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ÉDES EMMA, DRÁGA BÖBE – VÁZLATOK, AKTOK (Süße Emma, liebe Böbe, Ungarn 1991, 2.2., zu Gast: Johanna ter Steege, István Szabó) Budapest, Anfang der 90er Jahre, kurz nach der politischen Wende. An der Schule, an der Emma (Johanna ter Steege) viele Jahre Russisch unterrichtet hat, brennen jetzt genau diese Lehrbücher. Von Schüler*innen und Lehrerkolleg*innen beargwöhnt, beginnen Emma und ihre Freundin Böbe (Enikö Börcsök), sich zu Englischlehrerinnen ausbilden zu lassen – ein mühsames Unterfangen. Emma kämpft und sucht Halt, auch emotionalen, den ihr indes die Beziehung zum wankelmütigen, opportunistischen und vor allem verheirateten Schulleiter in keiner Weise bietet. Als Böbe unter fadenscheinigen Gründen verhaftet wird, gerät auch Emmas Leben aus dem Lot. „Skizzen, Aktzeichnungen“ lautet der Untertitel des Films – Szabó skizziert so irritierende wie erschütternde Vignetten eines materiellen, sozialen und moralischen Überlebenskampfes.

TAKING SIDES (Taking Sides – Der Fall Furtwängler, D/F 2001, 3.2., zu Gast: István Szabó) Partei ergreifen, sich auf eine Seite schlagen: die Notwendigkeit sowie die Schwierigkeit, die Fallhöhe wie die Fallstricke des titelgebenden Stellungbeziehens durchwirken Szabós Großproduktion. Kurz nach Kriegsende trifft US-Major Arnold (Harvey Keitel) im völlig zerstörten Berlin (Bauten: Ken Adam) mit dem Auftrag ein, gegen Wilhelm Furtwängler (Stellan Skarsgård) zu ermitteln, den ehemaligen Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker und Vorzeigekünstler der Nazis. In einer unerbittlich-intensiven Verhör-Szene treffen die beiden aufeinander: Arnold sieht in Furtwänglers Arrangement mit den NS-Machthabern den untrüglichen Beweis für dessen Kollaboration, Furtwängler leitet aus seiner Position als Künstler das Recht ab, sich nicht mit Politik beschäftigen zu müssen.

MEPHISTO (Ungarn/BRD 1981, 4.2.) Basierend auf Klaus Manns gleichnamigem Roman, dessen Titelfigur Gustaf Gründgens entlehnt ist, zeigt Szabó die Korrumpierbarkeit der Kunst und der Künstler im Nationalsozialismus. Mit der Machtergreifung der Nazis wird aus dem ehrgeizigen Schauspieler Hendrik Höfgen mit vormals linker Einstellung (Klaus Maria Brandauer) ein von den Nazis allzu schnell verführter Opportunist. Der Aussicht auf den Intendantenposten am Preußischen Nationaltheater opfert Höfgen Überzeugungen, Freunde und Gefühle und realisiert erst in einer gespenstischen Abschlussszene im Berliner Olympiastadion sein persönliches Versagen. MEPHISTO wurde 1982 mit dem Oscar als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet.

APA (Father, Ungarn 1967, 5. & 8.2.) Takó (András Bálint) hat seinen Vater, einen Arzt, bei Kriegsende verloren und wächst als Halbwaise auf. Das Fehlen des Vaters kompensiert er, indem er ihn für sich und seine Umgebung zum makellosen Helden stilisiert: der berühmte Arzt, der heldenhafte Partisan, der strahlende Kämpfer. Erst als Student und durch die Freundschaft zu einer jüdischen Kommilitonin gelingt es ihm, sich dem tatsächlichen Leben seines Vaters zu nähern und die Wahrheit zu akzeptieren. Realhandlung und Traumbilder ineinander verschränkend entwirft Szabó eine psychologische Studie über die Deformationen in der Diktatur, zeigt aber ebenso das kritische Geschichts- wie Selbstverständnis eines Vertreters der jungen Generation in Ungarn.

BIZALOM (Confidence, Ungarn 1980, 6. & 8.2.) Als kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs Katalins Mann als Widerstandskämpfer untertaucht, muss auch Katalin Vorsichtsmaßnahmen ergreifen und eine neue Identität als Ehefrau eines anderen, wildfremden Mannes annehmen. Grundlage der Ad-hoc-Beziehung des vermeintlichen Ehepaars sind Härte, Misstrauen und Angst – Gefühle, die zudem (im wahrsten Sinne des Wortes) keinen anderen Raum haben dürfen als das kleine Zimmer, welches ihnen im Haus eines älteren Ehepaars zur Verfügung steht. Hier entfaltet sich ein intensives Kammerspiel zwischen zwei einsamen, verlorenen Menschen, deren verleugnete Vergangenheit und wenig belastbare Gegenwart Verständnis, Loyalität, Liebe und als gemeinsames Fundament Vertrauen unmöglich zu machen scheinen.

THE DOOR (Hinter der Tür, Ungarn 2012, 7.2.) Ungarn, 60er Jahre: Die so eigensinnige wie rätselhafte Emerenc (Helen Mirren) kümmert sich um den Haushalt der Schriftstellerin Magda (Martina Gedeck), der nach Jahren der Zensur endlich Erfolg zuteil wird. Zwischen den beiden grundverschiedenen Frauen entwickelt sich langsam und entlang eines unbegreiflichen Wechsels von Fürsorge und Zurückweisung eine vorsichtige Nähe, die indes eine unüberwindbare Grenze kennt: die Tür zu Emerenc’ kleinem Haus, die absolut niemand übertreten darf. Als Emerenc ihr Haus verlassen muss, sieht sich Magda mit einer schwierigen Frage konfrontiert. Ein eindringliches Kammerspiel um zwei starke Frauenfiguren unterschiedlicher Generationen und gesellschaftlicher Zugehörigkeit und ihr Ringen in einer komplexen Beziehung zwischen Nähe und Distanz. (mg)

Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Collegium Hungaricum Berlin und der European Film Academy e.V..

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