Die unabhängigen Jurys der Berlinale vergaben Preise an insgesamt sechs Filme aus dem Programm des Forums. Der Preis des internationalen Verbands der Filmkritik (FIPRESCI) ging an THE REVOLUTION WON'T BE TELEVISED von Rama Thiaw. Der Internationale Verband der Filmkunsttheater, die Conféderation Internationale des Cinémas D'Art et Essai (C.I.C.A.E.), prämierte ILEGITIM von Adrian Sitaru. BARAKAH YOQUABIL BARAKAH (BARAKAH MEETS BARAKAH) von Mahmoud Sabbagh und LES SAUTEURS von Moritz Siebert, Estephan Wagner und Abou Bakar Sidibé erhielten ex aequo den mit 2.500 dotierten Preis der Ökumenischen Jury. Der mit 5.000 Euro dotierte, sektionsübergreifende Friedensfilmpreis ging an MAKHDOUMIN von Maher Abi Samra und die Tagesspiegel Leserjury kürte NIKDY NEJSME SAMI (WE ARE NEVER ALONE) von Petr Vaclav.
Magical History Tour: Schrift in Bewegung
Fließende Zeichenkaskaden, rotierende Worte, tänzelnde Buchstaben, gekratzt, gestanzt, doppelbelichtet, einkopiert, animiert – seit Beginn des Kinos werden Schriftzeichen im Film von ihrer ursprünglichen starr-statischen Zeichenhaftigkeit befreit und in unterschiedlichster Weise in Dynamik versetzt. Die in Bewegung geratenen Lettern übernehmen im neuen System höchst unterschiedliche Funktionen: Sie eröffnen oder beschließen Filme, sie fungieren als Kommentar oder als Metapher (des Erzählens), als Informationsträger oder grafisches Element, als dramaturgisches Mittel oder als emotionalisierender Faktor. Schrift im Film eröffnet neue Assozia-tionsfelder, wirft Fragen nach Sichtbarkeit und Struktur, Wahrnehmung und Materialität, Inszenierung und Innovation auf. Dem wollen wir im Exkurs der Magical History Tour in die bewegte Welt der Buchstaben nachgehen und präsentieren im Februar Beispiele des frühen Umgangs mit Schrift in Spiel-, Avantgarde- und Experimentalfilmen, "klassischen" Schrift- und lettristischen Filmen, aber auch in zeitgenössischen Spielfilmen mit verschriftlichten Leitmotiven.
Caligari-Preis für "Akher ayam el madina" ("In the Last Days of the City")
AKHER AYAM EL MADINA (IN THE LAST DAYS OF THE CITY) von Tamer El Said erhält den diesjährigen Caligari-Preis. Die Begründung der drei Juroren Rüdiger Suchsland (FILMDIENST), Christine Müh (Kommunales Kino Pforzheim) und Wolfgang Dittrich-Windhüfel (Kommunales Kino Freiburg) lautet: "Eine märchenhafte Suche nach der verlorenen Zeit und dabei ganz gegenwärtiges, hellwaches Kino. Ein Film der essayistisch ist, fiktional und dokumentarisch, ein Film über das Filmemachen, ein intimes Selbstportrait und eine Betrachtung des letzten Sommers vor der Revolution – nostalgisch, sinnlich, klug. Wie erzählt man im Kino das Universum einer Stadt? Diese Frage beantwortet dieser Film aufs Überzeugendste: nämlich fragmentarisch, mit wachem Auge sich dem Zufall hingebend und zugleich mit ausgefeilter Inszenierungskunst. Dies ist ein Film, der große Vorbilder kennt, ob sie nun Rossellini heißen, Godard, Chris Marker oder vielleicht auch Dominik Graf – der sich aber nie sklavisch von ihnen abhängig macht. Er stellt uns indirekt und voller stilistischer List unter der Hand eine ganze Region vor, die viel zu Unrecht lange im Schatten lag, und jetzt zwar im Fokus liegt, aber von den Wolken der Dummheit und der Vorurteile wieder verdunkelt wird. Dieser Film ist ein Paradebeispiel dafür, dass es im Kino nicht darum geht, "politische Filme zu machen, sondern politisch Filme zu machen" (Godard). Das ist: Engagement und künstlerischer Aktivismus jenseits des allzu-Erwartbaren."
Sichtungsmöglichkeit im silent green Kulturquartier
"Meet me at the bottom of the pool" (in Anlehnung an Jack Smiths "Wait for me at the bottom of the pool") ist der Titel einer Liste mit analogen Filmkopien aus dem Archiv des Arsenal, die Bezüge zu den Filmen des diesjährigen Programms von Forum und Forum Expanded aufweisen. Diese Filme können während des Festivals täglich von 10–18 Uhr in den neu eingerichteten Sichtungsräumen des Arsenal im silent green Kulturquartier an Schneidetischen angesehen werden. Die Liste wird fortwährend aktualisiert und erweitert. Das Arsenal Archiv umfasst ca. 10.000 Filme, viele davon entstammen früheren Festivalprogrammen.
"Xénogénèse": Installation und Empfang im silent green
Am Dienstag, den 16. Februar lädt Forum Expanded gemeinsam mit dem im silent green Kulturquartier ansässigen Harun Farocki Institut und der Galerie SAVVY Contemporary zu einem Empfang in den neu eröffneten Ausstellungs- und Veranstaltungsort.
Mit XÉNOGÉNÈSE von Morishita Akihiko präsentiert Forum Exanded dort die Installation der digitalen Fassung eines japanischen Kurzfilms, der 1984 im Forum zu sehen war und zeigt, wie ein Mann hinter den Laufstreifen eines Films verschwindet. Die Installation in der Betonhalle des silent green Kulturquartier kann noch bis zum 21.2. täglich von 12-18 Uhr besichtigt werden.
Um von dem, was als Lichtinformation in unser Auge fällt, zu einem für unseren Organismus sinnvollen Seheindruck zu kommen, vollziehen sich äußerst komplexe Vorgänge. Unter dem Titel "Das visuelle Feld" präsentiert Karola Schleglmilch in unserer Reihe Filmmakers' Choice am 8. Februar Filme, die Sehen als Schnittstelle zwischen mentaler und äußerer Welt erkunden, als individuelle, lebendige Interaktion. Das geschieht zum Beispiel durch Eingriffe in das Filmbild, welche den Seheindruck manipulieren, dadurch, dass sich eine innere Haltung durch die Führung der Kamera auf das Motiv überträgt. Oder es wird Sehen als Grenze zum Anderen reflektiert. Das Programm ist inspiriert durch wahrnehmungsbezogene psychologische Forschung.
Filmmakers' Choice
Visionary Archives 2
2015 wurde im Rahmen des Forum Expanded das Projekt "Visionary Archive" vorgestellt, ein kollaboratives, translokales Experiment zu Phasen und Facetten des afrikanischen Kinos. Ausgehend vom diesjährigen Thema von Forum Expanded "Traversing the Phantasm" geht es nun um die Frage, wie die Begegnung mit Archiven Phantasmen hervorbringt und in Frage stellt. Gefundene, verloren geglaubte, zerfallene, niemals fertiggestellte oder im Ausnahmezustand entstandene Filme und Videoclips sind Thema von sieben Präsentationen, die ab dem 13.2. täglich um 11 Uhr im Foyer der Akademie der Künste stattfinden.
Forum Expanded Keynote Lecture: "Traversing the Phantasm"
Jedes Jahr werden die Arbeiten des Forum Expanded im Hinblick auf ein bestimmtes Thema ausgewählt. In diesem Jahr lautet es: „Traversing the Phantasm“. In Anlehnung an den Theoretiker Jacques Lacan versteht das Programm den künstlerischen, experimentellen Film als eine Form der Durchquerung realer und imaginärer Territorien, die sich sowohl in (geo-)politischen Realitäten, als auch in Phantasiegebilden manifestieren, bei denen es sich oft um Symptome kapitalistischer Konsumgesellschaften handelt. Im Rahmen unserer Think-Film-Veranstaltungsreihe hält der Kunsttheoretiker Helmut Draxler am 13. Februar eine Keynote Lecture zum diesjährigen Thema.
Gefördert durch:
Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds
Die internationalen Programme von Arsenal on Location sind eine Kooperation mit dem Goethe-Institut.