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Kommunistisch, Museum, Palästina. Jeder dieser Begriffe trägt seine spezifische Geschichte, implizierte Fluchtpunkte, und daraus resultierende Sackgassen mit sich. Kann aus den Trümmern, mit denen diese Begriffe assoziiert sind, irgendetwas gerettet werden? Und wenn ja, was? Können ihre utopischen und emanzipatorischen Potentiale angeeignet oder neu gedacht werden, so dass sie über die kolonialen, imperialen und kapitalistischen Zuschreibungen hinausweisen, denen sie in den letzten paar Jahrhunderten unterworfen wurden?
Das Kommunistische Museum in Palästina antwortet auf diese Frage zugleich spekulativ und praktisch mit Ja! Es ist ein Vorschlag, das Modell des Museums in seiner jetzigen Form durch die Wiederaneignung eines kommunistischen Ethos zu verarmen. Dies soll mittels einer wahrhaftigen dekolonialen Bewegung in Palästina erreicht werden.
In einem kolonisierten Staat gibt es keine Zentralarchive außer jenen, die von der Kolonialmacht in Auftrag gegeben und autorisiert wurden. Es gibt keinen zentralen Verwalter. Stattdessen fällt den Kolonisierten die Verantwortung zu, auf anderen Wegen eine Verbindung zu den Objekten, Kreationen und Geschichten zu pflegen, die das Feuer des Überlebens und des Widerstands entfachen und am Leben erhalten. Ähnlich der Einwohner*innen kolonisierter Länder bleiben auch ihre Aufzeichnungen, Kreationen und Artefakte immer verletzlich und angreifbar. Sie sind Zerstörung, Auslöschung und Tilgung ausgesetzt.
Ein Weg, ein Museum zu verstehen, es als eine Art Archiv, als sicheren Ort für schutzbedürftige Objekte und die sie begleitenden Geschichten zu sehen. Doch unter den Bedingungen andauernder Besatzung, angedrohter Vertreibung oder gänzlicher Zerstörung, wird die Idee der Sicherung und Verwahrung selbst in Frage gestellt. Und selbst der Impuls, ein Objekt unter solchen Bedingungen zu schützen, in denen das Leben an sich am prekärsten ist, muss überdacht werden.
Anstatt also die Frage des Kommunismus als ein festgeschriebenes historisches Ereignis anzugehen oder die Dekolonisation als an Reformen existierender institutioneller Formen gebunden zu betrachten, schlagen Ayreen Anastas und Rene Gabri vor, mit Freund*innen und Verbündeten im Laufe der kommenden Jahre ein echtes Museum in Palästina aufzubauen. Ein Museum, das den Begriff und den Gebrauch des Museums, wie es heute existiert, kommunalisiert, dekolonialisiert, entterritorialisiert, dekonstruiert, dezentralisiert und verschiebt.
Das Kommunistische Museum in Palästina sammelt Werke, die von Künstler*innen produziert und geschenkt wurden, und stellt diese in Privat- oder Gemeinschaftsräumen normaler Leute aus, inmitten alltäglicher Objekte. Das Museum bietet die Möglichkeit, ein Archiv aus der Erfahrung der Kolonisation und durch das historische und zeitgenössische Verständnis emanzipatorischer Kämpfe zu imaginieren und zu erfinden.
Das Museum ist eine Untersuchung der Möglichkeiten eines dekolonisierten und dezentralisierten Archivs. Eines Archivs, das nah am Alltagsnutzen und der persönlichen Weitergabe von Tradition und Kultur ist und diese nicht sakralisiert. Alles beginnt mit dem Vorschlag einer „Sfumato“-isierung der Trennwände zwischen Produzent*innen, Verwalter*innen, schützenswerten und wertvollen Objekten und ihren jeweiligen Betrachter*innen.

Ayreen Anastas, geboren im besetzten Palästina, und Rene Gabri, geboren im Iran, sind Künstler*innen, die seit 1999 zusammenarbeiten.

Das Gespräch findet auf Englisch statt.

Gefördert durch:

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