Seit Februar letzten Jahres ist bei ARTE Creative – einer interaktiven Plattform u.a. für experimentelle Film- und Videoarbeiten – eine Auswahl an Filmen von arsenal distribution zu sehen. Jeden Monat kommt ein neuer Film hinzu, der für jeweils ein Jahr gestreamt wird. Ab März wird Gheith Al-Amines Video ONCE UPON A SIDEWALK (Libanon 2009, 20’) gezeigt, das die Darstellung von Frauen als Objekte des Begehrens betrachtet und das Medium Video analysiert, indem es wiederholt dessen Parameter manipuliert. Geith Al-Amines Arbeiten "T.S.T.L" und "King Lost His Tooth" wurden im Forum Expanded der Berlinale 2012 gezeigt.
Im Kino: "Treeless Mountain"
Mit TREELESS MOUNTAIN von So Yong Kim bringt arsenal distribution ab dem 1. März einen Film aus dem Programm des Forums 2009 in die Kinos. Der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete zweite Langfilm der Regisseurin, deren jüngster Film FOR ELLEN im diesjährigen Forum zu sehen war, erzählt die Geschichte der sechsjährigen Jin, die mit ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester Bin in Seoul lebt. Als die Mutter sich auf die Suche nach dem Vater der beiden Mädchen macht, von dem sie getrennt lebt, müssen Jin und Bin den Sommer bei ihrer alkoholkranken Schwägerin verbringen. Zum Abschied bekommen sie von der Mutter ein Sparschwein; sie verspricht, zurück zu sein, sobald es voll ist. Doch als es soweit ist, bleibt die Mutter verschwunden. Jin und ihre Schwester werden auf eine Farm gebracht, die ihren Großeltern gehört. Durch dieses Erlebnis erkennt Jin die Bedeutung familiärer Bindungen. Unter dem Einfluss ihrer resoluten und hart arbeitenden Großmutter lernt sie, dass sie durch ihre Fürsorge für die jüngere Schwester ihren Schmerz verwinden kann. Von ihrer eigenen Kindheitsgeschichte inspiriert, erzählt So Yong Kim vom Verrat an familiärer Geborgenheit. Gänzlich unsentimental gelingt es ihr, mit Bildern mehr als mit Worten eine Welt zu erschaffen, in der der Zuschauer Zeuge eines Verbrechens wird. Obwohl niemand Gewalt ausübt – die Kinder sind nur einfach nicht mehr gewollt. Mit einer seltsamen Wucht erlebt man, wie Kinder durch die Lügen der Erwachsenen aus ihrem Paradies vertrieben werden können.
Im Rahmen der Reihe Filmmakers choice zeigen Gusztáv Hámos und Katja Pratschke am 20. März Fotofilme, die das Gedächtnis und die Zeit erforschen, die uns Kino denken lassen. In LA JETÉE (Chris Marker, F 1962) experimentieren Überlebende eines Atomkriegs mit einem Gefangenen, um in der Zeit zu reisen. Durch die Erinnerung an ein besonders starkes mentales Bild, das Gesicht einer Frau, gelingt es dem Mann, in die Vergangenheit zu reisen und sie zu treffen. In (NOSTALGIA) (Hollis Frampton, USA 1971) beschreibt eine Stimme 13 Fotos. Nach einer Weile verbrennt das jeweils gezeigte Bild und transformiert zu Asche. Kommentar und Bild sind tektonisch verschoben. In FIASKO (Janet Riedel, K. Pratschke, G. Hámos, D 2010) kommt der Auschwitzüberlebende Steinig an einen gespenstisch fremden, zugleich merkwürdig vertrauten Ort, erlebt Déjà-vus, gerät in den Strudel eines undurchschaubaren Systems (stalinistisches Ungarn), erzählt in Splitscreen-Fotografien. (Katja Pratschke)
Ulrike Ottinger: Berlin-Trilogie
Zum Abschluss unserer Filmreihe mit Arbeiten von Ulrike Ottinger zeigen wir am 26., 27. und 29.2. ihre Berlin-Trilogie aus den Jahren 1979 bis 1984: BILDNIS EINER TRINKERIN _ ALLER JAMAIS RETOUR (BRD 1979), FREAK ORLANDO (BRD 1981) und DORIAN GRAY IM SPIEGEL DER BOULEVARDPRESSE (BRD 1984).
Magical History Tour – Kino im Plural: Kollektive, Gruppen und Fabriken
Filme sind Gemeinschaftswerke. Sie entstehen in enger Zusammenarbeit von Regisseuren, Autoren, Produzenten, Kameraleuten, Tonmeistern, Cuttern, Schauspielern und vielen mehr. Wir zeigen diesen Monat in der Magical History Tour Filme, die das kollektive Arbeiten sichtbar und zu ihrem Thema machen – darunter sind sowohl Filme von Gruppen, die eher lose miteinander verbunden sind als auch von Kollektiven, die eine alleinige Autorschaft aufheben. Diese aus meist politischen und sozialen Bewegungen heraus entstandenen Filmkollektive wollten mit ihrer Arbeit vor allem einen Gegendiskurs herstellen. Das Durchbrechen von Hierarchien und Autoritäten, der Film als Mittel zur Aufklärung und Agitation, das möglichst allen, vor allem den bisher Machtlosen offen steht: Im Idealfall sind kollektiv hergestellte Filme verwirklichte Uto-pien. Auch auf der ästhetischen Ebene spiegelt sich die Mehrstimmigkeit in Experimentierfreude und disparater Form. Filme von den 20er Jahren (die Fabrik des Exzentrischen Schauspielers) bis zur Gegenwart geben einen unvollständigen Einblick in kollektives Filmschaffen.
Shirley Clarke
Im Rahmen des Forums und mit anschließender Wiederholung im Arsenalprogramm präsentieren wir zwei Filme, die von Milestone Films restauriert wurden. Shirley Clarke, Wegbereiterin des amerikanischen unabhängigen Kinos, begann ihre Karriere als Tänzerin und wandte sich in den 1950er Jahren dem Filmemachen zu. 1962 gründete sie mit Jonas Mekas und anderen die New Yorker Filmmakers' Coop.
Kawashima Yuzo
Im Westen nahezu unbekannt, nimmt er in der japanischen Filmgeschichte eine wichtige Stellung ein: Kawashima Yuzo (1918–1963) begann 1938 als Assistent in den Shochiku-Studios, wo er mit Filmemachern wie Ozu und Shimazu zusammenarbeitete. 1944 begann er selbst Regie zu führen und wurde vor allem für seine Tragikomödien bekannt, die bevorzugt unter kleinen Gaunern oder in Bordellen spielen. Imamura Shohei, der unter Kawashima seine Karriere begann, zählt ihn zu seinen wichtigsten Lehrern. Kawashimas Filme ziehen den Zuschauer vom ersten Bild an in ihre Welt. Es sind lebhafte Filme, voller willensstarker und entschlossener Charaktere, die sich zwischen ihren Wünschen und der Realität zurechtfinden müssen.
UdK-Seminar: SO IS THIS. NOW.
Das Februarprogramm der Klasse für zeitbasierte Medien und Performance beginnt mit dem Melodram A STAR IS BORN (USA 1954, 1.2.) von George Cukor, gespielt und produziert von Judy Garland, gestutzt von Warner Brothers: "Is any movie as deeply committed to utterly uncontrolled emotional chaos as his A STAR IS BORN?" (D. Callahan) DIE FINANZEN DES GROSSHERZOGS RADIKANT FILM> von Max Linz (D 2011) ist eine Farce über den (neofeudalen) Ausverkauf hiesiger Film- und Kunstproduktion, gefolgt von Riki Kalbes HEXENSCHUSS (BRD 1979), in dem drei Frauen einen Störsender bauen, FÜHRUNG (D 2011) von René Frölke: wie Kunst, Wirtschaft und Regelstudienzeit im nichtalltäglichen Alltag einer Kunsthochschule einander umgarnen. Und Želimir Žilniks CRNI FILM (Jugoslawien 1971) fragt schließlich: "Film: Waffe oder Scheiße?" (8.2.) (Madeleine Bernstorff)
7. Forum Expanded
Fast 40 Arbeiten aus 20 Ländern bilden wieder ein dichtes und konzentriertes Programm mit Ausstellungen, Filmen und Performances. Es steht im Zeichen der ästhetischen Auseinandersetzungen mit globalen und individuellen Dimensionen gegenwärtiger Krisen. Das Programm prüft die Aktualität vergangener radikal-avantgardistischer Ideen und versucht sich an der Neubestimmung eines Kinos der Gegenwart.
42. Forum
Die Auseinandersetzung über gegensätzliche Lebensentwürfe, der Konflikt zwischen den Generationen und die Ambivalenz des sogenannten Fortschritts stehen im Mittelpunkt zahlreicher Beiträge zum Forum 2012.
Gefördert durch:
Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds
Die internationalen Programme von Arsenal on Location sind eine Kooperation mit dem Goethe-Institut.