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Verlegen,
         verletzt eile ich weg
         weg in Richtung Shakespeareplatz
         mußte weg mein Gesicht zu retten
                  darum nur?
Weg, halb laufend, halb rennend, schwankend
wankend vom Wein.

Ich sah wie meine Hände kupfer-gold wurden,
         an der Ampel orange dann rot.

(Jemand berührt meine Wange, vielleicht eine unschuldige
Hand, aber ich spucke ihm ins Gesicht aus Gewohnheit,
sehe wie er erstarrt – erstaunt, ertappt, erblaßt.
Ich muß aber weiter.)

                    Wir hätten über so Vieles reden sollen
                    aber jetzt ist es zu spät.

Ich habe dich verlassen
         bei deiner Ausstellung
         wo du dich von Gästen bewundern und feiern ließest.
         wo du vorgabst
         mich nicht zu kennen.

Ich liebe und töte die Farben
eine Malerin bin ich.
Zu einer Paste mische ich die Farben
         schlage mit dem Pinsel bis
                   die weiße Leinwand zerreißt, vernichte
die Farben allesamt
rosa und rot
                braun und gelb
um die Monotonie der weißen Fläche zu brechen.

Nun sollte ich nicht denken
         sollte Stufen zählen
    nähere mich der U-Bahn
          entferne mich von Uns.

Der Zug ist gerade weg, es ist nach Mitternacht,
jetzt zwölf Minuten
                    warten. Die Ungeduld selbst.

Auf einer Bank in Lederhosen liegend
         halluziniert ein junges Mädchen …
Ich bin des Erklärens müde wie
man Farben vernichtet. Vielleicht würden
         könnten es Kinder verstehen?

Ein Feigling, warum habe ich nicht einfach
dir ins Gesicht gespuckt?
Aber
         da ich liebe und male
kann ich dich auf der Leinwand zerstören
oder in diesem Gedicht,
                     oder in einem anderen!
Ich vernichte alle Farben.

–Wieviel, Nigger-Puschi, wieviel?–
Wenn ihr nicht aufhört, mich zu beschimpfen werde ich
euch töten
                 ihr Blutegel in diesem Gedicht. Ich mache
euch kalt und ich meine es ernst
bevor ich euch in den Mülleimer stecke.
Warum nicht
warum nicht in diesem Gedicht?

Durch Worte wird mein Vertrauen repariert
auf weißem Papier –
durch Farben mein Bild auf der Leinwand.

Weißt du noch wie
                     saftig
mein runder schwarzer
          Hintern, wie
                     süß
          das Kraushaar, wie
schön es war, so daß du immer wiederkamst
bis ich geschlaucht war?

Neulich fiel es mir ein, daß du meine braune
Farbe als Ausrede benutzt hast, um mich zu verstecken
vor dir selbst davon hätten wir
sprechen sollen aber

jetzt kommt der Zug Auf nimmer Wiedersehen du
hast von mir noch nichts vernommen die du
als heißes tropisches Flittchen
vom Hören – gekannt hast.

Eine schwarze Malerin bin ich
und liebe die Farben vermische
sie, zerstöre sie, zerreiße
mit meinem Pinsel
die weiße leere Leinwand
und ersteche mit meinem Stift.

Wanjiru Kinyanjui, 1984

Übersetzung: Deborah Fahrend, Lenie Reedijk, Gudrun Schülke
Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Autorin.

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