DAWIDS TAGEBUCH (Konrad Weiß, DDR 1981) folgt den Spuren von Dawid Rubinowicz. Im Juni 1942 bricht sein Tagebuch ab. Am jüdischen Versöhnungstag wird der Junge mit seiner Familie ermordet. Unter Verwendung von Interviews, Fotos, Filmen und Landschaftsaufnahmen komponiert Weiß ein bewegendes Dokument. Aus Anlass des Internationalen Holocaust-Gedenktages ist DAWIDS TAGEBUCH zusammen mit den an der Hochschule für Film und Fernsehen entstandenen Filmen MEMENTO (DDR 1966, Karlheinz Mund) und FLAMMEN (Konrad Weiß, DDR 1967) zu sehen. Eine Hommage für den Regisseur Konrad Weiß, der im Februar 2012 seinen 70. Geburtstag feiert und bei der Vorführung anwesend sein wird. (Tobias Ebbrecht)
Eine Veranstaltung von CineGraph Babelsberg in Zusammenarbeit mit der DEFA-Stiftung, dem Bundesarchiv-Filmarchiv, der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) "Konrad Wolf" Potsdam-Babelsberg und der Deutschen Kinemathek. (30.1.)
Magical History Tour – Der Kammerspielfilm
Konzentration auf wenige Figuren und Räume, Fokussierung innerer Konflikte und Beschränkung auf einen überschaubaren zeitlichen Rahmen – die Grundkomponenten des Kammerspielfilms, wie er sich Anfang der 20er Jahre entwickelte, klingen eher asketisch. Aus einer auf die Spitze getriebenen Verknappung in Sachen Ort, Zeit und Handlung resultierte indes eine oftmals besondere Dramatik, getragen und verstärkt von wenigen symbolhaften Dekors, von einer stark subjektivierenden Lichtsetzung und mobilen Kamera, die, in unmittelbarer Nähe der Protagonisten positioniert, auch kleine Regungen in Gestik und Mimik aufnimmt. Ausgehend von Max Reinhardts neuem Inszenierungskonzept des modernen Dramas, das er ab 1906 auf der gleichnamigen, neugegründeten Theaterbühne in Berlin umsetzte, erlebte der Kammerspielfilm seine erste (als klassische Form betrachtet vielleicht einzige) Hochphase in den 20er Jahren und markierte in Deutschland einen Übergang von expressionistischen Filmformen hin zu realistischen Tendenzen. Der Nachhall des Kammerspielfilms in der Filmgeschichte ist vielgestaltig und reicht von klassischen Reverenzen an die frühen Vorbilder bis zu kreativen Variationen (einzelner Aspekte) des Genres. Einige davon haben wir in einem wie immer subjektiven Querschnitt in der Magical History Tour zusammengetragen.
Living Archive
Das Projekt "Living Archive – Archivarbeit als künstlerische und kuratorische Praxis der Gegenwart" geht weiter. In den ersten Monaten des Projekts haben die rund 40 TeilnehmerInnen, darunter StipendiatInnen des Goethe-Instituts, diskutiert, wie man sich einem Filmarchiv mit 8.000 Titeln annähert, denn sie sind eingeladen, auf seiner Grundlage Projekte zu realisieren: Filmreihen, neue Filme, Installationen, Ausstellungen, DVDs, Bücher, Vorträge, Performances und Soundarbeiten. Die Filme, die sie dabei recherchieren, werden erneuert oder digitalisiert und damit erstmalig oder wieder zugänglich gemacht. Das Projekt wirft Fragen auf: Was ist ein Filmarchiv, besteht es nur aus Filmkopien, oder auch aus den Geschichten, die sie begleiten? Was bedeutet "Zugang": Für wen, wozu und in welcher Form gibt es ihn? Wie verändert der Blick aus der Gegenwart ein filmhistorisches Werk? Wie kann eine Sammlung beschrieben werden, die sich als veränderbarer Ausdruck einer kuratorischen Praxis versteht? Diese Fragen werden uns noch bis Juni 2013 – wenn wir die Ergebnisse in einem Festival der Öffentlichkeit vorstellen – und darüber hinaus begleiten.
Ulrike Ottinger
Wir setzen im neuen Jahr unsere Filmreihe mit Arbeiten von Ulrike Ottinger fort und möchten in diesem Zusammenhang auf die Ausstellung im Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.) hinweisen, in der noch bis 22.1. das unbekannte malerische Frühwerk (1963–68) Ottingers erstmalig ausgestellt wird. Bis Februar lädt das Arsenal in Veranstaltungen mit Gesprächen und Einführungen dazu ein, das filmische Œuvre von Ulrike Ottinger zu entdecken. Das Programm spiegelt und kommentiert Ulrike Ottingers Bewegtbild-Welten zwischen Opulenz und Stilisierung, Variationen des Theatralen und Ethnografischen, Kulturgeschichte und Science-Fiction, Reflexion und Reise.
Special Screenings 2012
Mit einer Reihe von Special Screenings vervollständigen wir unser diesjähriges Programm. In dem Dokumentarfilm LAWINEN DER ERINNERUNG porträtiert Dominik Graf, einer der einflussreichsten deutschen Film- und Fernsehregisseure, eine andere Fernsehpersönlichkeit, den Autor, Regisseur und Produzenten Oliver Storz. Sein Film ist zugleich ein Beitrag zur deutschen Fernsehgeschichte und zur deutschen Geschichte überhaupt. Das dokumentarische Projekt IN ARBEIT / EN CONSTRUCTION / W TOKU / LAVORI IN CORSO von Minze Tummescheit und Arne Hector folgt dem Prinzip des Ketteninterviews. Der erste Interviewpartner führt das Filmteam zum zweiten, und so fort. Alle verbindet die Arbeit in kooperativen Strukturen. Die Frage, die sie verhandeln, ist die ihrer Legitimation: Ist es sinnvoll und überhaupt möglich, sich außerhalb des industriellen Fortschritts, der politischen Öffentlichkeit oder des Weltmarkts zu verorten? Einen festen Platz im Forum haben Wiederaufführungen und "Ausgrabungen" seltener Werke. Mit Filmen von Tom Kalin, Wynn Chamberlain, der legendären US-Regisseurin Shirley Clarke und dem Japaner Kawashima Yuzo setzen wir diese Tradition fort. Ein besonderes Abenteuer ist die Wiederentdeckung des kambodschanischen Kinos der 1960er und frühen 70er Jahre.
In ihrer monatlich stattfindenden Reihe, die sich dem Archiv des Arsenal von seiner musikalischen Seite her widmet, präsentiert die Künstlerin und Performerin Vaginal Davis am 24. Juni GOLDEN EIGHTIES (Belgien 1985, OmU, 96'), eine Filmkomposition von Chantal Akerman. Das Musical spielt in einer fiktiven Brüsseler Einkaufspassage, in der sich alles um die Liebe dreht: Man sehnt sich nach jemandem, himmelt sich an, versucht, zu verführen, trifft sich nach langer Zeit wieder. Inmitten von bunten Geschäften, Snack-Bars und Neonlichtern fließen Tränen, wird getanzt, gelacht und gesungen – "puisque l'amour est plus fort que tout …"
Beginn ist 21 Uhr; das Spektakel wird im Anschluss an die Vorführung bei Drinks und Musik fortgesetzt.
Die DEFA-Stiftung präsentiert
Gemeinsam mit der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung setzt die DEFA-Stiftung die Filmreihe "Brüche und Kontinuitäten" fort. Diese widmet sich neun Regisseuren, die vor 1945 bei der UFA und nach 1945 bei der DEFA tätig waren. Im Januar werden zwei Filme des Regisseurs Milo Harbich präsentiert.
Klassiker nicht nur für Kinder
In diesem Monat suchen wir den thematischen Anschluss des Kinder-Klassiker-Films nicht bei der Magical History Tour, sondern beim schönen Was ist Kino?-Programm, das sich am 20. Januar den "trickreichen Filmen und magischen Bildern" widmet. Beide Aspekte fügen sich in Hayao Miyazakis magischem Animationsfilm CHIHIROS REISE INS ZAUBERLAND (Japan 2001, 8., 15. 22. & 29.1.) zusammen. Im Mittelpunkt steht die zehnjährige Chihiro, die gegen ihren Willen mit ihren Eltern in eine neue Stadt umziehen muss. Auf dem Weg dorthin verirren sich die drei und landen in einer Art Vergnügungspark, in dem es zwar alle möglichen Köstlichkeiten im Überfluss, aber keine anderen Menschen gibt. Während Chihiro ein ungutes Gefühl hat und umkehren will, machen sich die Eltern über die Leckereien her und werden prompt in Schweine verwandelt. Die wunderschöne Welt entpuppt sich als ein Hort der Dämonen, aus dessen Fängen Chihiro ihre Eltern befreien muss.
7. Forum Expanded komplett
Neben den Ausstellungen in den Kunstsaelen Berlin (Kritik und Klinik) und im Gutschow-Haus sowie den Veranstaltungen im HAU präsentiert Forum Expanded zehn Filmprogramme im Arsenal und im Delphi. Das Programm ist offen für sämtliche Längen und Formate. Die vorgestellten Arbeiten erproben auf experimentelle Weise individuelle Formsprachen, um neue, kritische Perspektiven auf die Welt herzustellen. Am radikalsten versucht dies WHITEONWHITE:ALGORITHMICNOIR von Eve Sussman/Rufus Corporation. Der live und in Echtzeit geschnittene Film, der die Überwachung eines Mannes in einem fiktiven osteuropäischen Staat zeigt, wird jeden Tag anders, jedesmal neu zusammengesetzt. Wir präsentieren ihn täglich im Arsenal 2. Viele der anderen Arbeiten stellen sich ihren Präformierungen durch Figuren und Gespenster aus der Vergangenheit.
Filmmakers' Choice: Films to Listen
In einer neuen Reihe präsentieren FilmemacherInnen, deren Arbeiten wir verleihen, alte und neue Filme von KollegInnen. Am 9. Januar setzt Karø Goldt diese Reihe mit Filmen fort, die dem Hören gewidmet sind. Stumme Filme wie BARN RUSHES von Larry Gottheim, TAILS von Paul Sharits, welche durch ihre Bildsprache Ton suggerieren sowie EAUX D'ARTIFICE von Kenneth Anger und ALL MY LIFE von Bruce Baillie, welche die Musik zeigen. Das besondere hierbei ist die hörbare Aufmerksamkeit des Publikums durch die Stille im Kino, wenn ein tonloser Film gezeigt wird. Zu Klassikern der 16 mm-Filmkunst zeigt Goldt eigene Videos. "Some benefits of listening are presented: as are side effects, which reflect qualities often thought of as being among the most desirable human qualities … If we want to participate, to be connected, we must learn as a priority to listen once again. We need to rediscover The Lost Art of Listening". (R. Glanville)
Gefördert durch:
Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds
Die internationalen Programme von Arsenal on Location sind eine Kooperation mit dem Goethe-Institut.