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Das Drehbuch fußt auf meiner Beschäftigung mit den Forschungen der indischen Ärzte und Autoren Atul Gawande („Sterblich sein: Was am Ende wirklich zählt“, 2014) und Siddhartha Mukherjee („Der König aller Krankheiten: Krebs – eine Biografie“, 2010) und ist Teil einer langfristigen Auseinandersetzung mit dem Recht, darüber informiert zu werden, wenn bestimmte Behandlungen das Leben nicht verlängern können.

Die Filmarbeiten, mit einem Drehbuch über ein Paar, das medizinische Behandlung ablehnt, begann im Jahr vor der Pandemie. Als COVID-19 Indien heimsuchte wurden die Dreharbeiten in Kolkata eingestellt und der Schnitt musste während des Lockdowns aus der Ferne fertiggestellt werden. Ein Film über den Traum von medizinischer Versorgung ist nun zu einem unbeabsichtigten Kommentar über die Isolation geworden, der wir alle in der globalen Pandemie ausgesetzt sind. Der Film feierte seine Premiere bei der ersten internationalen Ausstellung, die nach dem Lockdown eröffnete, der Yokohama Triennale „Afterglow“ in Japan, mit einem sozial distanzierten Publikum, das Masken trug, während es die letzten Momente einer Patientin am Beatmungsgerät sah.

Ein Film über den Traum von medizinischer Versorgung ist nun zu einem unbeabsichtigten Kommentar über die Isolation geworden.

Supriya Choudhuri, Literaturprofessorin an der Jadavpur University, Kolkata, sagte über den Film: „JOLE DOBE NA ist der Gegenentwurf zu Ihrem früheren Film TRIPOLI CANCELLED: Beide spielen in verlassenen Räumen, beide in dem, was Foucault Heterotopien genannt hätte (der Flughafen, das Krankenhaus); aber auch in liminalen Räumen, zwischen Grenze und Grenze, zwischen Leben und Tod, und in einer Art angehaltenen, verlorenen, ungemessenen Zeit. Und doch ist TRIPOLI CANCELLED gerade dadurch ,international‘, dass er die Unmöglichkeit des Internationalismus/Transnationalismus aufzeigt, und JOLE DOBE NA ist ,zu Hause‘ angesiedelt, im Akt der Rückkehr (Sufiyas Rückkehr, Jyotis Unfähigkeit zu gehen), obwohl auch sie von Reisen, Grenzen und Visa und in einer kosmopolitische Sprache sprechen (sogar in ihrer Wahl der Literatur).“

Es gibt eine Szene auf dem Dach des Krankenhauses, in der die Kamera zwischen dem Paar hin- und hergleitet und in der Ferne die Howrah-Brücke von Kolkata zu sehen ist, die Choudhuri als „eine Einstellung, die reiner Ritwik Ghatak ist,“ bezeichnet hat. Zwei akustische Ströme überschneiden sich – der Gebetsruf aus einer nahegelegenen Moschee (der die Szene in der Dämmerung, der Zeit des Maghrib-Gebets, verortet) und das Kalima, an dem sich der Ehemann immer wieder versucht. Die Ehe ist manchmal ein bewusster und liebevoller Kompromiss – hier zwischen einer Hindu-Familie, die während der Teilung von 1947 ausgewandert ist, und einer muslimischen Familie, die Westbengalen nie verlassen hat. Das reglementierte Umfeld des Krankenhauses ist gegenüber all dem unempfindlich und sucht nur nach bürokratischer Klarheit über die Sterberituale.

Wie schon sein Vorgänger TRIPOLI CANCELLED bedient sich dieser Film der Technik eines Drehbuchs mit versteckten Anspielungen. In TRIPOLI CANCELLED finden sich Verweise auf Giorgio Agambens „Das Archiv und der Zeuge“, solare Sichtlinien für die Gebetsrichtung, Hannah Arendts zerbrechende Freundschaften, Boney M als Exil-Karaoke und die Barszene aus Stanley Kubricks SHINING. In JOLE DOBE NA gibt es Hinweise auf Hemchandra-Azizul als Erfinder der Fingerabdrucktechnologie unter dem British Empire, globale Tabus gegen die Heirat von Verwandten, wie sie von der Anthropologie entdeckt wurden, Jagadish Chandras Experimente zur Entdeckung von Schmerzsymptomen in der Pflanzenwelt und Syed Mujtaba Alis Weltoffenheit zwischen zwei Kriegen.

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