Greenland Eyes präsentiert zum ersten Mal die aktuelle Film- und Kulturszene Grönlands in Berlin. Dabei ist der Blick von Greenland Eyes nicht nur aufs Eis gerichtet: Das Festival will einen Einblick in die komplexe Gesellschaft des heutigen Grönland jenseits gängiger Repräsentationen einer menschenleeren sublimen Eiswüste und eines "Eskimo-Exotismus" ermöglichen. Denn in Grönland – so wird es in den ausgewählten Filmen deutlich – verbinden sich Natur und Kultur, spektakuläre Landschaften und urbane Räume, Robbenfang und Playstation. Und nicht zuletzt vermischt sich die Welt älterer Generationen als Bewahrer von Traditionen mit derjenigen der grönländischen Jugend, die in ihrem Verständnis für Mode, Musik und Zukunftsträume Gleichaltrigen überall auf der Welt ähnelt. Greenland Eyes will genau diesem jungen Grönland ein Forum bieten. Eine eigene Filmproduktion gibt es dort erst seit wenigen Jahren. Ein Großteil der Filmschaffenden sind Autodidakten, die oft gleichzeitig als Produzenten, Regisseure und Schauspieler tätig sind. Das Berliner Publikum wird die Möglichkeit haben, Filme zu sehen, die zum größten Teil noch nie in Deutschland oder außerhalb Grönlands gelaufen sind. Greenland Eyes ist dabei internationale Bühne, Ort einer Zwischenbilanz und Treffpunkt einer Vielzahl von Akteuren des grönländischen Films. Einführungen und Gespräche sowie eine Roundtable-Diskussion (28.4.) mit allen anwesenden Filmemachern ermöglichen es, Film aus und über Grönland in einen breiten kulturellen Kontext zu setzen.
Neu im Verleih: Die Filme von Jack Smith!
2009 präsentierten das Arsenal und das Hebbel am Ufer (HAU) "LIVE FILM! JACK SMITH! Five Flaming Days in a Rented World", kuratiert von Susanne Sachsse, Stefanie Schulte Strathaus und Marc Siegel. Gemeinsam mit 50 internationalen Künstlern und Wissenschaftlern widmete sich das Event dem Underground-Pionier und der queeren Ikone Jack Smith (1932–89). Superstar Mario Montez, der für LIVE FILM zum ersten Mal wieder auf der Bühne stand, und die teilnehmende Regisseurin Ulrike Ottinger erhielten bei der Berlinale einen Ehren-Teddy. Nun gibt es wieder große Neuigkeiten: Auf Initiative von Jerry Tartaglia und durch die Leidenschaft und Tatkraft vieler stellt das Jack Smith Archive der Barbara Gladstone Gallery dem Arsenal nagelneue 16mm-Kopien für Verleihzwecke zur Verfügung. Pünktlich zu Camp/Anti-Camp können wir sie dem Publikum präsentieren und wir hoffen, dass sie künftig auf vielen Leinwänden erstrahlen. (13.4.)
"Hiver nomade" in Nyon ausgezeichnet
Manuel von Stürlers HIVER NOMADE, der im diesjährigen Forum uraufgeführt wurde, hat beim Festival Visions du Réel in Nyon den mit 15.000 Schweizer Franken dotierten Preis für den 'besten Schweizer Film aller Sektionen' erhalten. Die internationale Jury verwies auf die bestechende Handschrift des Regisseurs, der es verstehe das filmische Potential der zwei Protagonisten und ihrer unglaublichen Verbindung zueinander zu nutzen. Diese zeitgenössischen Nomaden erlebten ein aussergewöhnliches Abenteuer, das dennoch tief in unserer Gegenwart verwurzelt sei. Der Regisseur erschaffe in seinem ersten langen Dokumentarfilm eine Magie der Einfachheit durch die Kraft der Kameraführung, die Feinheit des Schnitts sowie durch den Einsatz der Musik.
The Archers: Filme von Michael Powell & Emeric Pressburger
"Written, produced and directed by Michael Powell and Emeric Pressburger": Mit diesen Worten und mit dem Signum ihrer Produktionsfirma "The Archers" – eine Zielscheibe in rot, blau und weiß – beginnen die gemeinsamen Filme eines einzigartigen Autoren-Regie-Produzenten-Gespanns. Der Engländer Michael Powell (1905–1990) arbeitete seit der Stummfilmzeit in der britischen Filmindustrie, unter anderem bei Rex Ingram und Alfred Hitchcock. In den 30er Jahren inszenierte er eine Reihe von "Quota Quickies", schnell gedrehte Unterhaltungsfilme, bevor er 1939 vom Produzenten Alexander Korda mit dem Drehbuchautor Emeric Pressburger zusammengebracht wurde. Der gebürtige Ungar Pressburger (1902–1988) war in den 30er Jahren als Autor für die UFA tätig, bevor er vor den Nazis über Frankreich nach England floh. Ihre ersten gemeinsamen Filme waren Propagandafilme, die schon den Einfallsreichtum und die Experimentierfreude ihrer späteren Werke vorwegnahmen. Im traditionell eher am Realismus orientierten britischen Filmschaffen nahm ihr extravagantes Werk eine singuläre Stellung ein. Sie schufen opulente, farbenprächtige und bild-gewaltige Filme, die sich durch funkelnden Charme und einen leichtfüßigen Humor auszeichnen. 1957 trennten sich die Wege von Powell und Pressburger. Powells Karriere fand durch den Skandal um Peeping Tom (1960) ein vorläufiges Ende. Beide erlebten noch die Wiederentdeckung ihres Werks durch jüngere Regisseure wie Martin Scorsese und Derek Jarman in den 80er Jahren.
filmPOLSKA
Im Rahmen des 7. Polnischen Filmfestivals in Berlin – filmPOLSKA –, das vom 12. bis 18. April in verschiedenen Kinos in Berlin und Potsdam stattfindet, widmen wir uns im Arsenal zum dritten Mal polnischen Kameraleuten. In diesem Jahr begrüßen wir Bogdan Dziworski und Wojciech Staroń, die jeweils an zwei Abenden ihre Kamera- und Regiearbeiten vorstellen. Bogdan Dziworski hat mittlerweile weit über 40 Filme gedreht. Seit Mitte der 60er Jahre arbeitet er als Kameramann und Fotograf, wenige Jahre später entstanden erste Arbeiten als Regisseur. Schwerpunkt seines Schaffens ist das dokumentarische Arbeiten. In den 70er und 80ern dreht er Dokumentarfilme für das berühmte "Bildungsfilmstudio" Wytwórnia Filmów Oświatowych in Łódź. Die ehemalige Sowjetunion war Thema einer Reihe von Filmen, an denen Dziworski als Kameramann für die BBC beteiligt war. Seine Fotografien haben in einer Reihe von Ausstellungen und Publikationen große Aufmerksamkeit erhalten. Neben zahlreichen eigenen Projekten ist Dziworski Dekan der Abteilung für Film und Fernsehen an der Schlesischen Universität in Katowice.
Auf Vorschlag von Entuziazm sichten wir am 17. April um 19 Uhr den Film SHIWJOT TAKOJ PAREN (Es lebt so ein Junge, Wassilij Schukschin, UdSSR 1964). Der Film wurde im Jahr 1978 im Programm des Internationalen Forum des Jungen Films neben drei weiteren Filmen Schukschins gezeigt. Bei der Mostra in Venedig wurde er 1964 dafür mit einem Goldenen Löwen ausgezeichnet.
Erinnerung und Zukunft-Preis für "Revision"
Beim Filmfestival goEast in Wiesbaden ist REVISION von Philip Scheffner mit dem Dokumentarfilmpreis "Erinnerung und Zukunft" der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft ausgezeichnet worden. REVISION, der im diesjährigen Forum zu sehen war, ist eine filmische Spurensuche: 1992 werden zwei Menschen auf einem Feld nahe der deutsch-polnischen Grenze erschossen. Die Umstände, die zum Tod von Grigore Velcu und Eudache Calderar führten, wurden bis heute nicht aufgeklärt. Offiziell handelte es sich um einen Jagdunfall, eine tragische Verwechslung mit Wildschweinen. Zu einer Verurteilung der Jäger kam es nie, der sich über Jahre schleppende Prozess, in dem entscheidende Fragen nicht verfolgt wurden, endete mit einem Freispruch. Knapp 20 Jahre später sucht Philip Schaffner die Angehörigen der Getöteten in Rumänien auf und lässt sie die Aussagen machen, die nie gehört wurden. Wie allen anderen Zeugen und Sachkundigen, die er erneut befragt, gibt er ihnen die Möglichkeit, ihre Statements anzuhören und zu überdenken – anders als die gängige Praxis, die einmal gemachte Aussagen zum Fakt erhebt. So unterwirft Scheffner nicht nur den Fall einer filmischen Revision, sondern auch das eigene Medium. Mit sorgsamer Handhabe von Material und Zeugnissen und zunehmend beklemmender Dichte webt er ein Netz aus Landschaft, Erinnerung, Akten und "deutschen Zuständen".
In unserer Reihe Filmmakers’ Choice präsentiert die Künstlerin Eléonore de Montesquiou am 23. April Filme, die nach den Beweggründen für das Filmemachen fragen. Warum verwenden wir eine Kamera? Ist man Forscher im sozialen Raum, so wie es Robert Flaherty Joris Ivens vorschlug? In CINEMAFIA diskutieren Jean Rouch, Joris Ivens und Henri Storck darüber. Weitere Filme, die diese Fragen aufgreifen, sind PAM KUSO KAR von Jean Rouch über Rituale in Niger und PAS TOUT von Isabelle Prim und Ludovic Burel, ein "Familienfilm" in einer verlassenen Fabrik. 1968 bis 1970 bedienten sich die Medvedkin-Gruppen Strategien, um politische Erfahrungen filmisch aufzubereiten. LES TROIS QUARTS DE LA VIE wurde von jungen Arbeitern in der Peugeot-Fabrik gedreht, unterstützt von Chris Marker und Bruno Muel. (Eléonore de Montesquiou)
Vaginal Davis' neue Reihe: Rising Stars, Falling Stars – We Must Have Music!
Über 40 Mal hat Vaginal Davis das Publikum mit Stummfilmen und Livemusik verwöhnt. Nun fragt sie: "Is there a new way of seeing music in film?" und startet damit ihre neue Serie im Arsenal. Einmal monatlich geht es um Film und Musik, präsentiert von der "curatorial mother"“ persönlich, die nach der Vorführung noch zum Musik hören und Drinks einlädt. Ihre Auswahl der Filme umfasst alle Zeiten und Genres, doch entstammen sie alle der Sammlung des Arsenal: Vaginal Davis ist Teilnehmerin des Projekts Living Archive. Ihr Eröffnungsfilm am 22.4. ist Otto Premingers PORGY AND BESS (USA 1959), die Verfilmung der gleichnamigen Oper von George Gershwin mit Sidney Poitier, Dorothy Dandridge, Sammy Davis Jr., Pearl Bailey, Brock Peters, Diahann Carroll.
Gefördert durch:
Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds
Die internationalen Programme von Arsenal on Location sind eine Kooperation mit dem Goethe-Institut.