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Die treibende Kraft dieses Dokumentarfilms ist ein Gefühl der Wut, das weit stärker ist als die Angst, die manchmal damit einhergeht, wenn man sich seiner Vergangenheit stellt. Denn das Scala erinnert mich an den Ort, an dem ich großgeworden bin – mein Elternhaus, um genau zu sein.

Es wäre mir lieber gewesen, nicht an die Vergangenheit erinnert zu werden, sie ganz aus meinem Gedächtnis zu löschen, wie von einer Festplatte. Siam, Lido und Scala sind die Namen dreier Kinos, die Ende der sechziger Jahre in Bangkok gebaut wurden, um mehr Menschen in den Stadtteil Siam Square zu locken, ein weitläufiges kurz zuvor entstandenes Gewerbeviertel.

Das Siam und das Lido wurden so gut angenommen, dass aus einem Bauprojekt, in dem ursprünglich eine Eislaufbahn unterkommen sollte, ein drittes, sehr viel aufwändiger gestaltetes Kino wurde. Man wollte mit dem Scala das schönste Kino Thailands eröffnen.

Der Plan ging auf. Siam Square entwickelte sich zu einem beliebten Einkaufsviertel. Die Grundstückspreise gehörten bald zu den höchsten im ganzen Land. Und irgendwann konnten die Kinos aus ihren Einnahmen nicht mehr die Mieten bestreiten.

Viele Menschen wollten das Scala vor dem Aus bewahren. Die einzige Möglichkeit bestand darin, das Kino zu einem Baudenkmal erklären zu lassen. Aber das sogenannte Fine Arts Department, das für solche Anträge zuständig ist, zeigte keinerlei Interesse an diesem Anliegen

Das Siam und das Lido sind schließlich Bränden zum Opfer gefallen. In ganz Thailand sind nach und nach mehr als 700 unabhängige Kinos verschwunden. Bis auf das Scala. Der Juwel unter den thailändischen Kinos hat alle technischen Neuerungen – VHS, Kabelfernsehen, Streaming – überlebt. Dann kam die Covid-19-Pandemie.

Viele Menschen wollten das Scala vor dem Aus bewahren. Die einzige Möglichkeit bestand darin, das Kino zu einem Baudenkmal erklären zu lassen. Aber das sogenannte Fine Arts Department, das für solche Anträge zuständig ist, zeigte keinerlei Interesse an diesem Anliegen.

Die Sache war hoffnungslos, das Kino stand vor dem Aus. Aber tief in meinem Herzen hegte ich noch immer die Hoffnung, das Scala könnte eines Tages wiedereröffnen – falls denn das Gebäude erhalten blieb.

Nach und nach begannen Erinnerungen in mir aufzusteigen, Bilder von Orten und Menschen aus meiner Vergangenheit

Ich beschloss zu filmen, wie der legendäre Kronleuchter abgebaut wurde, und drehte anschließend weiter. Nach und nach begannen Erinnerungen in mir aufzusteigen, Bilder von Orten und Menschen aus meiner Vergangenheit. Und während die Inneneinrichtung zurückgebaut wurde, kam nach und nach das Skelett des Ortes zum Vorschein. Es war, als würde man etwas Lebendiges zerstören, häuten.

Die Zeiten ändern sich, unablässig. Wenn man sich das bewusst macht, verliert man allmählich die Angst davor. Ich erinnerte mich auch an schöne Dinge, versuchte, die Bilder und Geräusche meiner Kindheit so gut es ging zu bewahren – in der Hoffnung, das Material eines Tages nutzen zu können, um etwas damit zu erreichen, bei der Rettung des Kinos behilflich zu sein. Aber dafür war es bereits zu spät.

Ananta Thitanat

Übersetzung: Gregor Runge

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