Im Rahmen von "Living Archive" stellt Sandra Naumann am 7. Dezember die Werke von Mary Ellen Bute (1906–1983) vor. Bute gehörte in den 30er Jahren zu den PionierInnen des abstrakten Films in den USA und in den 50ern zu den ersten FilmemacherInnen, die sich mit elektronischer Bilderzeugung auseinandersetzten. In ihren kurzen Filmen erforschte sie die Übertragung musikalischer Kompositionsprinzipien auf die Gestaltung visuellen Materials und erprobte verschiedene Möglichkeiten der Verknüpfung von Bild und Ton. Auf der Suche nach einem geeigneten Medium für ihre Vision einer kinetischen Lichtkunst experimentierte sie mit Leon Theremin zunächst mit Geräten zur Transformation akustischer in optische Signale, bevor sie den Film als ihr ideales Ausdrucksmittel entdeckte.
Die öffentliche Archivsichtung bei freiem Eintritt findet in diesem Monat am 13.12. statt. Das Programm wird kurzfristig bekanntgegeben.
Neu im Verleih: THE BALLAD OF GENESIS AND LADY JAYE
THE BALLAD OF GENESIS AND LADY JAYE (Marie Losier, USA/F 2011), der auf der Berlinale 2011 mit dem Caligari-Preis des Forums sowie dem Teddy für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde, ist ein intimes, berührendes Porträt über das Leben und Werk des bahnbrechenden Performance-Künstlers und Musik-Pioniers Genesis Breyer P-Orridge – bekannt durch Throbbing Gristle und Psychic TV – und seiner Lebens- und Arbeitspartnerin Lady Jaye. Man mag einen Film über die Geschichte der Industrial Music erwarten, über Genesis als Bindeglied zwischen Pre- und Postpunk-Ära, über den Underground seit den 70er Jahren. Das ist er auch, aber erzählt aus der Perspektive einer großen romantischen Liebe. Genesis und Lady Jaye beginnen durch Operationen eins zu werden, ein Drittes, ein Pandrogyn. Beeinflusst, wie so vieles in Genesis' Arbeit, von Brion Gysins und William Burroughs "Cut Ups", war es der Versuch, zwei einzelne Identitäten zu dekonstruieren, durch die Schaffung einer unsichtbaren Dritten.
ONE WORLD BERLIN
2011 findet zum achten Mal das ONE WORLD BERLIN Filmfestival für Menschenrechte und Medien statt. Im Arsenal sind vom 24.11. bis 30.11. 15 Programme zu sehen. Regisseure, Menschenrechts-Experten und andere Gäste begleiten das Programm mit Diskussionen und Gesprächen. Was bedeuten überhaupt heutzutage noch Menschenrechte in Zeiten, in denen Kriege von ferngesteuerten Kampfrobotern geführt werden, komplexe Persönlichkeiten zu Social-Network-Profilen destilliert werden und überhaupt das Menschsein einem Bedeutungswandel unterliegt.
"Day Is Done"
Mit DAY IS DONE von Thomas Imbach bringt arsenal distribution einen weiteren Film aus dem Programm des diesjährigen Forums in die Kinos. Erst vor wenigen Tagen wurde er mit dem Zürcher Filmpreis 2011 ausgezeichnet. Wir freuen uns sehr, Ihnen den Film zum Kinostart am 1. Dezember in Anwesenheit des Regisseurs präsentieren zu können. Nach der Vorstellung führt Dorothee Wenner, Filmemacherin, Journalistin und Mitglied im Auswahlkomitee des Forums, ein Gespräch mit dem Regisseur. Im Anschluss findet ein Umtrunk im Foyer statt, zu dem wir Sie herzlich einladen. Ab dem 1.12. läuft der Film zudem täglich im Acud sowie im fsk Kino. Über mehrere Jahre hat Regisseur Thomas Imbach die Welt vor seinem Atelierfenster beobachtet und die Nachrichten auf seinem Anrufbeantworter archiviert. Das filmische Ergebnis ist eine vielschichtige Studie vergehender Zeit und künstlerischer Identität.
Zuerst der qualmende Schlot, mit dem Teleobjektiv in nächste Nähe gerückt. Dann die Züge, die Wolken und die Vogelschwärme, das Stadtpanorama im Weitwinkel. Flugzeuge. Zeitraffer, Zeitlupe. Später schwarze Regenwolken, Sonne, Schnee, Mondschein. Die Straße vor dem Haus: Lagerhallen, vor denen Schrott sortiert wird, Wein geliefert, eine Party gefeiert. Brennende Autos, ein schwerer Motorradunfall. Eine junge Frau, die tagein tagaus ihre Post abholt und die NZZ. Von links durchquert sie das Bild, von rechts kehrt sie zurück. Den Beobachter scheint sie nicht zu bemerken über all die Jahre, die er mit seiner Kamera am Fenster steht und das Leben aufzeichnet, das sich vor seinem Atelier ausbreitet. Wie die Zeit vergeht, das stellt der Zuschauer zuerst an den Nachrichten auf dem Anrufbeantworter des Filmemachers fest. Anfangs wirken sie ein wenig komisch, die Anrufe glücklicher oder enttäuschter Freundinnen, die Urlaubsgrüße und Glückwünsche. Da sind sie noch aus dem Zusammenhang gerissen, der sich alsbald herstellt. Dann auf einmal kommt jeder Nachricht eine historische Bedeutung zu. Krankheit, Tod, Schwangerschaft, Geburt, Trennung, Erfolge, Misserfolge. Ein Schock, als man schließlich feststellt, dass man sich mitten in einem Leben befindet, dramatischer als jede Fiktion. (Forumskatalog, Christoph Terhechte)
Berliner Premiere: DAS SCHLECHTE FELD
In seinem dokumentarischen Essayfilm DAS SCHLECHTE FELD (D/Österreich 2011) untersucht Bernhard Sallmann (*1967) einen Ort im Wandel der Zeiten: das Feld vor dem elterlichen Haus im österreichischen Ansfelden. Der Blick aus dem Fenster zeigt eine Landschaft, die von einer mehrspurigen Autobahn zerschnitten wird.
Durch die Informationen der Stimme aus dem Off erweist sich diese als Schnittstelle von Weltgeschichte und Familiengeschichten. Sie wird zum Ausgangspunkt für Reflexionen über Kindheit, das Verschwinden der bäuerlichen Welt und den Zweiten Weltkrieg – als dort ein Arbeitslager für Kriegsgefangene stand und der Todesmarsch jüdischer KZ-Häftlinge aus Mauthausen vorbeiführte. In statischen, nahezu menschenleeren Bildern, mit Musik des im Ort geborenen Komponisten Anton Bruckner werden Sedimente von Zeitschichten freigelegt. Eine Geografie von Erinnerungen wird sichtbar. Ab 24.11. ist der Film im Kino Krokodil zu sehen. (22.11., in Anwesenheit von Berhard Sallmann)
Living Archive – Archivarbeit als künstlerische und kuratorische Praxis der Gegenwart
Das Projekt "Living Archive – Archivarbeit als künstlerische und kuratorische Praxis der Gegenwart" dient unter anderem dazu, anhand der Filmsammlung des Arsenal die Geschichte der Institution zu beleuchten. Die Filmemacherin und Kuratorin Ute Aurand präsentiert am 5. November Filme der britischen Künstlerin Margaret Tait. Nach einer Sichtung in der Londoner Filmmakers Coop organisierte Aurand 1994 eine Werkschau im Kino Arsenal. Zwei Jahre später konnte sie im Rahmen ihrer vom Künstlerinnenprogramm des Senats geförderten Filmreihe "Sie zum Beispiel" sechs Filmkopien für den Verleih des Arsenal erwerben. 1998 fügte das Arsenal eine Kopie ihres letzten Films GARDEN PIECES hinzu.
Ulrike Ottinger
Der Herbst in Berlin steht weiterhin im Zeichen von Ulrike Ottinger. Nach der Ausstellung Floating Food (noch bis 30.10.) im Haus der Kulturen der Welt wird im Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.) anlässlich der Verleihung des Hannah-Höch-Preises an Ulrike Ottinger das unbekannte und bisher nicht gezeigte malerische Frühwerk (1963–68) Ottingers ausgestellt (26.11.–22.1.). Das Arsenal lädt bis Januar in zwölf Filmveranstaltungen mit Gesprächen und Einführungen dazu ein, das filmische Œuvre von Ulrike Ottinger zu entdecken. Indem das Programm Themen, Zitate, Bilder und Töne der Ausstellungen aufgreift, spiegelt und kommentiert es Ulrike Ottingers Bewegtbild-Welten zwischen Opulenz und Stilisierung, Variationen des Theatralen und Ethnografischen, Kulturgeschichte und -Science-Fiction, Reflexion und Reise.
DAAD-Stipendiatin Sandra Kogut zu Gast
Die brasilianische Filmemacherin Sandra Kogut (*1965) ist zur Zeit Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Ihr Werk situiert sich zwischen Videokunst, dokumentarischem Essay und Fiktion.
In ADIU MONDE OU L'HISTOIRE DE PIERRE ET CLAIRE (F 1997, 3.11.) spinnt Kogut vergnüglich die legendäre Liebesgeschichte eines Schäfers weiter – mit den medienerfahrenen Bewohnern eines idyllischen Pyrenäen-Dorfs als Komplizen. Ihren Versuch, als Enkelin ungarischer Juden einen ungarischen Pass zu bekommen sowie die schmerzvolle Geschichte ihrer Familie dokumentiert A HUNGARIAN PASSPORT (2001, 3.11.). Mit LaienschauspielerInnen drehte sie ihr international vielfach ausgezeichnetes Spielfilmdebüt MUTUM (BR/F 2007, 4.11.). Der zehnjährige Thiago lebt mit seiner Familie im abgelegenen brasilianischen Hinterland. Mit Befremden betrachtet er die Erwachsenen und deren Welt aus Betrug, Gewalt und trügerischer Stille.
Deutscher Kurzfilmpreis
Seitdem Janis ihr Schlafzimmer nicht mehr verlässt, betrachtet sie ihre Umgebung durch das Objektiv einer Überwachungskamera. Einen Kosmos auf engstem Raum erzählt Florian Riegels Dokumentarfilm HOLDING STILL, einer der Preisträger des Deutschen Kurzfilmpreises, der gemeinsam mit den Nominierten und zahlreichen Gästen den Abschluss der diesjährigen Kinotournee bildet.
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Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds
Die internationalen Programme von Arsenal on Location sind eine Kooperation mit dem Goethe-Institut.