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REBECCA (Alfred Hitchcock, USA 1940, 1. & 5.8.) Eine junge, schüchterne Gesellschafterin (Joan Fontaine) lernt bei einem Aufenthalt in Monte Carlo den wohlhabenden Witwer Maxim de Winter (Laurence Olivier) kennen. Er verliebt sich in die Natürlichkeit der jungen Frau und macht ihr einen Heiratsantrag. Überglücklich willigt sie ein, seine Frau zu werden. In seinem Anwesen Manderley aber verweist alles auf die erste Mrs. de Winter. Ein hochherrschaftliches Haus, auf dem ein Fluch zu lasten scheint, seine verstorbene Herrin, deren morbide Präsenz auch Jahre nach ihrem Tod das Anwesen heimsucht, und eine Haushälterin als "Statthalterin der Toten im Reich der Lebenden" (Klaus Kreimeier) bilden die Pole dieses schauererregenden Bermuda-Dreiecks, in dem eine junge Frau an ihrer romantischen Ader, ihrer Naivität und Unbedarftheit zu Grunde zu gehen droht. WESELE (Die Hochzeit, Andrzej Wajda, PL 1972, 2. & 8.8.) Wajdas werkgetreue Adaption des berühmten polnischen Dramas von Stanisław Wyspiański kreist um die verlorene Identität und den Mythos Polen. Das um die Jahrhundertwende angesiedelte Geschehen entfaltet sich auf zwei Ebenen, die bei der schwelgerischen Hochzeit eines Dichters mit einer Bauerntochter in einer surrealen Fantasmagorie zusammengeführt werden. Die Zwiesprache zwischen den Hochzeitsgästen und aus dem Nichts auftauchenden, geisterhaften Gestalten der polnischen Geschichte entfaltet sich zu einem entfesselten Rausch. TABU (Miguel Gomes, Portugal/D/Brasilien/
F 2012, 6.8.) Zwischen der Gegenwart in Portugal und der Vergangenheit in einer ehemaligen Kolonie, zwischen Fiktion und Erinnerung ist TABU angesiedelt. Die exzentrische alte Aurora lebt mit ihrer kapverdischen Haushälterin in Lissabon. Als sie stirbt, wird ihr ehemaliger Liebhaber ausfindig gemacht, der im zweiten Teil die Liebesgeschichte zwischen ihm und der jungen Aurora in Afrika erzählt. Einer Geisterbeschwörung gleicht TABU, aus der Zeit gefallen wie Murnaus "Tabu", der 1931, als der Tonfilm in Hollywood schon durchgesetzt war, als Stummfilm gedreht wurde. VAMPYR (Carl Theodor Dreyer, F/D 1932, 4. & 9.8.) Ein Klassiker des Horrorfilms, der weitgehend auf die Klischees des Genres verzichtet. Durch die fehlende erzählerische Kontinuität von Raum und Zeit schafft Dreyer in seinem ersten Tonfilm eine Atmosphäre der Verunsicherung. Der in einer baufälligen Fabrik und einem leer stehenden Schloss in der Umgebung von Paris gedrehte Film erscheint wie ein Tagtraum, die Bilder, wahrgenommen wie durch einen Gaze-Schleier, sind dominiert von einem gespenstischen Weiß. "Horror hat nichts mit den Dingen zu tun, die uns umgeben, sondern er steckt in unserem Unterbewusstsein." (Dreyer) ORPHÉE (Jean Cocteau, F 1950, 7. & 11.8.) Unter Verwendung der Grundmotive des griechischen Mythos' vom Sänger/Musiker Orpheus, der seine Frau Eurydike aus der Unterwelt zu befreien versucht, entwickelt Cocteau einen mal entrückt-poetischen, dann wieder grotesk-alltäglichen Reigen um den titelgebenden Dichter Orphée (Jean Marais), die rätselhafte Jenseitsgängerin, "Prinzessin" genannt (Maria Casarès), von der sich Orphée magisch angezogen fühlt, seine Frau, die eher schlichte Eurydike (Maria Déa), sowie den Fahrer der Prinzessin. Wie oft bei Cocteau ist ein Spiegel Portal in das Reich der Toten, eine hoffnungslose Trümmerlandschaft, indes der einzige Ort, an dem die Liebe zwischen Orphée und der Prinzessin Gestalt findet. TÜZOLTÓ UTCA 25 (Feuerwehrgasse 25, István Szabó, Ungarn 1973, 3. & 16.8.) Das Haus mit der Nummer 25 in der Budapester Feuerwehrgasse soll abgerissen werden. Die Nacht vor Beginn der Arbeiten wird für die Bewohner des in die Jahre gekommenen Mietshauses zur Zeitreise in die Vergangenheit, in der die persönlichen Erinnerungen unauflösbar mit den Entwicklungen der ungarischen Geschichte des 20. Jahrhunderts verwoben sind. Ein Strom der Assoziationen von Worten, Bildern und Gegenständen beginnt, Zeit-ebenen und Welten verschränken sich, aufblitzende Erinnerungsbilder und (Alb)Träume werden zum Ort der Wiederbegegnung mit Verstorbenen, Fantomen, Konstruktionen und Ängsten. LOONG BOONMEE RALEUK CHAT (Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben, Apichatpong Weerasethakul, Thailand/GB/F/D/Spanien/NL 2010, 10. & 12.8.) "Geister sind nicht mit Orten verbunden, sondern mit Menschen, mit den Lebenden." So gesellen sich der Geist der verstorbenen Ehefrau und der im Dschungel verschollene Sohn als Affenmensch zu Uncle Boonmee, der selbst nur noch kurze Zeit leben wird und zum Sterben in seine Heimat zurückgekehrt ist. Familie und Freunde nehmen Abschied und begleiten ihn von einer Seinsform in die andere. Mit beeindruckender Intensität und mystizismusfreien Bildern der durchscheinenden Wesen, des undurchdringlichen Dschungels und der pechschwarzen Nacht erzählt Weerasethakul von Leben und Tod, Reinkarnation und Seelenwanderung. AFTER LIFE (Hirokazu Kore-eda, Japan 1998, 13. & 17.8.) Limbo heißt die Wegstation zwischen Erde und Jenseits, wo alle Neuverstorbenen eine Woche verbringen. Hier geht es für jeden der Neuankömmlinge darum, aus der Fülle der Erinnerungen zunächst den einen besonderen Augenblick ihres Lebens zu bestimmen und ihn dann zu verfilmen. Am Ende der Woche steht die gemeinsame Sichtung der visualisierten Lebensmomente, ein "Programm", das sich zu einem Panorama quer durch das japanische Alltagsleben der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verdichtet. Eine beeindruckende Reflexion über Identität und Erinnerung, deren Realität und Konstruktion. THE PURPLE ROSE OF CAIRO (Woody Allen, USA 1984, 14. & 15.8.) In seiner Liebeserklärung an das Kino und einer Variation des Doppelgängermotivs dreht Allen mit größter Selbstverständlichkeit die klassische Kinoblick-Achse um 180 Grad: Cecilia (Mia Farrow) himmelt den smarten Tropenforscher Gil auf der Leinwand gerade zum fünften Mal an, als dieser ihren Blick unvermutet erwidert und zu ihr in den Zuschauerraum hinabsteigt. Die Grenzen zwischen Kino und Wirklichkeit werden lässig über den Haufen geworfen, nicht nur Cecilias Leben, sondern ganz Hollywood gerät durcheinander. Schließlich soll der Gil-Darsteller Shepard seinem Schatten den Weg zurück in die Welt derselben weisen. DYBUK (Der Dibbuk, Michał Waszyński, Polen 1938, 15. & 18.8.) Frühe Verfilmung von An-Skis gleichnamiger Bühnenfassung der jüdischen Legende: Ein junger Talmudstudent stirbt an gebrochenem Herzen, weil die ihm bestimmte Braut einen anderen heiraten muss. Am Tag ihrer Hochzeit wird die junge Frau vom Geist ihres Geliebten, vom Dibbuk, besessen. In der Kombination von Mystizismus und Expressionismus entstand eines der großen Meisterwerke des jiddischen Kinos. THE HALFMOON FILES (Philip Scheffner, D 2007, 30.8.) "Wenn ein Mensch stirbt, irrt er umher und wird ein Geist", hören wir Bhawan Singh sagen, dessen Stimme auf einer Schellackplatte in einem Lautarchiv überdauert hat. Diese und weitere Tonaufnahmen einer Reihe von Kolonialsoldaten, die als Kriegsgefangene im Ersten Weltkrieg im brandenburgischen Wünsdorf interniert waren, werden zum Ausgangspunkt, zentralen Bestandteil und roten Faden einer komplexen audiovisuellen Recherche zur Verflechtung von Politik, Kolonialismus, Wissenschaft und Medien. Aus der akribischen Suche nach Spuren der einstigen Gefangenen entwickelt sich eine besondere erzählerische Freiheit, in der mit der Verschränkung unterschiedlicher Zeitebenen die Grenzen zwischen Realem und Irrealem zu verschwimmen scheinen. IL BACIO DI TOSCA (Der Kuss der Tosca, Daniel Schmid, Schweiz 1984, 21. & 23.8.) Ende des 19. Jahrhunderts gründete Giuseppe Verdi eine "Casa di riposo", ein Altersheim für mehr oder weniger gefeierte Opernsänger, Musiker und Tänzer, die hier auch ohne entsprechende finanzielle Mittel ihren Lebensabend in Ruhe und Würde verbringen können. Hier sind sie umgeben von allerhand "guten Geistern", den Gegenwärtigen und ganz praktisch Agierenden, wie auch denen der Vergangenheit. Koffer mit Kostümen, Partituren und Fotos werden zu Füllhörnern der Erinnerung, das von Schmid so liebevoll wie inszenierend auf die betagten Künstler gerichtete Scheinwerferlicht legt einen Raum zwischen Traum und Wirklichkeit frei, zwischen Konstruktion und Realität. SCHAMANEN IM BLINDEN LAND (Michael Oppitz, Nepal/BRD/USA 1980, 19. & 25.8.) Zwischen 1977 und 1979 begleitete Michael Oppitz drei Expeditionen in eine abgelegene Himalaya-Region in West-Nepal, um dort eine der ehemals zahlreichen örtlichen Ausprägungen des Schamanismus zu dokumentieren. Das bekannteste Resultat dieser Feldforschungen ist SCHAMANEN IM BLINDEN LAND, ein Klassiker der visuellen Anthropologie in zwei Teilen, der sich schamanischen Riten (magischen Heilverfahren oder rituellen Reisen), der mythischen Färbung des schamanischen Alltagslebens und der transzendentalen Aura von Landschaft und Gesellschaft widmet. DET SJUNDE INSEGLET (Das siebente Siegel, Ingmar Bergman, Schweden 1957, 20. & 27.8.) Im Zwischenreich zwischen Leben und Tod angesiedelt ist Ingmar Bergmans Studie über Glauben, Zweifel und die Frage nach der Existenz Gottes. Der Ritter Antonius Block kehrt im Spätmittelalter von den Kreuzzügen in das von Pest und Not verwüstete Schweden zurück. Er begegnet dem leibhaftigen Tod, der sein Leben fordert. Der noch nicht zum Sterben bereite Block verhandelt einen Aufschub von der Dauer eines Schachspiels mit dem Tod. Antwort auf seine Fragen findet er schließlich beim Gaukler Jof, dessen Frau Mia und dem kleinen Kind mit ihrer im Alltag verwurzelten Lebensverbundenheit. DER ANDERE (Max Mack, D 1913, 24. & 26.8., am Klavier: Eunice Martins) Nach einem Sturz leidet Rechtsanwalt Dr. Haller unter einer Bewusstseinsveränderung, die ihn sich in den "Anderen" verwandeln lässt. Als dieses Alter Ego durchstreift er die Berliner Halbwelt. Die Dr. Jekyll & Mr. Hyde-Variante antizipiert eines der wichtigen Themen des Weimarer Kinos: den Ich-Verlust und das fremdbestimmte Handeln. Vorfilm: ZWEIMAL GELEBT (Max Mack, D 1912, 24. & 26.8., am Klavier: Eunice Martins) Vom Beinahe-Unfall der Tochter schockiert, muss die Mutter in ein Sanatorium eingewiesen werden, wo sie verstirbt, wie es zunächst scheint. Zeuge ihres Wiedererwachens wird einzig der schon lange heimlich in sie verliebte Arzt, der diese Wendung der Familie verschweigt. BRIGADOON (Vincente Minnelli, USA 1954, 28. & 31.8.) Zwei Amerikaner verirren sich im schottischen Hochland und geraten in das auf keiner Karte verzeichnete Dorf Brigadoon. Es ist ein sagenhafter Ort, in dem die Zeit stehen geblieben ist, erhielt er doch im 18. Jahrhundert von übernatürlicher Seite das Privileg, nur alle 100 Jahre für einen Tag aufzutauchen. Der Zauber hat jedoch nur solange Bestand, wie zwei elementare Regeln beachtet werden: Kein Bewohner darf den Ort verlassen und ein Fremder darf nur bleiben, wenn er sich verliebt … Minnelli inszenierte die Geistergeschichte als Musical mit strahlend-bunten Dekors und Kostümen. (mg)

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