Vor dem Hintergrund der afroamerikanischen Befreiungsbewegung und der Krise der Hollywood-Studios entstand um 1970 ein neues Genre im US-Kino. Mit den Blaxploitation-Filmen der ersten Hälfte der 70er Jahre erlebte afroamerikanisches Kino seinen ersten (und bislang einzigen) großen Boom. Bis in die 60er Jahre war Schwarzen in Hollywood – von Ausnahmen wie Sidney Poitier und einigen all-black musicals abgesehen – die Rolle des Butlers, Gärtners und Schuhputzjungen vorbehalten gewesen. Angesichts eines neuen afroamerikanischen Selbstbewusstseins und Hollywood-Studios, die dringend auf neue Märkte angewiesen waren, war um 1970 die Zeit gekommen, das Bild der Afroamerikaner auf der Leinwand zu korrigieren. Vier enorm erfolgreiche Filme afroamerikanischer Regisseure begründeten innerhalb von 18 Monaten ein Genre mit schwarzen Protagonisten, die in Überlebensgröße mit jedem Satz und jeder Handlung verkündeten: "Black is beautiful". Plot und Setting dieser Filme – die beiden unabhängig produzierten SWEET SWEETBACK'S BAADASSSSS SONG (1971) und SUPER FLY (1972) sowie die zwei Major-Produktionen COTTON COMES TO HARLEM (1970) und SHAFT (1971) – wurden stilbildend für zahlreiche nachfolgende black action movies. Prägender Schauplatz war ein schwarzes Ghetto-Milieu, dominiert von Drogen, Zuhälterei und den dazugehörigen Gangsterbossen. Die bevorzugten Protagonisten waren neben dem coolen Privatdetektiv oder Cop die Figuren des Pimp und des Pusherman. In einem Umfeld, das einen starken Bezug zu den Lebensumständen vieler Schwarzer in amerikanischen Großstädten hatte, behaupteten sich die black action heroes souverän gegen "the Man", aka "white men in power". Das transportierte Bild einer black urban culture mit street slang, Afrolook, hipper Kleidung, stylishen Autos und groovy Soundtracks trug zu der Popularität der Filme, auch außerhalb der USA, maßgeblich bei. Die Musik, eine spezifische Mischung aus Soul, Rhythm & Blues, Funk und Jazz, übernahm dabei eine wichtige, oft narrative Funktion, die den Filmen eine Dimension von Tiefe verlieh, die den Drehbüchern zum Teil fehlte. James Brown, Isaac Hayes, Curtis Mayfield und andere schrieben in der kurzen Blütezeit des Genres einige der aufregendsten Soundtracks der Filmgeschichte.
Living Archive wird vom Goethe-Institut mit einem Stipendiatenprogramm unterstützt. Unser vierter Gastteilnehmer kommt aus Rio de Janeiro: Joel Pizzini ist neben seiner kuratorischen Tätigkeit vor allem als Regisseur von Filmen bekannt, die sich an der Schnittstelle von kuratorischer und Regiearbeit bewegen: Sie schöpfen aus den Bildern der Kinogeschichte und bringen sie neu zum Sprechen. Vom 27. bis 31.8. stellt Joel Pizzini seine und andere Arbeit im Kino Arsenal vor, die sich z.T. Werken aus unserer Sammlung widmet.
Retrospektive Andrej Tarkowskij
Tarkowskij im Sommer – seit über 20 Jahren ist das eine lieb gewordene Tradition für uns und unser Publikum. Wir präsentieren im Juli und August neben den sieben langen Filmen des russischen Regisseurs Andrej Tarkowskij (1932–1986), dessen Geburtstag sich im April diesen Jahres zum 80. Mal jährte, drei dokumentarische Arbeiten von und über Tarkowskij.
Magical History Tour - Sound im Film
Frühe Tonfilmexperimente und experimentelle Geräuschtonspuren stehen im Vordergrund unseres Magical-History-Tour-Exkurses in die Welt der Tonspuren, die mit on-screen- oder off-screen-, diegetischen oder non-diegetischen Tönen, mit komplexen Audio-Arrangements, Überwältigungs-Sound oder atemloser Stille integraler Bestandteil der Filmerfahrung sind. Die Tonspur produziert Atmosphäre oder Irritation, greift den Bildern vor oder widerspricht ihnen, verstärkt oder erdrückt. Sie schafft eine Welt, einen souveränen Klangraum, der immer wieder Fragen zum Verhältnis von Bild und Ton aufwirft.
Für ihr Programm am 26.8. wählte "Curatorial Mother" Vaginal Davis zwei kleine Juwelen aus: Dudley Murpheys ST. LOUIS BLUES (1929) enthält die einzigen Filmaufnahmen der "Empress of the Blues" Bessie Smith, sowie ihre einzigen Tonaufnahmen, die außerhalb der Kontrolle von Columbia Records entstanden. Amos Poes THE BLANK GENERATION (1975) ist ein Home Movie über die Geburt des New York Punk mit Iggy Pop, Blondie und Patti Smith. Im Anschluss wie immer Drinks und Musik.
Die DEFA-Stiftung präsentiert
Deutschlandpremiere: Bete & Deise
Filmmakers' Choice: Ernie Gehr, Larry Gottheim, Peter Hutton, Pat Sullivan
Doppelprojektion: Torse
Arsenal Summer School
Gefördert durch:
Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds
Die internationalen Programme von Arsenal on Location sind eine Kooperation mit dem Goethe-Institut.