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Unser Streamingbereich www.arsenal-3-berlin.de ist ein Raum für Assoziationen, Reaktionen und Fußnoten und bezieht sich unmittelbar auf die Aktivitäten der Institution: auf das Kinoprogramm aber auch auf das Verleihangebot oder die Archivarbeit.

Im Januar zeigen wir zwei Programme: Arbeiten von Philip Scheffner und ein Programm zum Archiv des nationalen Filminstituts von Guinea-Bissau (INCA).

Werkschau Philip Scheffner

Seit 2007 hat Philip Scheffner in Zusammenarbeit mit Merle Kröger fünf lange Filme gedreht, die alle im Forum der Berlinale Premiere hatten. Aus gründlichen Recherchen entstanden, setzen sie sich mit Grenzen und dem Ausschluss von Menschen auseinander und reflektieren die Bedingungen des Filme- und Bildermachens, sowie Fragen von Repräsentation, Machtverhältnissen und Hierarchien immer mit. Scheffners Filme eröffnen Wahrnehmungs- und Denkräume, in denen Sichtbarkeiten und Unsichtbarkeiten neu verteilt werden.

Im Rahmen der Werkschau auf arsenal 3 findet am 21. Januar um 18 Uhr ein Live-Chat mit Philip Scheffner, moderiert von Nicole Wolf, statt. Alle sind herzlich eingeladen, sich mit ihren Fragen zu den Filmen von Philip Scheffner am Chat zu beteiligen. Link zum Youtube-Channel

A/C (D 2003, OmE, 42 min)
A/C ist eine Reinterpretation von Philip Scheffners gleichnamiger CD, ein experimentelles Video, aufgenommen zwischen 1996 und 2001 in Bombay und Berlin: der Lärm der Stadt und die Geräusche der Videokamera, ein wütender Monolog während eines Verkehrsstaus, ein Interview mit dem Drehbuchautor Urmi Juvekar über Bombays inoffizielle Hymne „Bombay Meri Jaan“ sowie Ausschnitte aus C.I.D., dem Film, in dem das Lied gesungen wird.

THE HALFMOON FILES (D 2007, OmU/E, 87 min)
Ausgehend von Bild- und Tondokumenten indischer und nordafrikanischer Kriegsgefangener aus dem „Halbmondlager" in Wünsdorf bei Berlin zur Zeit des Ersten Weltkriegs, folgt Philip Scheffner in seiner vielschichtigen Recherche zur Verflechtung von Militär, Wissenschaft und Unterhaltungsindustrie ihren Stimmen an den Ort ihrer Aufnahme. In seiner experimentellen Spurensuche deckt er Bilder und Töne auf, in denen die Geister der Vergangenheit zum Leben erwachen.

DER TAG DES SPATZEN (D 2010, OmE, 100 min)
Ein politischer Naturfilm, der von einem Land handelt, in dem die Grenze zwischen Krieg und Frieden verschwindet. Am 14. November 2005 wird im niederländischen Leeuwarden ein Spatz erschossen. In Kabul stirbt ein deutscher Soldat in Folge eines Selbstmordattentats. Das Nebeneinander der Schlagzeilen wird zum Anlass für Philip Scheffner, sich mit den Methoden der Ornithologie auf die Suche nach dem Krieg zu machen. In Deutschland, nicht in Afghanistan. Denn hier stellt sich die Frage: Leben wir im Frieden oder im Krieg?

REVISION (D 2012, OmE, 106 min)
Im Juni 1992 wurden zwei rumänische Staatsbürger beim Versuch, die EU-Außengrenze zu überschreiten, von Jägern in einem Feld in Mecklenburg-Vorpommern erschossen. Die Jäger gaben an, die Menschen mit Wildschweinen verwechselt zu haben, der Prozess endete mit Freisprüchen. Knapp 20 Jahre später unterzieht Philip Scheffner den Fall einer filmischen Revision, die Orte, Personen und Erinnerungen miteinander verknüpft und ein fragiles Geflecht aus Versionen und Perspektiven einer „europäischen Geschichte“ ergibt.

HAVARIE (D 2016, OmE,  93 min)
Am 14.9.2012 um 14.56 Uhr meldet das Kreuzfahrtschiff „Adventure of the Seas" der spanischen Seenotrettung die Sichtung eines havarierten Schlauchboots mit 13 Personen an Bord. Aus einem YouTube-Clip, der sich über die gesamte Laufzeit des Films wölbt und biografischen Szenen entsteht eine Choreografie, in der sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Reisenden auf dem Mittelmeer spiegeln.

AND-EK GHES (Co-Regie: Colorado Velcu,  D 2016, OmE, 94 min)
AND-EK GHES... ist die Fortsetzung einer außergewöhnlichen Zusammenarbeit zwischen den Co-Regisseuren Philip Scheffner und Colorado Velcu, die mit dem Film REVISION begann. Nach dem Umzug nach Berlin inszenierte sich die Familie Velcu in ihrem neuen Leben selbst, inklusive Titelsong im Bollywood-Stil.

Aus dem Archiv des INCA – Instituto Nacional de Cinema e Audiovisual

Der Archivbestand des nationalen Filminstituts von Guinea-Bissau (INCA) umfasst bedeutendes dokumentarisches Material aus der Zeit des Befreiungskampfes (1963–1974) und der ersten Jahre der Unabhängigkeit des Landes. Darüber hinaus finden sich dort ausländische Filmproduktionen, die insbesondere die solidaritäts- und geopolitischen Beziehungen zu anderen Ländern in den 1970er Jahren widerspiegeln.

Das historische Filmmaterial aus der Zeit des militanten Kinos in Guinea-Bissau wurde im Bürgerkrieg 1998/99 fast vollständig vernichtet. Nur ein kleiner Teil überstand die Zerstörung. Die schlechten Lagerbedingungen führten in den Folgejahren zu einem schnell fortschreitenden Zerfall des Filmmaterials durch das Essig-Syndrom. Im Rahmen von „Animated Archive“ konnte der Filmbestand durch eine Förderung im Kulturerhalt-Programm des Auswärtiges Amts im Jahr 2012 digitalisiert werden. Diverse Projekte und Veranstaltungen widmen sich seit der Digitalisierung der Aufarbeitung des Archivbestandes.

Im Rahmen von „Archive außer sich“ entsteht in den kommenden Monaten ein Online-Sichtungsbereich, um das Archivmaterial einem breiteren Publikum zu Recherchezwecken verfügbar zu machen. Die Plattform wird Teil der Mediateca Onshore (https://mediateca-onshore.org) sein, eine nomadische Kunst- und Kulturplattform in Guinea-Bissau, die Workshops und Produktionen in den Bereichen Film, Performance, Archivpraktiken, Agrarökologie ausrichtet und Wissen als Beitrag zu sozialer, ökonomischer und ökologischer Gerechtigkeit bereitstellt.

Der Großteil des Archivbestandes besteht aus ungeschnittenem Bild- und Tonmaterial. Die Künstlerin und Filmemacherin Filipa César hat daraus eine kleine Auswahl für das Januar-Programm auf arsenal 3 getroffen, dokumentarische Aufnahmen von Luís Cabral bei einem Besuch in Ost-Berlin im Jahr 1976.

O REGRESSO DE AMÍLCAR CABRAL von Sana na N'Hada, José Bolama, Josefina Crato, Djalma Fettermann und Flora Gomes (1976) zählt zu den wenigen vollendeten Filmen, die im Archiv überlebt habe. Er dokumentiert die Überführung des Leichnams von Amílcar Cabral von Conakry nach Bissau im Jahr 1976. Nach Aussage von Sana na N’Hada war die Absicht des Films, die guineische Diaspora zur Rückkehr in die von der portugiesischen Kolonialmacht 1974 befreite Nation zu bewegen.

SPELL REEL von Filipa César (2017) ist das Ergebnis eines vielschichtigen Rechercheprojekts, das sie 2011 mit Sana na N’Hada und Flora Gomes initiierte. Nach der Digitalisierung des Archivmaterials reisten sie mit einem Wanderkino an die Orte, an denen die Filme entstanden waren und nun erstmalig öffentlich gezeigt und von den Filmemachern kommentiert werden konnten. SPELL REEL sieht einem Archiv bei der Arbeit zu, bei der Produktion von Gegenwart.

Die Nutzung von arsenal 3 kostet 11€ pro Monat. Weitere Informationen und Anmeldung hier.

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