"Lauf Genosse, die alte Welt ist hinter Dir her" – so die deutsche Übersetzung des Programmtitels – ist einer der Slogans der französischen 68er-Bewegung, der in SOLEIL Ô (1969) Eingang gefunden hat, dem wohl bekanntesten Film des in Mauretanien geborenen und seit nunmehr 50 Jahren in der Pariser Banlieue lebenden Avantgarde-Filmemachers, Schauspielers und Synchronsprechers Med Hondo.
In seiner langen Karriere als unabhängiger Filmemacher hat Med Hondo nicht nur Filme realisiert, die die politische Brisanz der afrikanischen und diasporischen Geschichte zum Vorschein bringen und dafür gestalterische Durchbrüche gewagt. Es ist ihm zudem gelungen, das Kino selbst in Bewegung zu versetzen und Alternativen zu den europäischen und amerikanischen Produktions- und Verleihstrukturen zu entwickeln. Das von Enoka Ayemba, Marie-Hélène Gutberlet und Brigitta Kuster kuratierte Ausstellungs- und Filmprojekt "Cours, cours, camarade, le vieux monde est derrière toi" zielt in seinem Filmprogramm auf den Fluchtpunkt, der aus Med Hondos Filmen gegen die gesellschaftlichen Verkrustungen und die Ignoranz gegenüber Alltagsrassismen spricht. Ihre Kraft beziehen Med Hondos Filme aus der Notwendigkeit, den Zwängen, Vorurteilen und Maßregelungen immer einen Schritt voraus zu sein, um Raum zu schaffen für sich, für Wut, für große Bilder, für pluriversale Geschichtsschreibung, für Körperlichkeiten, Farben und Temperaturen.
Med Hondo ist ein Selfmademan, der mit der Arbeit am Theater begann und sich die Mittel des Filmemachens kompromisslos selbst aneignete: mit dem Kopf, dem Herzen und den Sinnen, mit Leidenschaft, Eklektizismus, modischen Momenten und Brüchen. Sieben der insgesamt zwölf zwischen 1968 und 2004 realisierten Filme des cineastischen Grenzgängers werden nun aufs Neue und in Konstellationen mit Autor*innen-, Experimentalfilmen und Videokunst gezeigt. Absicht ist dabei, geografische, motivische und sensorielle Verbindungen, die Nähe zu Abstraktion und Sound punktuell hervorzuheben und den Widerhall von Med Hondos Kino-Kosmos zu amplifizieren, der über die mauretanisch/algerisch/west-saharischen, burkinischen, malischen, karibischen und Pariser Filmschauplätze und seine Herkunft hinausgehen.