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DOCH RYBAKA (TZAREVNA SCALING; dt.: „Die Tochter des Fischers“) ist ein Filmmärchen, wobei das Märchenhafte die Hülle des Films bildet. Der Film, einfach in seiner Form, wie es einem Märchen eigen ist, stellt seinem Wesen nach aber eine Untersuchung der slawischen Folklore dar, unternimmt eine Reise durch russische Märchen, ihre Archetypen und ihre Morphologie, durch das Christentum, durch die Geschichte der russischen Kultur, ihr kollektives Bewusstsein, ihre Stellung und ihre Eingliederung innerhalb der „neuen Welt“ und des „neuen Bewusstseins“.

Der Film an sich hat eine horizontale Erzähllinie: von Punkt A zu Punkt B. Jedoch verläuft der Film der Struktur der in ihm angelegten Bedeutungen und Metaphern nach in einer Spirale, die von einigen Vertikalen gekreuzt wird (die Vertikalen sind die Epochen der russischen Geschichte; die Geschichte der Kultur und der Metapher; die Mythologie des Märchens und seiner Moral; Christliche Symbole; die Farbe als Erzählsprache). Horizontal kann der Film als einfaches Märchen gesehen werden, man kann ihn aber auch den Sinnvertikalen nach als kulturelle Untersuchung der Mythologeme und der Geschichte der Epochen der slawischen Kultur sehen.

Für die Analyse der Vielschichtigkeit und der Verflechtungen geschichtlicher Epochen miteinander ist es unerlässlich, die dramatische Abhängigkeit eines jeden Volkes von seiner eigenen Geschichte und den Ethnozentrismus seiner Mythen zu verstehen.

Die Arbeiten von Vladimir Propp, darunter Morphologie des Märchens, die Archetypen von Carl Gustav Jung (die ursprünglichen Formen, die Vorstellungen von den Archetypen, die Prototypen von jemandem / von etwas) und das kulturelle Gedächtnis waren die Grundlagen für die Entwicklung der Filmhandlung, die den Archetyp einer Hauptfigur enthält, eines Antagonisten, einer Helfer-Figur, einer Initiation, von Begleitern, die Konfrontation der Hauptfigur mit Prüfungen und ihr Bestehen, die Überwindung und das Verlassen der jenseitigen Welt, die Rückkehr in die reale Welt. Für die Analyse der Vielschichtigkeit und der Verflechtungen geschichtlicher Epochen miteinander ist es unerlässlich, die dramatische Abhängigkeit eines jeden Volkes von seiner eigenen Geschichte und den Ethnozentrismus seiner Mythen zu verstehen.

Die slawische Geschichte hat in jeder der Perioden der „tektonischen Verschiebungen“ (von der Annahme des Christentums bis zu den Ereignissen der Jahre 1989 bis 1991) die Charakteristiken der Region herausgeformt. Dabei haben sich aber keineswegs alle historischen Momente gleichermaßen im kollektiven slawischen Bewusstsein eingeprägt, da jede historisch-kulturelle Epoche auf unterschiedliche Weise von ihrer Geschichte zeugt, auf unterschiedlichen Wegen zu ihrer Vergangenheit zurückkehrt, sie ganz unterschiedlich segmentiert und ihre Abschnitte auswählt. Manchmal beeinflusst eine ethnokulturelle Politik die Wahl geschichtlicher Ereignisse und mystifiziert das Vergangene und ihre besondere Interpretation. Dann entstehen Mythen. In den slawischen Kulturen ist diese mythologische Ebene noch heute außerordentlich aktiv. Gegenwärtige slawische Logosphären aktualisieren explizit oder – häufiger – implizit die Mythologisierung von geschichtlichen Schemen, von Subjektbildern und Machtobjekten. Der Film ist ein Spiegel der Vielschichtigkeit dieser mythologischen Ebene und eine Untersuchung ihrer Wirkung auf den heutigen Zuschauer. Kann die jetzige Generation im Erforschen dieser Folklore und Geschichte Antworten auf ihre eigenen Fragen finden?

Übersetzung: Gary Vanisian

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