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Schon das erste Gespräch mit der freundlichen Pflegerin jagt Schauer ein. „Welcher Arbeit sind Sie früher nachgegangen“, fragt sie jovial. Der eben erst eingelieferte Patient zögert. „Wieso früher? Ich arbeite immer noch als Hochschullehrer.“
Über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr hat die Regisseurin Ma Li Patienten einer geschlossenen psychiatrischen Klinik im Norden Chinas beobachtet. Viele sind seit Jahren hier. Und doch hinterlässt niemand Spuren. Es hängen keine Bilder an den Wänden, die Nachttische in den Mehrbettzimmern bleiben bar persönlicher Gegenstände. Die Insassen tragen Tag und Nacht dieselben gemusterten Schlafanzüge. Die beinahe völlige Farbentsättigung, die den Film fast schwarzweiß erscheinen lässt, unterstreicht die kalte Atmosphäre. Da wirkt es als Akt des Widerstands, wenn jemand einen eigenen Pullover über der Anstaltskleidung trägt. Doch während draußen die Jahreszeiten vorbeiziehen, schwindet die Hoffnung, die Freiheit je wiederzusehen.
Qiu stellt in intensiven fünf Stunden die Frage nach der durchlässigen Grenze zwischen Normalität und Wahn. Eine Antwort gibt der Film nicht. Aber er lässt erfahren, wie schnell uns der Ausnahmezustand zur Gewohnheit wird. (Christoph Terhechte)

Ma Li, geb. 1975 in Zhuji, Provinz Zhejiang, China, studierte chinesische Sprachwissenschaft in Peking. Qiu ist ihr dritter abendfüllender Dokumentarfilm.

Produktion: Ma Li, Peking
Länge: 287 min
Sprache: Mandarin

Foto: © Ma Li

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