Zum 1. Januar wurde Hartmut Bitomsky zum neuen Direktor der Deutschen Film- und Fernsehakademie (dffb) bestellt. Damit kehrt er an den Ort zurück, zu dessen erstem Jahrgang er 1966 als Regiestudent gehörte und von dem er 1968 wegen politischer Aktivitäten relegiert wurde. Wir möchten Hartmut Bitomsky im Filmhaus am Potsdamer Platz willkommen heißen und widmen ihm eine Werkschau, die einige seiner wichtigsten Filme aus einer 30-jährigen Schaffensperiode umfasst. Bitomsky ist nicht nur Regisseur von essayistischen Dokumentarfilmen, sondern er ist auch als Autor tätig, dessen Schreiben seit den siebziger Jahren eng mit seinem filmischen Schaffen verschränkt ist, das bis heute an die 40 überwiegend dokumentarische Filme umfasst. Sie greifen dort ein, wo Ereignisse sich zu Spuren einer Wirklichkeit verdichten, die ihrerseits als filmisch gegebene reflektierbar wird. Dokumentarfilm bedeutet hier immer auch, den eigenen Umgang des Mediums Film mit seinem Material zu dokumentieren, sich der Bedingungen des eigenen Tuns zu vergewissern, um der konventionalisierten Wahrnehmung ästhetische Widerstände entgegen stellen zu können. "Ich glaube, ein Dokumentarfilm sollte nicht die Realität enthüllen, er muss die Realität artikulieren, gliedern." (Hartmut Bitomsky)
State of the Art
Neue Filme aus dem Studiengang Experimentelle Mediengestaltung der Universität der Künste: Dokumentation: Im Film DIE KÜNSTLER (2006) von Susanne Ullerich sprechen neun Künstler, vier Musiker, zwei Redakteure, eine Fotografin, eine Schauspielerin und eine Designerin über den Unterschied zwischen Kunst und Arbeit und die Kreation eigener Arbeitsplätze. Fiktion: Ob und wie der Kunst geholfen werden kann, fragt man sich im Film DIE AUSSTELLUNG (2005) von Juliane Zelwies. Eine Parodie auf "PPP" (Public Private Partnership), wie man sie sich ätzender nicht vorstellen kann. Besonders komisch – ganz abgesehen davon, was die Institutionen um sie herum für "Kunst" halten und als förderungswürdig anerkennen: die Verbiegungen der KünstlerInnen selbst, um an Ruhm und Geld zu gelangen. Im zweiten Teil des Abends ist nicht Kunst das Thema, sondern das, was durch sie zum Ausdruck kommt: Erinnerung, Verlust und Spannungen im Hier und Jetzt. Der preisgekrönte Film COUSIN COUSINE von Maria Mohr (2005) zeigt und beschreibt in einem Cluster technischer Bilder verschiedenster Herkunft und Aufbereitung einen unüberbrückbaren Abgrund, den Abbruch der Zeit im Selbstmord. Björn Speidel nimmt in seinem Film PLATEAU (2005) bekannten Orten ihre Plausibilität, die durch Lichtquellen hergestellt wurde. Der Himmel verfinstert sich, und es bleibt trotzdem hell. Mehr Licht ins Dunkel: Wie in der Leere das stattfindet, worauf es ankommt, zeigt AUS DER LEERE (2006) von Markus Ruff. Porträts, die sich aus der Dunkelheit herausschälen. Blicke als Energieträger, in der Nacht löst sich alles auf. (Heinz Emigholz) (4.2.)
Preise der Unabhängigen Jurys
Die Unabhängigen Jurys der Berlinale vergaben drei weitere Preise an Filme aus dem Programm des 36. Forums: Conversations on a Sunday Afternoon, Close to Home und Dear Pyongyang.
FilmDokument
Pikante Filme der zehner Jahre des letzten Jahrhunderts bedienten sich gerne des erotischen Motivs vom Künstler und seinem Modell. Erst nach Ende des Ersten Weltkriegs gibt es ernsthafte Versuche, den künstlerischen Schaffensprozess im Film zu dokumentieren. In den zwanziger Jahren nimmt Hans Cürlis in Berlin zahlreiche Künstler bei der Entstehung eines Kunstwerks auf. „Schaffende Hände“ nannte er diese Filmsammlung, die heute leider nur noch fragmentarisch überliefert ist. Wir zeigen erst kürzlich wieder aufgetauchtes umfangreiches Material mit Max Liebermann. 1923 dreht die Ufa nach einem Drehbuch von Maria Elisabeth Kähnert den Kulturfilm DIE PRITZELPUPPE über die Münchner Puppengestalterin Lotte Pritzel, deren filigrane Wachsfiguren weit über die Bohème-Zirkel hinaus berühmt wurden. In ACHT MALER UND EIN MODELL (1927) unternimmt die Ufa einen weiteren Versuch, das Thema populär abzuhandeln, indem sie u.a. Max Pechstein, Max Oppenheimer und Paul Simmel dazu veranlasst, die Schauspielerin Camilla von Hollay vor der Kamera zu zeichnen. DER KÜNSTLER UND SEIN SELBSTPORTRÄT von 1929 konfrontiert u.a. Hans Baluschek, Max Pechstein, George Grosz und Renée Sintenis mit ihren Selbstporträts. (Jeanpaul Goergen) Eine Veranstaltung von CineGraph Babelsberg mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv. Einführung: Jeanpaul Goergen. Zugleich Vorstellung des Buches von Ulrich Döge: „Kulturfilm als Aufgabe. Hans Cürlis (1889–1982)“, hrsg. von CineGraph Babelsberg und der Stiftung Deutsche Kinemathek. (24.2.)
R wie Radfahrerfilme
Eine schwarze Komödie über einen Fahrradpolizisten aus Peking – MINJING GUSHI (Auf Streife, Ning Ying, China 1995) – wurde 1996 als ein Höhepunkt der Berlinale bezeichnet. "Eine kleine Polizeistation in Peking. Naturgemäß konnte die Regisseurin Ning Ying dort nicht mit der Kamera den Alltag der Polizisten filmen. So hat sie einen Spielfilm unter Teilnahme der Polizisten als Schauspieler und nach deren Erzählungen gedreht. Nichts Spektakuläres passiert, diese Polizisten fangen keine Schwerkriminellen. Sie sind einem Hund mit Tollwut auf der Spur, fangen einen Falschspieler und erkundigen sich nach seinen Tricks, schlichten Streitigkeiten im Viertel. Beobachtungen aus dem chinesischen Alltag, so unaufgeregt wie aufregend." (2. & 6.2.)
Zwei Teddys für Forumsfilme
Bei den 20. Teddy-Awards wurden Au-delà de la haine von Olivier Meyrou und Combat von Patrick Carpentier ausgezeichnet.
Caligari-Filmpreis 2006 für "37 Uses for a Dead Sheep"
Der 21. Caligari-Filmpreis für einen stilistisch und thematisch innovativen Film aus dem Programm des Forums wurde an 37 Uses for a Dead Sheep von Ben Hopkins verliehen.
Wolfgang Staudte Preis 2006 für "Babooska"
Der 17. Wolfgang Staudte Preis für einen ersten oder zweiten Film aus dem Hauptprogramm des Forums wurde an Babooska von Tizza Covi und Rainer Frimmel vergeben. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.
FIPRESCI-Preis für "In Between Days"
Den Preis des Filmkritikerverbandes FIPRESCI für einen Film im 36. Forum erhielt In Between Days von So Yong Kim.
Zusatzvorstellung von "Am Rand der Städte"
Am Rand der Städte von Aysun Bademsoy ist am Samstag, 18. Februar um 12 Uhr im Arsenal 2 in einer Zusatzvorstellung mit englischen Untertiteln zu sehen (Zugang mit Akkreditierung).
Gefördert durch:
Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds
Die internationalen Programme von Arsenal on Location sind eine Kooperation mit dem Goethe-Institut.