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THIS IS NOT A BURIAL, IT’S A RESURRECTION (Lesotho/Italien/Südafrika 2019, 17. & 18.11.) des lesothischen Regisseurs Lemohang Jeremiah Mosese eröffnet das diesjährige Festival. Weihnachten im lesothischen Bergdorf Nasaretha: Nachdem die alleinstehende 80-jährige Mantoa erfahren hat, dass ihr letzter noch lebender Sohn bei einem Minenunglück im benachbarten Südafrika ums Leben gekommen ist, hat sie nur noch einen Wunsch – sie möchte sterben und gemeinsam mit ihrem Sohn begraben werden. Doch die Pläne für ihr friedliches Ableben werden durchkreuzt, als sie von einem Dammprojekt erfährt, das ihr Dorf und den Friedhof unter einem Stausee begraben soll. Mantoa beschließt, das spirituelle Erbe ihrer Gemeinde zu verteidigen. Das bildgewaltige Drama wurde unter anderem beim Sundance Festival mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet. Der Regisseur wird sowohl zur Berlinpremiere wie auch zur Wiederholungsvorführung für ein Filmgespräch vor Ort sein.

NARDJES A. (Karim Aïnouz, Algerien/F/D/Brasilien/Katar 2020, 18.11.) Der brasilianisch-algerische Filmemacher begleitet die Aktivistin Nardjes über einen Zeitraum von 24 Stunden am Internationalen Frauentag, dem 8. März 2019 in Algier. Mit dem Smartphone gefilmt, gelingt Aïnouz ein mitreißendes filmisches Dokument der sogenannten „Revolution of Smile“. Dabei zeichnet er ein eindringliches Porträt einer algerischen Jugend, die selbstbewusst gegen Korruption und für die demokratische Zukunft ihres Landes auf die Straße geht.

THE GHOST AND THE HOUSE OF TRUTH (Nigeria 2019, 19.11.) spielt in den düstersten Ecken der nigerianischen Metropole Lagos. Bola Ogun ist eine engagierte Beraterin, die Versöhnungssitzungen zwischen Sträflingen und den Opfern ihrer Verbrechen ermöglicht. Ihr Glaube an Vergebung wird auf eine schwere Probe gestellt, als ihre Tochter Nike nicht von der Schule nach Hause zurückkehrt. Die schwangere Kommissarin Folashade „Stainless“ Adetola übernimmt die Ermittlungen. Die Spuren führen in das pädokriminelle Milieu von Lagos. Der Nollywood-Thriller des nigerianischen Regisseurs Akin Omotoso wurde beim Urban World Film Festival 2019 in New York als „Best Narrative Feature Film“ mit dem großen Preis der Jury ausgezeichnet. AFRIKAMERA präsentiert den Film als Deutschlandpremiere.

FAHAVALO, MADAGASCAR 1947 (Marie-Clémence Andriamonta-Paes, Madagaskar/F/B/Kap Verde/Katar 2018, 20.11.) Der Dokumentarfilm zeichnet mit Hilfe von Archivmaterial und Zeitzeugenberichten die Hintergründe des sogenannten „Madagaskar-Aufstands“ (Insurrection malgache) gegen die französische Kolonialbesatzung nach. Der Guerillakampf der lokalen „Fahavalo“ („Feinde Frankreichs“), die nur mit Speeren und Talismanen bewaffnet gegen die französischen Besatzer kämpften, konnte erst im Dezember 1948 niedergeschlagen werden. Der Aufstand bildet bis heute ein zentrales Ereignis im kollektiven Gedächtnis Madagaskars, das in diesem Jahr den 60. Jahrestag seiner Unabhängigkeit begeht.

AIR CONDITIONER (Angola 2020, 20.11.), der erste abendfüllende Spielfilm des angolanischen Regisseurs und Produzenten Mário Bastos a.k.a. Fradique, ist ein surrealer Trip durch die angolanische Metropole Luanda. Ohne erkennbaren Grund fallen die an den Fassaden befestigten Klimaanlagen massenhaft aus ihren Verankerungen und erschlagen Menschen auf offener Straße. Die Regierung ist ratlos. Der Security Guard Matacedo macht sich auf Geheiß seines Bosses auf den Weg, um dessen Klimaanlage reparieren zu lassen. Unterwegs trifft er auf das Hausmädchen Zezinha und landet in einem Elektrogeschäft, das von einem enigmatischen Mann namens Mr. Mino geführt wird. Getragen vom Jazz-Soundtrack der angolanischen Musikerin Aline Frazão wurde AIR CONDITIONER bei seiner Uraufführung beim Filmfestival in Rotterdam 2020 von der Kritik gefeiert. Berlinpremiere.

REVOLUTIONARY SHORTS präsentiert eine Auswahl herausragender aktueller Kurzfilme aus Afrika, darunter INVISIBLES (KAUNAPAWA) von Joel Haikali (Namibia 2019, 21.11.), ein rauschhaftes Roadmovie, in dem sich ein Paar auf eine Reise durch das namibische Outback macht, um über sich selbst und seinen Platz in der Post-Apartheid-Gesellschaft zu reflektieren.

DAYS OF CANNIBALISM (Teboho Edkins, F/Niederlande/Südafrika 2020, 21.11.) Der ethnologische Dokuwestern spielt in Lesotho im Distrikt Thaba-Tseka. Die Globalisierung in Gestalt von chinesischen Wirtschaftsmigranten ist mittlerweile auch in das raue Hinterland der Enklave in der Republik Südafrika vorgedrungen und fordert traditionelle Wertesysteme heraus. Edkins porträtiert dabei die entstandenen Parallelgesellschaften – chinesische Händler auf der einen Seite, die Basotho, traditionelle Viehzüchter, auf der anderen Seite, ohne in simplen Dualismus zu verfallen. Ihm gelingt so eine eindrückliche Studie über gesellschaftliche Machtgefälle und latente Gewalt. Der Regisseur ist für ein Filmgespräch vor Ort.

APRÈS TA RÉVOLTE, TON VOTE! (After Your Revolt, You Vote, Kiswendsida Parfait Kaboré, Burkina Faso/F 2019, 21.11.) Nach einem Volksaufstand im Oktober 2014 verpflichtete sich Burkina Faso zu einer historischen Abstimmung: dem ersten Regierungswechsel durch demokratische Wahlen. Die Bewegung „Le Balai Citoyen“ (der Besen der Bürger), ins Leben gerufen von den Musikern Smockey und SamsK le Jah, ist die treibende Kraft hinter den Aufständen und zugleich ein Protestsymbol, mit dem die Straßen des Landes von Korruption gesäubert werden sollen. Die Dokumentation begleitet die Bewegung beim Aufbau eines neuen politischen Systems.

SOFTIE (Soko Sam, Kenia 2020, 21.11.) Der politische Aktivist Boniface „Softie“ Mwangi steht im Zentrum dieses Dokumentarfilms. Nach langem Kampf als politischer Aktivist und Fotograf gegen die Ungerechtigkeiten in seiner Heimat Kenia, beschließt er 2017 bei einer regionalen Wahl in Nairobi für das Parlament zu kandidieren. Der Film begleitet Softie bei den Versuchen, eine saubere Kampagne gegen seine korrupten Gegner zu führen. Dabei gerät er samt seiner Familie immer stärker unter Druck. SOFTIE feierte seine Premiere beim Sundance Festival 2020 und wurde dort mit einem World Cinema Documentary Special Jury Award ausgezeichnet.

SARRAOUNIA (Med Hondo, Burkina Faso/F 1986, 22.11.) Ein Klassiker des 2019 verstorbenen französisch-mauretanischen Filmemachers: In-spiriert vom gleichnamigen Roman des nigrischen Schriftstellers Abdoulaye Mamani zeigt der epische Historienfilm den Kampf von Sarraounia, der sagenumwobenen Königin der Azna gegen eine koloniale Terrormission Frankreichs Ende des 19.Jahrhunderts als Reenactment.

BEST OF AFRICAN SHORTS (22.11.) In Kooperation mit dem Festival cinémas d’Afrique Lausanne präsentiert AFRIKAMERA eine Auswahl herausragender aktueller Kurzfilme, darunter der auf dem Urban Fantasy-Roman von Charlie Human basierende Konzeptfilm APOCALYPSE NOW NOW (Südafrika/Kanada 2017) von Michael Matthews, der den 16-jährigen Baxter auf eine wahnwitzige Reise durch die fantastische Unterwelt von Kapstadt schickt.

EGYPT´S MODERN PHARAOS (Jihan El-Tahri, Ägypten/Südafrika/F 2015, 22.11.) Die französisch-ägyptische Regisseurin zeichnet die politische Entwicklung ihres Heimatlandes Ägypten seit 1952 nach. Als Ergebnis mehrjähriger Archivarbeit widmet El-Tahri ihren Film den drei zentralen Figuren ägyptischer Politik: Gamal Abdel Nasser, Anwar As-Sadat und Hosni Mubarak und erklärt, warum die Weichenstel-lungen der aufeinanderfolgenden Machtregime für eine gefestigte Unabhängigkeit in der Revolution 2011 auf dem Tahir-Platz mündeten. Im Anschluss Diskussion mit der Filmemacherin.

POPPIE NONGENA (Südafrika 2019, 22.11.) Verfilmung des Romans der südafrikanischen Schriftstellerin Elsa Joubert von Christiaan Olwagen: Kapstadt zur Zeit der Apartheid, Mitte der 70er Jahre. Poppie Nongena arbeitet als Haushälterin für eine reiche weiße Familie. Als ihr Mann seinen Job verliert, greift ein Apartheidgesetz zur Ausgrenzung der schwarzen Mehrheitsbevölkerung: Poppie gilt nun als Illegale in ihrem eigenen Land und soll mit ihren Kindern in das Homeland ihres Mannes im Norden Südafrikas zwangsumgesiedelt werden. Als zeitgleich 1976 der Schüleraufstand in Soweto gegen das Regime losbricht, muss Poppie nicht nur um ihr eigenes Leben, sondern auch um das ihres Sohnes bangen. (fw)

Coronabedingt wird ein Teil des Programms von AFRIKAMERA 2020 online präsentiert. Bei ausgewählten Filmen wird es im Anschluss an die Filmvorführungen Diskussionen mit den Filmemacher*innen via Zoom geben. Aktuelle Informationen unter www.afrikamera.de
Begleitend zum Festival ist zudem im Foyer des Arsenals die Installation „Chinafrika.mobile“ der Künstler Jochen Becker & Daniel Kötter zu sehen. AFRIKAMERA steht unter der Schirmherrschaft von Dr. Uschi Eid.

Coronabedingt wird das Festival nicht im Arsenal präsentiert, sondern komplett online auf www.afrikamera.de.

Die Gesellschaften Afrikas befinden sich im Wandel. In Nordafrika wie in verschiedenen subsaharischen Metropolen sind zivilgesellschaftlich getragene Protestbewegungen entstanden, die gegen die politischen Umstände in ihren Ländern aufbegehren. Von der „Revolution of Smile“ in Algier über „Y’en a marre“ in Dakar bis hin zu „Le Balai Citoyen“ in Ouagadougou – die Protestbewegungen gegen korrupte und autoritäre Regime werden wesentlich von Künstler*innen mitgetragen. Vor allem dem urbanen, digitalen Kino unabhängiger afrikanischer Filmemacher*innen kommt dabei eine wichtige Funktion als gesellschaftlicher Seismograph zu.

AFRIKAMERA 2020: Urban Africa, Urban Movies: Politics & Revolution präsentiert eine Auswahl aktueller wie historischer Spiel- und Dokumentarfilme zu gesellschaftlichen Umbrüchen und kolonialer Aufarbeitung auf dem Kontinent anlässlich des 60. Jahrestages der Unabhängigkeit in zahlreichen afrikanischen Staaten in diesem Jahr. Das Programm bildet zugleich den Auftakt eines über einen Zeitraum von vier Jahren konzipierten Festivalschwerpunkts zum aktuellen urbanen Kino aus Afrika. So werden in den Folgejahren die Themenkomplexe „Youth & Youth Cultures“ (2021), „Migration und Diaspora“ (2022) sowie „Future & Utopias“ (2023) in den Fokus gerückt.

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