Düsseldorf, Anfang der 1970er Jahre. Der junge, introvertierte Beuys-Schüler Hans (Jakob Diehl) lernt Ruth (Natalie Krane) kennen, eine jugendliche Streunerin, die in einem Stadtpark lebt. Fasziniert von ihr, macht er Ruth zum Motiv seiner Videoarbeit und nimmt sie bei sich auf. Ruth wächst schnell in die Künstlerszene um Hans hinein, sie nimmt einen Job als Aktmodell an der Akademie an. Doch Hans misstraut ihrem neuen Leben, er argwöhnt, dass Ruth mit der Wandlung zum ‚Glamourgirl’ nur vor sich selbst flieht. Für ihn bleibt sie das rätselhafte, verirrte Mädchen, in das er sich insgeheim verliebt hatte, ein Sujet, das er mit niemandem teilen will. Eifersüchtig auf seinen besten Freund Philipp (Christoph Bach), sperrt er Ruth im Atelier ein, um – wie er glaubt – im Reagenzglas der Kunst ihr Geheimnis zu erforschen. Mit diesem Experiment geraten ihm Kunst und Leben unauflösbar durcheinander.
Am 18. Dezember wird auf Wunsch von Constanze Ruhm der Film ANNA von Alberto Grifi und Massimo Sarchielli (Italien 1975, 16mm, OmU, 213') gesichtet und diskutiert. ANNA ist ein Dokumentarfilm über eine 16-jährige, obdachlose Drogenabhängige. Sie ist im 8. Monat schwanger, als sie von den beiden Filmemachern auf der Piazza Navona in Rom entdeckt wird. Der Film dokumentiert die Beziehung zwischen der schönen, deutlich angeschlagenen, oft benommenen Teenagerin und den Regisseuren. Lange, oft häusliche Szenen (einschließlich einer endlosen Entlausung in der Dusche) wechseln mit endlosen Cafégesprächen, die an der Piazza Navona stattfinden, wo die unbändigen, sich überschneidenden Gespräche die wichtigsten Themen des Films berühren: zwischen Filmemachern, dem Staat und der Gesellschaft. ANNA ist weit davon entfernt Cinema vérité zu sein. Die Verwicklung aller Beteiligten schließt Reinszenierungen des ersten Treffens mit ein, eindeutige Versuche, die Protagonistin zu lenken sowie häufige Eingriffe von hinter der Kamera (nicht zuletzt das Auftauchen des Technikers aus der Crew als Liebhaber). Der Film wurde ursprünglich mit einer Video-Apparatur in einer Länge von 11 Stunden aufgezeichnet und im Juni 1975 in einer auf 4 Stunden gekürzten Fassung mittels des "Vidigrafo" (eine Eigenkonstruktion von Alberto Grifi) auf 16mm-Film übertragen. Im selben Jahr lief er im Internationalen Forum des jungen Films.
Zum Jahresende präsentiert Vaginal Davis am 16. Dezember TOCA PARA MI (Argentinien 2001) von Rodrigo Fürth: Carlos ist Schlagzeuger in einer Punkrock-Band in Buenos Aires. Als sein Adoptivvater Genaro, ein Akkordeonspieler, stirbt, reist er in das kleine Dorf Los Angeles, das irgendwo in der Pampa liegt. Je weiter er die Punkmusik hinter sich lässt, desto offener wird er für Rhythmen der Folklore, wie etwa die Cumbia oder den Cuartelazo. Es ist schon zehn Jahre her, dass in Los Angeles ein Zug vorbeifuhr. Deshalb haben viele der Dorfbewohner das Weite gesucht, oder sie prostituieren sich, wie die junge Fabiana... Im Anschluss wie immer Drinks, Musik und Gossip!
Europäischer Dokumentarfilmpreis für "Hiver nomade"
HIVER NOMADE von Manuel von Stürler ist mit dem Europäischen Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet worden. Der Film, der im diesjährigen Forum uraufgeführt worden war, war neben "London: The Modern Babylon" von Julien Temple und dem belgischen Film "Le Thé ou l' Electricité" von Jérôme Le Maire nominiert. Die Auszeichnungen werden von den 2700 Mitgliedern der European Film Academy vergeben.
Neu bei ARTE Creative: ".Spurnahme"
Seit einiger Zeit ist bei ARTE Creative – einer interaktiven Plattform für experimentelle Film- und Videoarbeiten – eine Auswahl an Filmen von arsenal distribution zu sehen. Neuester Zugang ist .SPURNAHME von Juliane Henrich. .SPURNAHME ist der Versuch, einen Ort als Erinnerungsort zu zeichnen. Und stellt die Frage, inwieweit man Dinge erinnern kann, die man nicht selbst erlebt hat, aber glaubt aus einem Ort lesen zu können. Der Film kreist um das Areal in Berlin Mitte, auf dem die neue Zentrale des Bundesnachrichtendienstes errichtet wird. Im Kaiserreich befand sich dort ein Exerzierplatz, zu DDR-Zeiten das "Stadion der Weltjugend." Eine Erzählerin spricht mit einem abwesenden Gegenüber, dabei greifen verschiedene Zeitebenen ineinander, verschiedene Perspektiven der Erinnerung und des Zurückdenkens – in eine vorgeschichtliche Vergangenheit, in die geschriebene Geschichte der Preußen, des Krieges, der Deutschen Demokratischen Republik. Im Hintergrund steht die Frage, wie sich Orte durch wechselnde Ideologien verändern oder Kontinuitäten aufweisen.
Am 21. Dezember präsentiert Maike Mia Höhne Filme von Maya Deren, Carolee Schneemann, Stan Brakhage, Marie Menken und Rüdiger Neumann. "Die Wiederholung ist von Nöten. Immer wieder. Warum immer wieder? Weil es immer wieder passieren muss, um einen Klang auszulösen. Einen Nachhall zu erzeugen. Es ist die Transzendenz, um die es geht dieser Tage und immer wieder. RITUAL IN TRANSFIGURED TIME (Maya Deren, 1946). Verdichtung des Verinnerlichten in ein Außen. Den Körpern die Bewegung. Kein Verschwinden im Pornographischen, Hingabe: FUSES (Carolee Schneemann, 1965–68). Stan Brakhage nimmt das Leuchten auf in EYE MYTH EDUCATIONAL (1972) und Marie Menken folgt in LIGHTS (1965) den Lichtern der Weihnachtszeit und überführt sie vom Realen ins Filmische. STEIN / LICHT (Rüdiger Neumann, 1993) ist eine Reise durch die Zeiten und Gezeiten. Erst im tiefen Schwarz der Nacht, auf Zelluloid gleichsam viszeral, entsteht das Rauschen der Lichter, die am Horizont erscheinen". (Maike Mia Höhne)
Russische Filmwoche 2012
In drei Programmen präsentieren die Russische Filmwoche und Studierende der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" Potsdam-Babelsberg eine Auswahl von Kurzfilmen, die in den letzten zwei Jahren an drei renommierten Moskauer Filmhochschulen – der Staatlichen Russischen Universität für Kinematographie (WGIK), den Höheren Kursen für Drehbuch und Regie sowie dem russischen internationalen Ausbildungsprogramm "Generation Campus" – entstanden sind. Die kurzen Dokumentar-, Spiel- und Animationsfilme geben Einblick in ein beeindruckend breites Spektrum an unterschiedlichen Stilen und Genres: von an Kafka oder Bulgakow erinnernden surrealen Welten bis hin zu präzisen Aufzeichnungen alltäglicher Lebensumstände, wobei die Auseinandersetzung mit der eigenen Generation, den Wünschen, Hoffnungen und Ängsten der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Russland einen deutlichen Schwerpunkt bilden. Die tour d'horizon der Moskauer Filmhochschulen beschließt der Film WINTER, GO AWAY! (2012, 30.11.), eine Arbeit von zehn Regieabsolventen der Marina-Rasbeschkina-Schule für Dokumentarfilm und Theater in Moskau, von denen einige ebenfalls "Generation Campus" absolviert haben. Die jungen Regisseure Elena Chorewa, Denis Kleblew, Askold Kurow, Dmitri Kusabow, Nadeshda Leontewa, Anna Moiseenko, Madina Mustafina, Sofia Rodkewich, Anton Seregin, Alexej Shiriakow haben über einen Zeitraum von zwei Jahren Demonstrationen und Protestveranstaltungen gegen Wladimir Putins erneute Kandidatur für die Präsidentschaft mit der Kamera begleitet. Ein Kaleidoskop von Menschen, Gesichtern, Gesprächen, Protesten, Niederlagen und Triumphen fügen sich zu einer Chronik der Opposition. (29. & 30.11.)
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