenden Aufnahmepraxis. 2008 verbrachten Davey und Wiseman neun Wochen mit dem Ballett der Pariser Oper. Entstanden ist ein dichtes Porträt einer der berühmtesten Ballettkompanien, ein präziser Blick auf die innere Mechanik einer streng durchorganisierten Institution, auf Mühsal und Härte des Probenbetriebs sowie die Faszination des Tanzes. (mg)

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