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ORLY (Angela Schanelec, D/F 2010, 1. & 5.4.) Der Flughafen Orly ist Schauplatz von lose miteinander verbundenen Szenen. Beobachtet werden vier Paare, die auf ihren Flug warten. Ein Mann und eine Frau, die sich kennenlernen; eine Mutter und ihr fast erwachsener Sohn; ein junges Paar auf gemeinsamer Reise; eine Frau, die sich soeben von einem Mann getrennt hat. Intime Dialoge entstehen in einem Raum der (Halb-)Öffentlichkeit, des Transits, des Wartens. Von einem realen Ort ausgehend, entfalten sich Begegnungen, Abschiede und Trennungen. THE SHINING (Stanley Kubrick, GB/USA 1980, 2. & 7.4.) Ein erfolgloser Schriftsteller (Jack Nicholson) verbringt den Winter zusammen mit seiner Frau und dem kleinen Sohn in einem leerstehenden Hotel in den Bergen, um dort in Ruhe an seinem Roman zu arbeiten. Nicht nur die Familie verliert sich in dem riesigen Hotel mit seinen endlos scheinenden Korridoren. Räume, Zeiten und Personen fließen in THE SHINING ineinander und verhindern die Orientierung; das Haus entwickelt ein beunruhigendes Eigenleben. A LONDONI FÉRFI (The Man from London, Béla Tarr, Ungarn/F/D 2007, 3. & 12.4.) In hypnotisierend langen Plansequenzen (Kamera: Fred Kelemen) lotet Tarrs noireske Simenon-Verfilmung den nächtlichen Wahrnehmungsraum eines Bahnwärters aus, der aus seinem erhöht liegenden Stellwerkshäuschen ein Hafengebiet überblickt und dort eines Nachts einen Mord beobachtet. In entgrenzte Schwärzen getauchte düster-pessimistische Innensicht eines erstarrten Lebens, eine existentielle Betrachtung von Mitschuld, Komplizenschaft und Vergebung. ALL THAT HEAVEN ALLOWS (Douglas Sirk, USA 1955, 8. & 14.4.) Die verwitwete Cary lebt so, wie es ihre erwachsenen Kinder und die rigide Gesellschaftsordnung ihrer Kleinstadt von ihr erwarten. Mit dem jüngeren Gärtner Ron lernt sie eine Welt frei von sozialen Zwängen kennen. Ein Angriff auf bürgerliche Konventionen in Gestalt eines auf Hochglanz polierten Melodrams, in dem die gesellschaftlichen Räume klar definiert sind. Als Vorfilm: DIE URSZENE (Christine Noll Brinckmann, BRD 1981) Ein Blick in verschiedene Schlafzimmer, begleitet von einem Schlager der 50er Jahre. SCHLOSS VOGELÖD (F.W. Murnau, D 1921, 15. & 19.4., am Klavier: Eunice Martins) "Ein langer, endlos hoher Saal. Aus den hohen Fenstern fließt Licht flimmernd in die Schatten. Und an die Wände gepresst, verkrampfen sich, weit voneinander entfernt, zwei dunkle Gestalten." (Lotte Eisner) Inmitten der barock-bedrohlichen Räume des titelgebenden Schlosses sitzt eine Jagdgesellschaft aufgrund schlechter Witterung fest. Die Ankunft eines ungebetenen Gastes – eines vermeintlichen Brudermörders – führt zur Enthüllung eines Geheimnisses.

VERTIGO
(Alfred Hitchcock, USA 1958, 16. & 22.4.) Ein Film der Spiralformen, der Schwindelattacken, Serpentinenfahrten, Treppenfluchten und des Gefühlstaumels, in denen sich Zeitebenen und schließlich auch Räume aufzulösen scheinen. Dem Schwindel erlegen ist Scottie (James Stewart), der nach einer verunglückten Verfolgungsjagd über den Dächern einer Großstadt unter Höhenangst leidet und als Privatdetektiv arbeitet. Mit dem Auftrag, die Ehefrau eines ehemaligen Kollegen zu beschatten, gerät er in einen Strudel aus Liebe, Obsession, Täuschung und Phantasma. EL ÁNGEL EXTERMINADOR(Der Würgeengel, Luis Buñuel, Mexiko 1962, 17. & 20.4.) In einer großbürgerlichen Villa findet eine mondäne Party statt. Als die Gäste aufbrechen wollen, werden sie wie durch ein unsichtbares Band zurückgehalten, die Schwelle des Hauses zu überschreiten. Der Raum der eleganten Party, der zum Gefängnis geworden ist, verändert sich: Das luxuriöse Ambiente weicht der Unordnung, dem Chaos, dem Schmutz, der Anarchie. PERRET IN FRANKREICH UND ALGERIEN (Heinz Emigholz, D 2012, 18. & 21. 4.) Als "Drama der Raumkonstruktion" beschreibt Rainer Gansera diese Begegnung mit 30 Bauwerken und Ensembles der französischen Architekten und Bauingenieure Auguste und Gustave Perret. Parallel zur Ausführung zahlreicher Bauprojekte in Frankreich bauten die Perrets unter den Bedingungen des Kolonialismus in Nordafrika. Der Film zeichnet diese Zweiteilung chronologisch nach. GERTRUD (Carl Theodor Dreyer, DK 1964, 24. & 28.4.) In langen, beobachtenden Einstellungen kadriert Dreyer sowohl die Räume als auch die in ihnen agierenden Personen und schreibt damit ihre Beziehungen fest. Reduziert, langsam und voller Bedacht fokussiert der dänische Regisseur das Großbürgertum in Dänemark um 
die Jahrhundertwende. Im Mittelpunkt steht Gertrud, die auf der Suche nach der bedingungslosen Liebe ihren Ehemann verlässt, sich von ihrem Jugendfreund und zuletzt von ihrem Liebhaber lossagt. Eine Geschichte der Emanzipa-tion und der Einsamkeit. DISTANT VOICES, STILL LIVES(Terence Davies, GB 1988, 25. & 26.4.) Ein enges Reihenhaus, das Leben einer Arbeiterfamilie in Liverpool zwischen 1940 und 1960: der tyrannische Vater, die resignierte Mutter, zwei Töchter, ein Sohn, eine von Gewalt, Hilf- und Sprachlosigkeit geprägte Atmosphäre der Angst. In streng geometrischen Einstellungen, Stillleben gleich, durchmisst die Kamera die Räume und bleibt oft stehen, während die Handlung sich ins Nebenzimmer verlagert: eine stumme Betrachtung leerer Räume, auf der Suche nach Spuren des Lebens. UNA GIORNATA PARTICOLARE (Ein besonderer Tag, Ettore Scola, I 1977, 29. & 30.4.) Mai 1938: In einem verlassenen Mietshaus – ganz Rom nimmt an Mussolinis Parade anlässlich von Hitlers Besuch teil – begegnen sich eine naiv-angepasste Hausfrau und ein kürzlich aufgrund seiner Homosexualität entlassener Radioreporter. Völlig entgegen ihrem üblichen Kino-Image loten Sophia Loren und Marcello Mastroianni in den Hauptrollen einen kurzen Moment der Freiheit und Hoffnung aus, dem übermächtig der Audio-Klangraum der Militärparade gegenübersteht. (mg/al)

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