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104 Min. Französisch, Arabisch.

Schon die ersten Minuten von Med Hondos Debütfilm beeindrucken mit einer Ideendichte, die diesen Gewinner des Goldenen Leoparden von Locarno heraushebt, selbst aus dem großen Feld des politisch engagierten Kinos der frühen 70er Jahre. Nach einem schwarzhumorigen animierten Intro werden in einer traumhaft-absurden Sequenz die Mittel vergegenwärtigt, mit denen die Kolonialmächte den afrikanischen Kontinent unterworfen haben (Religion, Gewalt, Geld). Erst dann geht es zur eigentlichen Erzählung: der Geschichte eines jungen Mannes, der mit vielen Hoffnungen aus Afrika in Paris ankommt, aber feststellen muss, dass die Gesellschaft der Kolonisatoren ihm keine Chance gibt – wobei der Rassismus brutal direkt oder liberal maskiert daherkommen kann. Ein Film als innerer Monolog mit Cinéma-vérité-Einsprengseln, an Eisenstein geschulter Montage und vielen Momenten sardonischen Humors, die eine tiefe Verzweiflung verbergen. (svr)

Med Hondo wurde 1936 in Atar (Mauretanien) geboren. Ende der 1950er-Jahre emigrierte er nach Frankreich, wo er in Paris eine Theatergruppe gründete und sich dem Film zuwandte. Mitte der 1960er-Jahre begann er mit den Dreharbeiten zu seinem ersten Spielfilm Soleil Ô, der international Aufmerksamkeit erregte. In seinen darauffolgenden Filmen thematisierte Hondo die Geschichte des afrikanischen Kontinents und dessen Diaspora. Neben seiner Arbeit als Regisseur war Hondo als Synchronsprecher tätig. Er starb 2019 in Paris.

Das leidenschaftliche Filmdebut SOLEIL Ô von Med Hondo als Schrei der Entrüstung über das Leben der Schwarzen in Frankreich

(...) Hondo stellt die traurige, frustrierende Existenz seiner schwarzen Brüder als Arbeitskräfte in einem fremden Land anhand der Erlebnisse eines gebildeten, sanftmütigen Einwanderers aus Mauretanien dar. Während seine offenkundige Wut bisweilen voreingenommen erscheint, wird er nicht müde zu betonen, dass weiße Arbeitgeber und andere Bürger die Angst vor einer steigenden Zahl schwarzer Menschen in Frankreich umtreibt, die 1946 ‚nur eine Handvoll‘ waren und deren Zahl heute in die Hunderttausende geht. Obwohl er in seiner elliptischen Erzählweise mit Symbolen und Bewusstseinsströmen arbeitet, ist das Gesamtporträt, wie auch der Film, in strengem Schwarz-Weiß gehalten. (...) Die abnorme Situation der Entwurzelten kommt durch die menschliche Kälte argwöhnischer Arbeitgeber (und Gewerkschaftsführer), durch niedere Tätigkeiten, Wohnungsnot und unterschiedliche Formen des Rassismus zum Ausdruck. Allerdings fällt Hondos Darstellung schwarzer Beamter in ihren Heimatländern, die ihre ausgewanderten Mitbürger, so wird gesagt, mit nicht viel mehr als behördlicher Doppelzüngigkeit abspeisen, genauso schonungslos aus. (...)

(The New York Times, 15. März 1973)

Regie, Buch Med Hondo. Kamera François Catonné, Jean-Claude Rahaga. Montage Michèle Masnier, Clément Menuet. Musik Georges Anderson. Ton Jean Paul Loublier, Yves Allard, Alain Contreau. Szenenbild Med Hondo. Mit Robert Liensol, Théo Légitimus, Gabriel Glissand, Greg Germain, Mabousso Lô, Alfred Panou, Ambroise M'Bia, Akonio Dolo, Georges Hilarion, Djibrill, Les Black Echoes, Jean Edmond.

Filme

1969: Balade aux sources / Ballad to the Springs (25 Min.), Partout ou peut-être nulle part / Everywhere, or Maybe Nowhere (30 Min.). 1973: Les Bicots-nègres, vos voisins / Arabs and Niggers, Your Neighbours (190 Min.). 1977: Nous aurons toute la mort pour dormer (160 Min.). 1979: West Indies, ou les nègres marrons de la liberté / West Indies: The Fugitive Slaves of Liberty (110 Min.). 1986: Sarraounia (120 Min., Forum 1987). 1994: Lumière noire / Black Light (104 Min.). 1998: Watani, un monde sans mal (78 Min.). 2004: Fatima, l’Algérienne de Dakar / Fatima, the Algerian Woman of Dakar (89 Min.).

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