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lobby

Setting und Barbetrieb im Foyer des Filmhauses
von Martin Beck, Joerg Franzbecker, Heiko Karn, Katrin Mayer


Ausgehend von Beobachtungen in Berliner Hotels der zwanziger Jahre beschreibt Siegfried Kracauer die Hotellobby als paradigmatischen Ort der Moderne. Im Zuge der Entgrenzung eines expandierenden Tourismus übernimmt die Lobby die Funktion als Transitraum zwischen öffentlichen und privaten Räumen, als temporärer, unbestimmter Aufenthaltsort und Treffpunkt.

Die Lobby ist vor allem ein Ort der Zerstreuung. Ein Ort, an dem man gleichsam im Raume an sich zu Gast ist. Hierin wurzelt ein merkwürdiger Doppelcharakter der Lobby, insofern sie Lesbarkeit annulliert und zugleich in hohem Maße herausfordert. Zum einen hüllt-- der Ort das wahre Geschehen immer wieder in den Schleier der Anonymität und Konvention, zum anderen versetzt er die Anwesenden in einen Zustand gesteigerter gegenseitiger Beobachtung. Ein derartiges Szenario vergleicht Kracauer mit dem Aufführungscharakter eines Filmsets.

Die Architektur des Filmhauses lässt mit ihrer Glasfassade, den Glasaufzügen und dem ins Untergeschoss verlegten Foyer an eine andere einflussreich gewordene Hotelanalyse denken - Frederic Jamesons Auseinandersetzung mit John Portmans Westin Bonaventure Grand Hotel in Los Angeles. Folgt man der Analyse Jamesons, so sind es spezifisch die Glasaufzüge, die einen „narrative stroll“, eine freie Bewegung der Raumaneignung, wie sie der urbane Flaneur der Moderne noch erleben konnte, medialisieren und in ein reflexives Zeichen übersetzen. Man könnte sagen, dass im Filmhaus dasselbe mit der Logik des Ankommens und Auftretens geschieht. Als Apparate des ‚Sehen und Gesehen Werdens‘ ermöglichen die Aufzüge den Ankommenden einen kurzen Moment des Überblicks, exponieren sie aber zugleich als Statisten einer architektonischen wie technologischen Inszenierung, die sich an die Gäste unten im Foyer zu richten scheint.  

lobby stellt den FestivalbesucherInnen für den Zeitraum der Berlinale einen temporären Ort zur Verfügung. Sitzgruppen und die Bar bieten ihnen die Möglichkeit unbestimmten Aufenthalts sowie des Konsums von Essen und Getränken. Ausgehend von dieser funktionalen Dimension geht es uns darum, die obengenannten Bezüge und Dynamiken in eine atmosphärische, begehbare Topographie zu übersetzen, die sich als Milieu spezifisch in die Architektur einbettet und versucht, den Formen der Narration und Mythenbildung nachzugehen, die solche Orte umgeben und hervorbringen.

Mit freundlicher Unterstützung von Delikatessen Requisiten Fundus Berlin.


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