Im Mai 1942 drehte ein deutsches Filmteam einen tendenziösen Bericht über die Lebensverhältnisse im Warschauer Ghetto, in dem kontrastreich der Unterschied zwischen Armut und Reichtum der Ghettobewohner hervorgehoben werden sollte. Die Aufnahmen, als Fragment und ohne Tonspur überliefert, wurden in der NS-Zeit nicht für die öffentliche Vorführung verwendet. Die Filmbilder transportieren stereotype Vor- und Darstellungen der nationalsozialistischen Propaganda über das europäische Judentum. Dass "die Juden" durch Ausgrenzung und Konzentrierung dem nationalsozialistischen Propagandabild "des Juden" angepasst wurden und diese erzwungene Realität wiederum die Bilder lieferte, die zu ihrer Begründung dienten, sollte in dem Film nicht ersichtlich werden. (Anja Horstmann)
Eine Veranstaltung von CineGraph Babelsberg in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv und der Deutschen Kinemathek. Einführung: Anja Horstmann. (25.1.)
Behauptung des Raumes
In Anwesenheit des Regisseurs Claus Löser und der Kamerafrau Jakobine Motz zeigen wir BEHAUPTUNG DES RAUMES – UNABHÄNGIGE AUSSTELLUNGSKULTUR IN DER DDR (Claus Löser, D 2009, 15.1.) Spätestens nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 entwickelte sich in der DDR eine Kultur, die sich von den offiziellen Apparaturen der Kunstproduktion und -verbreitung abgrenzte und eigene Strukturen schuf. Dieser subkulturelle Ansatz fand sich auf dem Gebiet der Malerei und Fotografie ebenso wie in Literatur, Musik und Film. Auch Galerien, wie z. B. Eigen+Art, sorgten für eine öffentliche Wahrnehmung dieser künstlerischen Emanzipationsbewegung. Dieser geschaffene Freiraum konnte jedoch nur innerhalb eines Prozesses behauptet werden, an dem viele Akteure zuvor als Wegbereiter beteiligt waren. BEHAUPTUNG DES RAUMES erzählt die Geschichte dieser "anderen DDR-Kultur" in einem Dialog zwischen aktueller Betrachtung und dokumentarischen Aufnahmen.
The Invisible Frame & Cycling the Frame
1988 sind die Regisseurin Cynthia Beatt und die junge Tilda Swinton zu einer filmischen Reise entlang der Berliner Mauer aufgebrochen. Der Film CYCLING THE FRAME ist heute ein ungewöhnliches Dokument. 21 Jahre später sind Beatt und Swinton noch einmal die Linie nachgefahren, die Berlin einst teilte. In THE INVISIBLE FRAME folgen sie diesem Weg durch die vielfältigen Grenzlandschaften, dieses Mal auf beiden Seiten der ehemaligen Mauer. Beide Filme von Cynthia Beatt laufen jeweils sonntags um 17 Uhr. Am 17.1. zeigen wir im Anschluss an THE INVISIBLE FRAME und CYCLING THE FRAME den Dokumentarfilm WALL (2004) von Simone Bitton – eine filmische Meditation über die Mauer in Israel. (3., 10., 17., 24. & 31.1.)
Bauhaus & Film
Das Filmprogramm "Bauhaus & Film: Richter, Kranz, Brocksieper" wird im Rahmen des Seminars "Theater, Film, Fotografie am Bauhaus" gezeigt, das in diesem Semester an der Europa-Universität in Frankfurt/Oder stattfindet. Als Lehrveranstaltung zum Bauhaus-Jahr geht das Seminar den Bezügen zwischen den Experimenten der technischen Bildgestaltung und der Szenografie nach, ein wichtiger Teil der Arbeit am Bauhaus, auch wenn sie nur bedingt in die Bauhaus-Lehre integriert waren. An den Filmen des Programms, die teils am Bauhaus vorgeführt (Hans Richter), teils erst Jahrzehnte später fertig gestellt wurden (Kurt Kranz, Heinrich Brocksieper), interessiert vor allem ihr Bezug zu Fotogramm und Fotocollage sowie zu den abstrakten Theaterprojekten von Lázló Moholy-Nagy und Kurt Schmidt. (23.1., Einführung: Stefanie Diekmann)
L'ENFER D'HENRI-GEORGES CLOUZOT
1964 begann Henri-Georges Clouzot mit den Dreharbeiten zu L'enfer, seinem bis dahin ambitioniertesten Film. Atemberaubend sind bereits die Probeaufnahmen mit der 24-jährigen Romy Schneider, die Clouzot als Projektionsfläche für die Wahnvorstellungen ihres krankhaft eifersüchtigen Ehemanns inszeniert. Aber nicht nur das Sujet ist albtraumhaft, das ganze Projekt stand unter keinem guten Stern und wurde nach einem Herzinfarkt Clouzots abgebrochen. Übrig blieben 185 Rollen mit 15 Stunden Filmmaterial, die in verschiedenen Archiven verschwanden. Nun haben die Filmhistoriker Serge Bromberg und Ruxandra Medrea dieses Material aufgespürt und in einer Mischung aus Zeitzeugenbericht, Making-of und nachgedrehten Szenen zu dem Film L'ENFER D'HENRI-GEORGES CLOUZOT (F 2009) montiert.
Serge Bromberg wird nach der Filmvorführung über das unvollendete Werk und die Spurensuche berichten. (Vera Thomas) (30.1.)
Vaginal Davis präsentiert Rising Stars, Falling Stars
Im artforum zum Lieblingsevent 2009 gekürt: Die Stummfilm-Serie "Rising Stars, Falling Stars" von Vaginal Davis! 2010 geht es weiter: Mit ERDGEIST (Leopold Jessner, D 1923), einer Verfilmung des "Lulu"-Stoffes von Wedekind, sechs Jahre vor Pabsts Die Büchse der Pandora. Béla Balázs zum Inhalt: "Das Stück? Es gibt hier gar kein Stück. Der einzige Inhalt dieses Films ist, dass Asta Nielsen mit sechs Männern kokettiert, flirtet, liebelt und sie verführt. Der Inhalt dieses Films ist die erotische Ausstrahlung dieser Frau, die uns hier das große, vollständige Gebärdenlexikon der sinnlichen Liebe gibt." Stummfilmexpertin Ms. Davis präsentiert den Film mit Eunice Martins am Klavier und lädt anschließend zum Empfang. (23.1.)
My Childhood
1945. Der achtjährige Jamie wohnt mit seiner Großmutter und seinem älteren Bruder Tommy in einem schottischen Bergarbeiterdorf südlich von Edinburgh. Jamies einziger Freund ist Helmuth, ein deutscher Kriegsgefangener, der mit anderen Gefangenen auf den Feldern eines naheliegenden Bauernhofes arbeitet. Weder Jamie noch Tommy können sicher sein, wer ihr Vater war. Tommy nimmt an, dass der Mann, der ihm einen Kanarienvogel als Geburtstagsgeschenk mitbringt, sein Vater ist. Die Großmutter vertreibt den Mann aus dem Haus und will das Geschenk vernichten, aber Tommy rettet den Vogelkäfig und versteckt ihn im Keller. Jamie folgt einem Mann, der einen Windhund hat, weil Tommy ihm sagt, der sei sein Vater. Er findet mit ihm jedoch keinen Kontakt, der seine Liebe für Helmuth ersetzen könnte.
My Ain Folk
Nachdem Jamies Großmutter mütterlicherseits stirbt, müssen er und Tommy den härteren Realitäten der Außenwelt entgegentreten. Die Jungen werden getrennt. Tommy kommt in ein Wohlfahrtsheim. Jamie geht zu seiner Großmutter väterlicherseits und zu seinem Onkel. Sein Leben ist angefüllt mit Schweigen und Ablehnung und plötzlichen Ausbrüchen von Gewalttätigkeit und - wenn seine Großmutter betrunken ist - einer sentimentalen Umarmung. Er trifft für eine kurze Zeit seinen Vater, der danach verschwindet. Jamies Mutter stirbt in einem Heim, und Jamie, bereits verstört darüber, ist noch mehr verstört über die Erkenntnis, dass sein Vater tatsächlich mit einer Ehefrau Agnes und legitimem Sohn nebenan wohnt. Das einzige, woran er sich festklammern kann, ist die wachsende Freundschaft mit seinem Großvater, der vor kurzem aus dem Krankenhaus zurückgekehrt ist.
My Way Home
Der Film beginnt in den fünfziger Jahren in einem Kinderheim. Mr. Bridge, ein freundlicher Erzieher, lässt Jamie nur ungern mit seinem Vater in das schottische Bergarbeiterdorf zurückkehren. Anfangs möchte Ja-mie gerne mit der Mutter seines Vaters leben, bis sie irrtümlich annimmt, dass er sie zurückgestoßen habe. Sein Vater schickt ihn ins Kohlenbergwerk; nach einem Krach mit der Frau seines Vaters, kehrt Jamie ins Heim zurück. Er jobbt bei einem Schneider und lebt vorübergehend bei Pflegeeltern. Doch bald hat er keine Bleibe mehr und nächtigt bei der Heilsarmee. Er wird zur Royal Air Force eingezogen und kommt nach Ägypten. Dort trifft er Robert, einen selbständigen, von Büchern umgebenen Menschen. Zwischen den beiden entwickelt sich eine komplizierte Freundschaft. Nach einem Ausflug in ein arabisches Dorf, beginnt Jamie sich und andere zu akzeptieren und aus einer von Selbstmitleid erfüllten und vergeudeten Jugend herauszuwachsen.
"Tagesspiegel"-Leserjury für das Forum gesucht
Auch in diesem Jahr beruft die Berliner Tageszeitung "Der Tagesspiegel" wieder eine neunköpfige Leserjury, die einen mit 3.000 Euro dotierten Preis für den besten Film im Forum vergibt. Wer als Mitglied dieser Jury an der Berlinale teilnehmen möchte, kann sich bis 28. Januar beim Tagesspiegel bewerben.
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