Griechenland macht von sich reden – mit Innovationen filmischer Art. Eine junge Generation von Filmemacherinnen und Filmemachern setzt der wirtschaftlichen Misere ein immenses künstlerisches Kapital in Form von neuen ästhetischen Ansätzen entgegen. Mit einfallsreichen, unkonventionellen und bisweilen verstörenden Bildern gibt sie dem internationalen Autorenkino neue Impulse und sorgt auf den großen Festivals für Aufsehen.
Unsere Auswahl von 13 aktuellen griechischen Spiel- und Dokumentarfilmen aus den Jahren 2009 bis 2012 – die meisten sind erstmalig in Berlin zu sehen – präsentiert eine enorm vielgestaltige Kinematografie, die sich vom "Neuen griechischen Kino" der 70er Jahre deutlich absetzt. Es handelt sich um einen veritablen Umbruch, um einen Aufbruch weg von klassischen Formaten und Konventionen, der eine Revitalisierung der griechischen Filmlandschaft bewirkt. Das zeitgenössische griechische Kino ist wagemutig, amüsant, sperrig, verrückt, visionär und heterogen. Es ist individuell, unangepasst und radikal eigenwillig. Es experimentiert mit verschiedenen künstlerischen Formen und lässt sich nicht in Kategorien stecken. Es sucht Wege der Finanzierung unabhängig von staatlicher Förderung. Es ist weder das Ergebnis einer politisch-ökonomischen Initiative, noch kann man von einer Bewegung oder Schule sprechen, obwohl die Filmemacher untereinander vernetzt sind, häufig zusammen arbeiten oder sich bei ihren Projekten unterstützen. In einer Zeit des politischen, ökonomischen und moralischen Kollapses entstanden, machen die meisten Filme die tiefe soziale Krise Griechenlands nicht zum Thema im Sinne einer politischen Botschaft – doch sie erzählen fast alle mehr oder weniger direkt von denselben Problemen: Wirtschaftskrise, Sprachlosigkeit, Dysfunktionalität der Familie, Gewaltbereitschaft, Xenophobie, Lethargie und Mangel an Visionen. Ein skeptischer Umgang mit Sprache, ein Sinn fürs Groteske, die Suche nach Identität und vor allem die scharfe Kritik an Rolle und Zustand der Familie charakterisieren viele aktuelle griechische Filme – genauso wie eine außerordentliche künstlerische Vielfalt.
Wir freuen uns ganz besonders, dass wir dank der Unterstützung der Griechischen Kulturstiftung Berlin die beiden prominentesten Vertreter des neuen griechischen Kinos zu Gast haben: Zur Eröffnung am 4. Mai mit einer Preview von ALPEIS (vor dem regulären Starttermin durch Rapid Eye Movies Mitte Juni) sowie am 5. Mai zu DOGTOOTH erwarten wir den Filmemacher Yorgos Lanthimos, und am 10. Mai präsentiert und diskutiert Athina Rachel Tsangari zum Kinostart ihren vielfach preisgekrönten Film ATTENBERG.